Staatsschutz ermittelt wegen versuchten Totschlags: Brandsätze auf „Liebig34“ geworfen – Feuer erst nach zwei Stunden gelöscht
In der Liebigstraße 34 ist am Abend ein Feuer ausgebrochen. Laut Polizei wurden Brandsätze geworfen. Sicherheitsdienstmitarbeiter befanden sich währenddessen im Haus.
Am Mittwochabend ist am ehemals besetzten Haus in der Liebigstraße 34 ein Feuer ausgebrochen. Der Polizeiliche Staatsschutz ermittelt wegen schwerer Brandstiftung, versuchten Totschlags und schweren Landfriedensbruchs, wie die Polizei am Donnerstag mitteilte.
„Es wurden mehrere Brandsätze geworfen und mindestens einer hat sowohl das Gebäude getroffen als auch davor befindlichen Schutt, Sperrmüll und Matratzen“, sagte ein Polizeisprecher dem Tagesspiegel auf Anfrage. Bisher gebe es keine Tatverdächtigen. Die Ermittler suchen nun nach Zeugen. Die Brandsätze seien aus einer Gruppe von zwölf Personen gegen das Haus geworfen worden.
Drei Mitarbeiter eines Sicherheitsdienstes waren im Haus, als die Brandsätze geworfen wurden, hieß es von der Polizei. „Sie wurden glücklicherweise nicht verletzt“, sagte der Sprecher weiter. Die Flammen vor dem Haus hätten meterhoch geschlagen.
Die Feuerwehr war gegen 21 Uhr alarmiert worden. Etwa 30 Kräfte rückten aus, um die Flammen zu löschen. Laut einem Sprecher der Feuerwehr waren etwa 50 Kubikmeter Gerümpel vor dem Gebäude in Brand geraten. Nach rund zwei Stunden war das Feuer gelöscht.
Die Einsatzkräfte begingen noch die verschiedenen Stockwerke im Haus, um hilfebedürftige Personen oder mögliche Brandnester ausfindig zu machen. Außer dem Wachschutz hätten sich nach gegenwärtigem Kenntnisstand keine Menschen im Gebäude befunden.
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Laut Polizei hat es zumindest im Erdgeschoss des Gebäudes ebenfalls gebrannt. Nachbargebäude wurden durch das Feuer nach ersten Erkenntnissen nicht beschädigt. Wie hoch der Schaden am Haus ist, ist bislang unklar.
Bilder von Augenzeugen zeigen, wie der Brand gelöscht wurde. Vor dem Gebäude war offenbar Sperrmüll gelagert worden, der in den vergangenen Tagen aus dem Haus herausgetragen worden war.
Mehrere vermummte Personen seien vor dem Brand am Haus gesehen worden, hieß es aus Ermittlerkreisen. Ein Polizeisprecher bestätigte dies am Donnerstagvormittag. Außerdem sollten sich rund 50 Menschen vor Ort versammelt haben, berichteten Augenzeugen.
Teile der linken Szene machte noch am Abend den Eigentümer selbst, den Immobilien-Entwickler Gijora Padovicz, für den Brand verantwortlich. Es wurde von einer "heißen Sanierung" gesprochen, das brennbare Material sei bewusst vor dem Haus gestapelt worden. Padovicz könne das Ziel haben, das baufällige Haus abzureißen. Ein Bekennerschreiben ist bislang noch nicht aufgetaucht.
Auf Twitter sind allerdings Bilder und Videos eines Accounts zu sehen, die nahelegen, dass es sich um Brandstiftung gehandelt haben könnte: Sie wurden ins Netz gestellt, kurz bevor das Feuer ausbrach, und zeigen das Gerümpel. Auch zeigen sie, dass Schilder und Grablichter vor dem Zaun platziert wurden, der das Gebäude abschirmt.
Ein Anwohner sagte der Deutschen Presse-Agentur, dass es am Abend eine Mahnwache der linksextremistischen Szene mit Kerzen und ewigen Lichtern vor dem ehemals besetzten Haus gegeben habe.
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Um das selbstorganisierte feministische Hausprojekt „Liebig 34“ – einem Symbol der linksradikalen Szene in Berlin – war lange heftig gestritten worden. Am Freitag vor zwei Wochen wurde es unter Protest geräumt. 57 Menschen waren zu diesem Zeitpunkt in dem Gebäude gewesen. In der Spitze waren etwa 2100 Polizistinnen und Polizisten auch aus anderen Bundesländern und von der Bundespolizei im Einsatz.
Bei einer Demo der Szene kam es in Folge der Räumung und der Übergabe an den Eigentümer trotz großen Polizeiaufgebots zu Gewaltausbrüchen. Autos wurden in Brand gesetzt und Fensterscheiben zertrümmert.
Vor zwei Jahren war ein zehnjähriger Gewerbemietvertrag für den Bewohner-Verein der „Liebig 34“ ausgelaufen. In einem langen juristischen Streit bekam der Eigentümer Recht, der dem Verein gekündigt hatte. Dieser hatte nach eigenen Angaben zuletzt keine Miete gezahlt. (mit dpa)