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Ein antifaschistisches Graffito an einer Berliner Hauswand. (Symbolbild)
© Kitty Kleist-Heinrich

Berlin-Neukölln: Buchladen schließt nach Attacken von links

Ein Berliner Buchladen schließt nach Angriffen aus dem linkem Spektrum wegen einer Veranstaltung zu faschistischem Autor. Die Bezirksbürgermeisterin findet das "verstörend".

Eigentlich passte das „Topics“ perfekt auf die Weserstraße, die mit ihren hippen Bars, Designboutiquen und eskalierenden Mietpreisen ein Lehrbuchbeispiel der Gentrifizierung ist: Ein Buchladen der etwas anderen Art, in dem die Bücher nicht nach Genres oder Autoren sortiert waren, sondern nach Kategorien wie „S&M“ oder „Guerilla“, eingeordnet in Holzwürfel, sogenannte „cubes“, statt normaler Regale. Über zwei Jahre nach seiner Eröffnung im März 2015 hat das Geschäft am Samstag nun seine Abschiedsveranstaltung gehalten.

Zurück bleiben Fragen und Vorwürfe: Die Betreiber Doron Hamburger und Amir Naaman sahen sich nach einer Veranstaltungsankündigung, einer Diskussion zum faschistischen italienischen Autor Julius Evola, heftigen Vorwürfen ausgesetzt.

Betreiber sieht keinen antisemitischen Hintergrund

Laut dem Online-Restaurantmagazin „Eatler“ brach ein wahrer Shitstorm an Facebook-Kommentaren und direkten Anfeindungen über die israelischen Buchhändler herein. Das Onlinemedium schreibt diese Angriffe dem Antifa-Umfeld und radikalen linken Gruppierungen zu. Die Grüne Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann teilte am Freitag den Artikel mit dem Kommentar „Verstörend“.

Eine ähnliche Resonanz erhielten die Ladenbetreiber auf ihrer Facebookseite. Unter der Ankündigung, das Geschäft zu schließen, kommentierten enttäuschte Kunden, dass sie die Schließung bedauerten.

Die Betreiber selbst waren an diesem Sonntag nicht für eine Stellungnahme zu erreichen. Doron Hamburger antwortete auf eine Tagesspiegel-Anfrage, dass er nach der Schließung erst einmal eine Verschnaufpause bräuchte. Er dementierte Theorien, dass es sich bei den Angriffen nach der Veranstaltungsankündigung, die angesichts der negativen Resonanz zurückgezogen wurde, um antisemitische Attacken gehandelt habe. „Die Gründe für die Schließung sind in allererster Linie finanzielle“, schrieb er in einer ausführlichen Stellungnahme.

Verkaufszahlen gingen massiv zurück

Die Veranstaltung reihte sich in zahlreiche Lesungen, Autorengespräche und Diskussionsabende zu speziellen Themen wie dem „Urban Witch Calendar“, aber auch politisch-historischen Themen wie der Rezeption von „Mein Kampf“, ein. Evola war bekannt als esoterischer Philosoph, der ab den Zwanzigerjahren rassistische, antiliberale und antidemokratische Anschauungen verbreitete und damit zum ideologischen Überbau des europäischen Faschismus beitrug. Facebook-Kommentatoren forderten die Organisatoren nach Ankündigung der Veranstaltung auf, diese sofort abzusagen.

In dem Statement vom Samstag beschrieb Hamburger, wie der ausgiebige Dialog mit mehreren Vertretern der antifaschisten Szene scheiterte und sein Geschäft pauschal als faschistisch diffamiert wurde. Hamburger stellte klar, dass das „Topics“ nie auf Gewinn ausgelegt gewesen sei. Durch die einbrechenden Verkäufe nach der Ankündigung der Evola-Veranstaltung und die zahlreichen Vorwürfe, die man sich durchaus zu Herzen genommen habe, habe man sich aber gezwungen gesehen, das Geschäft zu schließen.

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