Teilnehmer ärgerten sich über die Polizei: Bis zu 20.000 fordern mit Fahrrad-Sternfahrt in Berlin Verkehrswende
Zwischen 10.000 und 20.000 Menschen beteiligten sich am Sonntag an der ADFC-Sternfahrt. Das Motto: „Verkehrswende jetzt“. Autofahrer standen länger im Stau.
Mit einer Sternfahrt durch weite Teile Berlins haben am Sonntag Tausende Menschen mit ihren Fahrrädern für eine Verkehrswende demonstriert. Die traditionelle Demo - es war die 45. Auflage seit 1977 - hatte in diesem Jahr 16 "Sterne", wegen der Corona-Beschränkungen gab es nur einen Start in Brandenburg.
Die erste Polizeieinschätzung zur Zahl der Teilnehmer lautete "unterer fünfstelliger Bereich", ADFC-Sprecherin Lisa Feitsch sprach am Nachmittag von 20.000 Teilnehmern. In den vergangenen Jahren waren es bis zu 30.000 Radfahrer.
Die vom Fahrradclub ADFC organisierte Demonstration stand unter dem Motto: „Die Zukunft beginnt heute - Verkehrswende jetzt“, der Verband hatte selbst wegen der Pandemie nur 15.000 Teilnehmer erwartet. Auf Videos und Bildern war zu sehen, dass sich die Protestierenden weitgehend an die vorgeschriebene Maskenpflicht hielten.
Wie in jedem Jahr sammelten sich die 16 "Strahlen" des Sterns vor zwei Autobahnabschnitten, vor allem für Kinder immer wieder der Höhepunkt der Tour. Allerdings hatte sich in diesem Jahr die Berliner Polizei als Spaßbremse betätigt und die Fahrt durch den Britzer Tunnel an der Stadtautobahn A100 verboten. Gerade Kinder fuhren immer gerne durch den kurvigen Tunnel, weil die Klingeln so schön hallten.
Das Verbot hatte das Präsidium mit "Gefahrenabwehr" begründet, wie ein Polizeisprecher am Freitag gesagt hatte. Im Fall einer Panik stünden nicht ausreichend Fluchtwege zur Verfügung, sodass „eine Vielzahl an Verletzten“ zu befürchten sei. Umweltverbände kündigten an, dieses Verbot noch gerichtlich überprüfen zu lassen.
Bei vielen Teilnehmern stieß es auf Unverständnis, schon wegen der viel höheren Brandgefahr beim Autoverkehr in einem Tunnel. Die Sternfahrt umkurvte den Tunnel deshalb am Sonntag südlich und steuerte erst an der Gradestraße auf die A100 bis zum Innsbrucker Platz. Die andere Hälfte der Strahlen der Sternfahrt benutzte wie in jedem Jahr die Avus, letztlich trafen sich alle am Brandenburger Tor. Dort gab es eine kleine Kundgebung, das übliche Umweltfest fiel aus.
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Wegen vieler Straßensperren mussten Autofahrer Staus und Umleitungen in Kauf nehmen. Unfälle gab es nach ersten Angaben der Polizei nicht. Die Polizei hat nach Angaben des ADFC die einzige kleine Panne verursacht: Der Treffpunkt Prenzlauer Allee musste ausgelassen werden, weil sich das Polizeiauto an der Spitze verfahren hatte. Das habe es in den vergangenen Jahrzehnten noch nie gegeben, dass ein Treffpunkt vergessen wurde.
Anlässe für die Sternfahrt am ersten Wochenende im Juni sind der Weltfahrradtag am 3. Juni sowie der Welttag der Umwelt am 5. Juni, wie der ADFC mitteilte. In Berlin gebe es „deutlichen Verbesserungsbedarf fürs Rad“.
Der Verband forderte eine konsequente Umsetzung des Mobilitätsgesetzes, das Fahrrädern und öffentlichen Verkehrsmitteln in der Verkehrsplanung Vorrang gibt vor dem Autoverkehr. Autoparkplätze sollten umgewidmet werden, um Platz zu schaffen für sicheres Radfahren. Der laute und oft viel zu schnelle Durchgangsverkehr müsse „aus den Kiezen raus“.
Über die Zahl der Teilnehmer gibt es jedes Jahr unterschiedliche Angaben. Die Polizei schätzte in der Vergangenheit meist zwischen 20.000 und 30.000 Fahrradfahrer. Auch der Tagesspiegel zählte vor einigen Jahren 30.000 Menschen. Der ADFC hatte früher gerne auch 100.000 oder sogar 250.000 Teilnehmer genannt. (mit dpa)