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Jenny Schon auf ihrem Balkon mit Blick auf das Grün, für das sie kämpft
© Thilo Rückeis
Update

Cornelsenwiese in Schmargendorf: Unser Dorf soll grüner bleiben

Auf der Cornelsenwiese in Schmargendorf sollen Wohnungen gebaut werden. Die Anwohner wehren sich, denn es ist das letzte Stück freies Grün in der Gegend.

Die Birke gibt’s gleich im Doppelpack, zwei Stämme haben sich aus den Wurzeln gebildet, sie zeigen nach oben wie gespreizte Finger. Gleich daneben steht der knorrige Apfelbaum, mit Zweigen so breit, dass sie wie ein riesiges Vordach wirken. Zehn Meter dann liegen die Findlinge, schwere Gesteinsbrocken in der Wiese, wahllos verteilt, als wären sie wie Metereoriten vom Himmel gefallen. Und dazwischen, mit wallendem Rock und zornigen Blick, Jenny Schon.

Rund 70 Meter lang ist die Wiese am Franz-Cornelsen-Weg, wie ein grüner Teppich liegt sie zwischen Dillenburger und Wiesbadener Straße in Schmargendorf. Jenny Schon wohnt gleich neben der Wiese, von ihrem Balkon aus kann sie die japanischen Kirschbäume sehen, die den Cornelsenweg flankieren. Und natürlich kann sie auch die Bank sehen, die zwischen zwei Kirschbäumen steht.

Alles hat hier eine symbolische Bedeutung. Die Bank steht für das Gefühl dörflicher Idylle, für den Treffpunkt der Nachbarschaft, wo geredet und gelacht wird. Der Apfelbaum steht für Naturverbundenheit. „Zur Erntezeit wurde hier kräftig gepflückt“, sagt Jenny Schon. Und der Plan, den die Schriftstellerin in der Hand hält, steht für die Zerstörung dieses Idylls.

Das letzte Stück Natur

Auf dem Plan sind die Häuser eingezeichnet, die auf der Wiese entstehen sollen. Auf dem gesamten Areal, zudem auch noch benachbarte Parkplätze gehören, geht es um 72 Wohnungen. Jenny Schon selber ist deshalb auch ein Symbol. Sie steht für den Widerstand gegen dieses Projekt der Unternehmensgruppe Becker & Kries. Jenny Schon ist so etwas wie die Sprecherin der „Bürgerinitiative zur Rettung der Cornelsenwiese. „Das ist das letzte Stück freie Natur weit und breit“, sagt sie.

Die Cornelsenwiese in Berlin-Schmargendorf.
Ein Blick auf die Cornelsenwiese und die Bestandsgebäude.
© Cay Dobberke

Fast 2000 Stimmen hat die Initiative bisher gesammelt. Die Zahl ist wichtig, denn 1000 Stimmen benötigt man, um einen Einwohnerantrag bei der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) stellen zu können. Jetzt muss sich diese mit dem Thema Cornelsenwiese befassen.

Die Anwohner haben ein Ziel, aber verschiedene Gründe dafür. Erstens wollen sie das letzte Stückchen freie Natur retten, das es in der Gegend gibt. Und dann wollen Anwohner wie Jenny Schon auch noch verhindern, dass ihre Wohnungen verschattet werden. Und dabei dient ihnen ein Schreiben des Berliner Abgeordnetenhauses aus dem Jahr 1965 als Argument. Dort wird der Grundstückseigentümer ausdrücklich verpflichtet, die fragliche Fläche, also die Cornelsenwiese von einer Bebauung freizuhalten. Becker & Kries hat bei der BVV den Antrag gestellt, diesen Plan durch einen zu ersetzen, der eine Bebauung zulässt. Das ärgert Jenny Schon erheblich. „Es gibt ja das Programm Nachverdichtung. Aber die Cornelsenwiese ist weder eine Brache noch eine Baulücke.“

Nur wenige hundert Meter entfernt gibt es andere umstrittene Bauprojekte: Große Teile der Kolonie Oeynhausen - eine der ältesten Kleingartenanlagen der Stadt - sollen für neue Wohnungen abgerissen werden. Und die seit 2012 leer stehende Reemtsma-Fabrik möchte ein anderer Investor für Gewerbe und Wohnungen nutzen; letzteres lehnt der Bezirk jedoch ab, da es sich um ein Industriegebiet handele.

Auch Tiefgaragen sollen gebaut werden

Im Frühjahr war der Bauantrag für die Wiese eingegangen, am 6. Mai wurden die Anwohner informiert, dann begann die Gegenwehr. 250 Einwände gab es gegen den Bauplan. Der sieht auch noch vor, dass auf zwei Parkplätzen Häuser mit Tiefgaragen gebaut werden. Dafür, sagt Jenny Schon, müssten noch mal rund 20 Bäume gefällt werden.

Baustadtrat Marc Schulte (SPD) weist darauf hin, dass die Wiese Becker & Kries gehöre. Außerdem brauche Berlin mehr Wohnraum. Lieber wäre dem Bezirk eine Bebauung des nahen Parkplatzes einer „Reichelt“-Filiale gewesen. Diese Idee habe die Supermarktkette jedoch abgelehnt, obwohl der Bezirk ersatzweise Parkplätze auf dem Dach des Markts erlaubt hätte.

(Update 11. 12.): In der BVV-Sitzung am Donnerstag kamen Jenny Schon und ein Nachbar zu Wort, danach wurde der Einwohnerantrag für Beratungen in die Ausschüsse überwiesen. Bereits beschlossen ist, dass es eine Anwohnerversammlung geben soll; der Termin steht noch nicht fest.

Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.

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