Brennpunktprogramm des Senats: Bonus-Gelder für berufliche und freie Schulen
Freie Schulen und Berufsschulen sollen 1,6 Millionen Euro aus dem Bonusprogramm erhalten. Im Haushaltsentwurf findet sich dazu nichts, aber die Fraktionschefs von SPD und CDU wollen nachbessern.
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Gute Aussichten für die beruflichen und freien Schulen im sozialen Brennpunkt: Von 2016 an sollen sie in das Berliner Bonusprogramm aufgenommen werden und rund 1,6 Millionen Euro zusätzlich erhalten. Nach Informationen des Tagesspiegels gibt es eine entsprechende Einigung zwischen den Fraktionschefs von SPD und CDU, Raed Saleh und Florian Graf. Sie wollen diese Festlegung bei den abschließenden Haushaltsverhandlungen im November durchsetzen. Es geht um knapp 30 Schulen, darunter acht allgemeinbildende und neun berufliche Schulen in freier Trägerschaft sowie zwölf öffentliche Berufsschulen.
Angekündigt war dieses Vorhaben zwar schon länger. Die betreffenden Schulen wurden aber unruhig, als sich dazu nichts im Entwurf für den Doppelhaushalt 2016/17 fand. Verunsichernd wirkte auch die wiederholte Botschaft der Bildungsverwaltung und der SPD-Linken, dass die freien Schulen überhaupt keinen Anspruch auf die zusätzliche Forderung hätten. Letztlich konnte sich Saleh aber gegen jene Kräfte in seiner Fraktion durchsetzen, die die freien Schulen knapp halten wollen.
Debatte um die Förderungswürdigkeit
Saleh hatte immer wieder betont, er sei „kompromisslos“ in Bezug auf die Ausweitung des Brennpunktprogramms: Wenn eine Schule eine schwierige soziale Mischung habe, sei es völlig unerheblich, ob sie einen freien oder staatlichen Träger habe, ob sie berufsbildend oder allgemeinbildend sei, findet Saleh, der das Programm 2014 initiiert hatte. In dieser Frage wusste er auch seinen Koalitionspartner CDU hinter sich sowie die Opposition: Stefanie Remlinger von den Grünen hatte als Erste gefordert, freie und berufsbildende Schulen in das Programm aufzunehmen, Piraten und Linkspartei folgten.
Anlass für die Debatte um die Förderungswürdigkeit der freien Schulen war die Klage des evangelischen Schulträgers Christburg Campus, der sich in sozial schwierigen Umfeldern engagiert: Er zog vor einem halben Jahr vor das Verwaltungsgericht, weil zwei seiner Schulen die Bedingungen des Brennpunktprogramm erfüllten und dennoch keine Geld bekamen.
Freie Schulen auf Abgeordnetenhaus angewiesen
In der vergangenen Woche aber urteilten die Richter, dass freie Schulen keinen gesetzlichen Anspruch auf das Geld haben. Eine Berufung wurde nicht zugelassen. Die freien Schulen sind also auf das Abgeordnetenhaus angewiesen, wenn sie am Brennpunktprogramm teilnehmen wollen.
Der Christburg Campus hatte für seine Immanuel-Grundschule in Spandau sowie für die Sabine-Ball-Grundschule in Hellersdorf geklagt und wollte rückwirkend 250000 Euro für die Jahre 2014 und 2015 erstreiten. Die Sabine-Ball-Schule gehört zum Netzwerk des Hilfsprojekts „Arche“ und betreut rund 60 Prozent Schüler aus bedürftigen Familien. Ab einer Quote von 50 Prozent steht öffentlichen Schulen die Zusatzförderung von 50000 bis 100000 Euro im Jahr zu.
Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung
„Wir sind entsetzt, dass die Schulsenatorin bedürftige Kinder diskriminieren darf, weil sie auf keine staatliche Schule gehen. Das hat mit Bildungsgerechtigkeit und Chancengleichheit nichts zu tun“, kommentierte der Geschäftsführer des Christburg Campus, Wolfgang Stock, das Urteil. Er will „genau prüfen“, ob der Gang zum Oberverwaltungsgericht möglich ist, um die Teilhabe der Kinder am Brennpunktprogramm durchzusetzen: Christburg Campus erwägt eine Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung – selbst dann, wenn die Schulen ab 2016 in das Programm aufgenommen werden.
Denn für Stock sind „grundsätzliche Fragen berührt“. Vor allem die Frage, ob freie Schulen generell keinen Anspruch auf die Teilnahme an Förderprogrammen haben und daher jedes Mal vom guten Willen der Abgeordneten abhängig sind.
Das Bonusprogramm
In Berlin stammt jedes dritte Schulkind aus einer Familie, die von Sozialtransfers lebt. Diese Kinder müssen ihre Schulbücher nicht selbst bezahlen - sie sind „lmb“, was im Verwaltungsdeutsch bedeutet: lernmittelbefreit. Je nach Schule und Region schwankt diese lmb-Quote zwischen Null und rund 90 Prozent.
Damit Schulen mit einer hohen lmb-Quote ihre sozial benachteiligten Kinder besser fördern können, hat SPD-Fraktionsschef Raed Saleh im Jahr 2014 das sogenannte Bonusprogramm durchgesetzt. Seither erhalten Schulen mit mehr als 75 Prozent bedürftigen Kindern mindestens 75000 Euro zusätzlich.
Wenn sie mit externen Partnern kooperieren und erfolgreich sind, können sie sogar 100000 Euro beanspruchen. Schulen mit mehr als 50 Prozent Kindern aus „Transferfamilien“ erhalten bis zu 62500 Euro. Die Schulen können das Geld beispielsweise nutzen, um mit zusätzlichem Personal die Sprachförderung, Theaterarbeit oder die Schulbibliothek auszubauen.