Rechtsstreit nach Modernisierung: BGH entscheidet über Mieterhöhung für Hartz-IV-Empfänger
Seit 1962 wohnt ein Mann in seiner Wohnung. Nach einer Modernisierung soll die Miete drastisch erhöht werden. Der Mann, der Hartz-IV-Leistungen bezieht, klagt.
In Karlsruhe wird am heutigen Mittwoch ein Berliner Fall vor dem Bundesgerichtshof (BGH) verhandelt: Ein Hartz-IV-Empfänger sollte nach einer umfassenden Sanierung des Wohnhauses 240 Euro mehr Miete zahlen als zuvor. Dagegen zog er vor Gericht.
Im Verfahren vor dem Landgericht war ihm beschieden worden, dass eine Mieterhöhung in dieser Größenordnung eine finanzielle Größenordnung bedeute, die nicht zu rechtfertigen sei. Zahlen müsse er lediglich einen Betrag von 4,16 Euro. Gegen diese Entscheidung legte wiederum die Vermieterin Revision beim BGH ein, der das Urteil jetzt höchstrichterlich überprüft. Ob es noch an diesem Tag ein Urteil gibt, ist unklar.
Darum geht es in dem konkreten Fall: Der Mann lebte seit seinem fünften Lebensjahr in der Wohnung; die Eltern hatten den Mietvertrag 1962 geschlossen. Seit Juni 2016 zahlte er knapp 575 Euro Miete für die 86 Quadratmeter große Wohnung plus 90 Euro für Heizkosten.
Vom Jobcenter erhielt er einen Wohnkostenzuschuss in Höhe von 463,10 Euro. Die Vermieterin hatte mehrere Sanierungsarbeiten an dem 1929 gebauten Gebäude vorgenommen: Die oberste Geschossdecke und die Außenfassaden wurden gedämmt, ein bislang stillgelegter Aufzug wieder in Betrieb genommen, die Außenbalkone wurden vergrößert. Sie erhöhte anschließend die Mieten.
Vor dem Amtsgericht war die Klage des Mannes nur in einem Punkt erfolgreich: In der ersten Entscheidung wurden lediglich die auf die Inbetriebnahme des Aufzugs entfallenen Kosten für unrechtmäßig erklärt.
Das Landgericht hielt nur eine Erhöhung von 4,16 Euro für rechtens
In der zweiten Instanz vor dem Landgericht wurde die Mieterhöhung fast komplett für nicht rechtes erklärt. Er müsse lediglich für die Kosten, die auf die Dämmung der Geschossdecke entfallen, zahlen - diese machte einen Betrag von 4,16 Euro aus. Die Erhöhungen für Balkonabbauten und Fassadendämmung müsse er nicht zahlen, "weil sie für den Kläger jeweils eine finanzielle Härte bedeuteten", hieß es in dem Landgerichtsurteil.
Angesichts der beengten wirtschaftlichen Verhältnisse des Klägers würden diese Mieterhöhungen "mit hoher Wahrscheinlichkeit dazu führen, dass er die Wohnung aufgeben müsse". Für die Richter spielte es auch keine Rolle, ob die Wohnung mit knapp 86 Quadratmeter für eine Person unangemessen groß ist. Sinn und Zweck des Härteeinwands sei gerade, dass sich auch Mieter mit wenig Geld ihre Wohnung nach einer Modernisierung noch leisten könnten. Da er bereits als Kind mit seinen Eltern in die Wohnung gezogen war, könne ihm auch nicht der Vorwurf gemacht werden, er habe von Anfang an über seine Verhältnisse gelebt.
Der Deutsche Mieterbund hofft, dass mit dem Karlsruher Urteil deutlicher wird, in welchen Fällen Mieter eine finanzielle Härte geltend machen können. Klärungsbedarf sieht Geschäftsführer Ulrich Ropertz vor allem bei der Wohnungsgröße. Gerade Großvermieter argumentierten oft nach dem Motto: „Zieh doch in eine kleinere Wohnung - dann ist sie für Dich auch wieder bezahlbar.“
Nach seiner Beobachtung modernisieren zwar die wenigsten Vermieter, um Mieter loszuwerden. Trotzdem laufe es im Ergebnis oft darauf hinaus. Auch nach der Reform seien Mietsteigerungen von 20 bis 40 Prozent möglich. „Das ist für die betroffenen Haushalte ein ziemlicher Hammer.“ (mit dpa)