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Schichtende. Die Kneipe am S-Bahnhof Siemensstadt.
© Deutsche Bahn-Museum
Update

Kopfkino mit Berlins Siemensbahn: Was für ein faszinierender S-Bahnhof!

Kennen Sie die alte Pinte? Ist längst geschlossen, aber voller Geschichte. Und ein Teil landete jetzt sogar im Museum.

Diese Berliner Bahnhofskneipe ist das reinste Museum. Alte Bahnwerbung hängt hier in der Ruine, die Mode der Models: fesche 80er Jahren.

Hinter der Kneipentür hängt ein „Falco“-Konzertplakat: „27. Oktober 1986“, steht darauf. „Live in der Eissporthalle“. Falco starb 1998 und die Eissporthalle an der Jafféstraße wurde im Frühjahr 2001 abgerissen.

Oder, da drüben: Eine Plakat fürs Länderspiel gegen Frankreich im Olympiastadion. Natürlich mit dem kleinen Pierre Littbarski, diesem genialen Fußballer vom VfL Schöneberg, der über Hertha 03 Zehlendorf zum 1. FC Köln kam und später Weltmeister werden sollte... wie gesagt: Erinnerungen, wohin man auch schaut in dieser denkmalschützten Ruine, Kopfkino ohne Ende.

In jener Kneipe im einstigen S-Bahnhof Siemensstadt, deren Räume längst verlassen sind, kippten einst die Mitarbeiter von Siemens ihre Schultheiss-Kugel nach Feierabend. Seit 1980 liegt die S-Bahnstrecke nun brach und soll ab 2025 wieder aufgebaut werden.

Am Charlottenburger Bahnhof Jungfernheide wird dafür ein neuer, dritter Bahnsteig gebaut. Eine neue Brücke führt hinterm Schlosspark über die Spree, dann geht es durch Charlottenburg-Nord nach Spandau. Fertigstellung: 2029, 100 Jahre nach Inbetriebnahme.

Und warum? Weil Siemens mehr als 600 Millionen Euro in seinen Campus investiert mit Startups, Wohnungen, Hochhaus, Cafés und internationaler Schule.

Das Falco-Plakat entdeckte ich hinter der Kneipentür. Na, wer kennt noch die Eissporthalle?
Das Falco-Plakat entdeckte ich hinter der Kneipentür. Na, wer kennt noch die Eissporthalle?
© André Görke

Gegenüber der alten Kneipe vom S-Bahnhof will Siemens loslegen. Dort verschwinden die Parkplätze, dort ist der zentrale, neue Platz zum Campus geplant. Nebenan entsteht eine Europa-Schule, Büros, auch ein Hotel. Dahinter ist eine Promenade und ein Hochhaus geplant - hier die letzten Pläne und eine Simulation im Spandau-Newsletter.

Und was für ein Zufall: Kurz nach Veröffentlichung dieses Textes zeigte Siemens auch den Entwurf das erste 60-Meter-Haus, das dort neben dem S-Bahnhof entstehen soll - hier zeige ich Ihnen die Simulationen. Den Wettbewerb hat das Berliner Büro Robertneun gewonnen.

Und mit der neuen S-Bahnlinie S6 wird der Anschluss an den Hauptbahnhof finden. Alle zehn Minuten soll die S-Bahn über den Ring nach Siemensstadt rollen (und in Spandau hoffen und fordern sie, dass der Senat die Strecke in die Wasserstadt verlängert, wo tausende Wohnungen gebaut werden).

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Die alte Bahnhofskneipe ist denkmalgeschützt wie die gesamte Bahnstrecke. Ein Fall fürs Museum ist sie sowieso längst und ohne Witz: Seit 2020 hängt der Name nämlich im großen Bahnmuseum in Nürnberg.

„Bahnhofs Stübl“. Oder korrekter: „ahnhofs Stübl“. Das B ist irgendwann heruntergefallen und im Müll gelandet.

Über viele Umwege wurde der neue Chef des fast 100 Jahre alten Nürnberger Museums, das mittlerweile DB-Museum heißt, auf das Relikt aufmerksam gemacht. Das fehlende „B“ wollte Oliver Götze nicht ersetzen, denn das zeige die Zeitläufe am besten. Oliver Götze kennt sich in Berlin aus, schließlich ist er gebürtiger Berliner und war bis 2017 stellvertretender Direktor des Museums für Kommunikation in der Leipziger Straße.

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Kürzlich zeigte er dem Berliner Bahnchef Alexander Kaczmarek das Museum, und natürlich hatte die Berliner Bahn das Stübl-Schild herausgerückt. Es ist nun Teil der neuen Dauerausstellung ‚Bahnhofszeiten‘. „Kleine Kioske und Bierstuben prägen bis in die 1990er Jahre das Bild vieler Bahnhöfe“ heißt es auf dem Erklärtäfelchen zum Exponat.

["Bis zu 8 Etagen": So steht es um die neuen Parkhäuser am Siemens-Campus - lesen Sie mehr zuerst im Spandau-Newsletter]

Ob es an der Station Siemensstadt wieder eine Bahnhofskneipe (oder andere Gastro) geben wird, steht noch nicht fest.

Das alte Kneipenschild entdeckte jetzt Tagesspiegel-Verkehrskenner Jörn Hasselmann im Nürnberger Verkehrsmuseum.
Das alte Kneipenschild entdeckte jetzt Tagesspiegel-Verkehrskenner Jörn Hasselmann im Nürnberger Verkehrsmuseum.
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