Woidke warnt vor schnellen Regelverschärfungen: Brandenburgs Ministerpräsident will über Impfpflicht erst später entscheiden
Kanzler Scholz befürwortet eine Impfpflicht für alle. Brandenburgs Regierungschef Woidke warnt aber vor Eile: „Wir dürfen die Menschen nicht überstrapazieren.“
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) rät dazu, über die umstrittene Frage einer Impfpflicht für alle erst in einigen Wochen zu entscheiden. „Ab Ende Januar oder im Februar werden wir wissen, wo wir stehen - in Brandenburg und bundesweit“, sagte Woidke der Deutschen Presse-Agentur in Potsdam. „Dann wissen wir, ob eine Impfpflicht noch notwendig ist oder - viel besser - viele Menschen erkannt haben, dass sie ganz persönlich und freiwillig durch Impfen einen Beitrag zum Weg aus der Pandemie leisten können. Dieser Weg ist mir der liebste und täte unserem Gemeinwesen gut.“
Der Bundestag hatte am 10. Dezember eine Impfpflicht für Beschäftigte in Kliniken oder Pflegeheimen beschlossen. Um die Impfquote zu erhöhen, ist nun auch eine allgemeine Impfpflicht im Gespräch. Angedacht ist, dass der Bundestag ohne Fraktionszwang darüber abstimmt.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hatte nach den Bund-Länder-Beratungen am Dienstag über eine allgemeine Impfpflicht gesagt: „Ich bin nicht der Meinung, dass wir davon Abstand nehmen sollten.“ Berlins neue Regierende Bürgermeisterin Franziska Giffey (SPD) hatte sie am Tag vor Heiligabend ebenfalls befürwortet und als „logische Schlussfolgerung“ bezeichnet.
Auch Brandenburgs Regierungschef hält Impfen für den Weg aus der Pandemie und zurück in die Normalität. „Deshalb ist es wichtig, dass sich möglichst schnell viele Menschen impfen lassen“, sagte Woidke. „In den letzten Wochen ist die Impfbereitschaft deutlich gestiegen. Wir konnten unser wöchentliches Ziel von 160.000 Impfungen mehrfach deutlich übertreffen.“
In Brandenburg sind nach Angaben des Robert Koch-Instituts mehr als 1,6 Millionen Menschen bis zu zweimal geimpft, mit seiner Impfquote liegt das Land allerdings deutlich unter dem Bundesdurchschnitt.
Woidke warnt vor Instrumentalisierung durch Rechtsextremisten
Die Proteste in Brandenburg gegen Corona-Maßnahmen und gegen eine allgemeine Impfpflicht nehmen zu. Woidke zeigte grundsätzlich Verständnis für Unmut gegen Beschränkungen, nicht aber für eine Radikalisierung. „Das Demonstrationsrecht ist ein hohes Gut in unserer Verfassung. Viele Menschen haben große Sorgen und Zukunftsängste im Zusammenhang mit der Pandemie“, sagte der SPD-Politiker. „Das ist nachvollziehbar und verständlich. Allerdings versucht eine radikale rechtsextremistische Minderheit, die Proteste zu instrumentalisieren und politisch zu missbrauchen.“
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Die Demonstrationen verliefen laut Polizei bisher überwiegend friedlich. Vielfach wird allerdings gegen die Maskenpflicht verstoßen. Mitunter sind auch Teilnehmer dabei, die dem rechtsextremistischen Umfeld zugerechnet werden.
Woidke: „Neue Maßnahmen jede Woche würden zu Unverständnis führen“
Der Regierungschef warnte davor, zu schnell über neue Corona-Regeln zu diskutieren. „Wir dürfen die Menschen nicht überstrapazieren“, sagte Woidke. „Sie müssen mitgenommen werden und die Maßnahmen verstehen. Jede Woche ein neues Maßnahmenpaket würde nur zu Unverständnis führen. Akzeptanz ist die Grundvoraussetzung für den gemeinsamen Erfolg.“ Die Regelungen in Brandenburg sind aus seiner Sicht derzeit ausreichend.
An diesem Montag, 27. Dezember treten schärfere Corona-Regeln in Brandenburg in Kraft. Sie beinhalten eine Obergrenze für private Treffen für Geimpfte und Genesene von bis zu zehn Menschen - so wie von Bund und Ländern vereinbart.
„Ich bin fest davon überzeugt, dass wir es schaffen können, diese Omikron-Variante nicht zum Worst-Case-Szenario werden zu lassen mit zehn Millionen Infizierten schon in der zweiten Januar-Woche, sondern die Kurve deutlich senken können - aber nur mit den geeigneten Maßnahmen und mit Verständnis in der Bevölkerung“, sagte Woidke. Am 7. Januar will sich Kanzler Scholz erneut mit den Länderchefs treffen, um über die Pandemiebekämpfung zu beraten. (dpa)