FreizeitparkTropical Islands feiert Jubiläum: Brandenburgs Südseetraum dauert jetzt zehn Jahre
Vor zehn Jahren wurde in der einstigen Luftschiffhalle der Freizeitpark Tropical Islands eröffnet. Anfänglich war das Projekt umstritten, auch die Probleme häuften sich. Doch die Zweifel sind mittlerweile ausgeräumt. Nun soll sogar eine Freiluftlandschaft entstehen
Blitzschnell schließt die Enkeltochter die gerade zurückgezogenen Vorhänge vor dem Hotelzimmer. „Da ist gerade ein Mann vorbeigelaufen“, sagt die Neunjährige aufgeregt. „Der hat neugierig hereingeguckt.“ Das Mädchen rennt ins Nebenzimmer. Doch auch hier macht ihr der Blick nach draußen keine Freude. „Das Fenster lässt sich nur kippen und dahinter ist ja gleich die Außenwand der Halle.“ Tja, die Übernachtung in einer Lodge, wie die Appartements in dem vor zehn Jahren eröffneten Freizeitpark „Tropical Islands“ heißen, fällt aus dem üblichen Rahmen. Denn die Zimmer befinden sich innerhalb der riesigen Halle, in die der ganze Potsdamer Platz samt seiner Hochhäuser passen würde. Die Frage nach dem aktuellen Wetter zum Aufstehen erübrigt sich an diesem Morgen. Die Außenwand der einst für den Bau von überdimensionierten Luftschiffen der 2002 pleitegegangenen Cargolifter AG geplanten Halle ist dicht.
So läuft auch im Hotelzimmer ständig die Klimaanlage und ohne Deckenlampen geht beim eher schummrigen Licht gar nichts. Aber die Enkelin will ja schließlich baden, schwimmen, rutschen und das möglichst ohne Unterbrechung. Was interessiert da schon bei 26 Grad Hallentemperatur das Wetter draußen?
500 Übernachtungsmöglichkeiten
Das müssen sich wohl auch die Nachbarn in diesem im Stil eines alten italienischen oder französischen Stadtteils gebauten dreistöckigen Hotelkomplexes gedacht haben. Denn fast alle Zwei- und Vierbettzimmer sind belegt. In der ganzen Halle gibt es schon mehr als 500 dieser Übernachtungsmöglichkeiten. Rechnet man die Plätze in den Zelten dazu, kommt eine Zahl von 850 zusammen.
„Der Durchschnitts-Übernachtungsgast bleibt drei Tage bei uns“, sagt Geschäftsführer Jan Jansen. „Einen Tag verbringt er bei uns im Dom, einen Tag in der Region und einen Tag entweder in Dresden oder in Berlin.“ Künftig will er die Aufenthaltszeit im Tropical Islands noch erhöhen. „Wir planen eine 1400 Quadratmeter große Wasserlandschaft außerhalb der Halle, die die Besucher über einen Erlebnisgang erreichen.“ Das Wasser werde dort ganzjährig auf 30 Grad Celsius erwärmt und rund um die Becken würden 2500 Liegen aufgestellt. Noch im Februar solle Baubeginn sein, um im September oder Oktober die ersten Gäste begrüßen zu können.
Dieser Außenbereich wäre dann tatsächlich die erste Attraktion, die in den ursprünglichen Umbauplänen der nutzlos gewordenen Halle vor zwölf Jahren noch nicht zu finden war. Sonst hatte der aus Malaysia stammende Multimillionär Colin Au alle Details schon damals zu Papier gebracht: ein großes Schwimmbecken („Südsee“), eine Lagune wie auf Bali mit vielen Wasserspielen, mehrere Restaurants und eben Hotels in beiden Rundungen der Halle. Dazu kam der Plan des „größten überdachten tropischen Regenwaldes“, der kurz nach der Eröffnung im Dezember 2004 allerdings in einem Desaster endete. Das fehlende Sonnenlicht führte zum „Waldsterben in der Tropenhalle“, wie der Tagesspiegel damals schrieb. Erst transparente Folien an den Hallenwänden ließen die neu gepflanzten Palmen endlich gedeihen. Dennoch trat die von Colin Au und dem malaysischen Konzern Tangjong prognostizierte Besucherzahl von jährlich 2,5 Millionen und selbst die später von ihm auf 1,25 Millionen Gäste reduzierte Erwartung nicht ein. Danach hatten die deutschen Berater ihre großen Stunden. Sie setzten den Einbau eines Kinderbereichs, eines umfangreichen Sauna- und Wellnessareals und ein Gastronomieangebot jenseits der einseitigen Festlegung auf die asiatische Küche durch. Dazu kamen später sogar noch Tiere wie Flamingos und Wasserschildkröten sowie ein Campingplatz und im vergangenen Jahr „mobile Ferienhäuser“ dazu. Stabil mit 500 Frauen und Männer blieb stets die Zahl der Beschäftigten, wobei 110 von ihnen sogar seit Dezember 2004 hier in Lohn und Brot stehen.
Mehr als eine Million Besucher pro Jahr
Im zu Ende gehenden Jahr passierten immerhin etwas mehr als eine Million Besucher die Kassen und bezahlten dort den 39 Euro teuren Tageseintritt. 200 000 Menschen nutzten dafür den Zug. Neuerdings trägt der ziemlich abgewirtschaftete Bahnhof im kleinen Dorf Brand den offiziellen Zusatz „Tropical Islands“. Selbst auf der Internetseite der Deutschen Bahn genügt jetzt die Eingabe des Kunstnamens als Ziel oder Startpunkt der Reise. Nun fehlt nur noch der Umbau zum würdigen Eingangstor, der im nächsten Jahr endlich beginnen soll.
Die meisten Besucher aber kommen nach wie vor von weit her, wie schon der Rundgang über den Parkplatz beweist. Berliner und Brandenburger Kennzeichen befinden sich da eher in der Unterzahl. Mindestens 20 Prozent der Gäste stammen aus Polen und auch die Hinweisschilder in der Halle sind neben Deutsch und Englisch auch auf Polnisch gefasst.
Nicht zuletzt diese Besucher ließen Skeptikern, die die Idee eines großen Freizeitparks unter dem Dach für abwegig und verrückt hielten, keine Chance. Die Alternative wäre nur der Abriss der 78 Millionen Euro teuren Halle gewesen.
Claus-Dieter Steyer