Deutschlands erstes Kombi-Kraftwerk steht in Spandau: Strom aus Sonne und Wind
Berliner Stadtwerke und Gewobag starteten Pilotprojekt im Rahmen der Berliner Energiewende und senken die Betriebskosten für die Mieter.
Auf dem Dach des zwölfgeschossigen Wohnhauses Blasewitzer Ring 32 in Spandau ist am Donnerstag Deutschlands erstes Öko-Kraftwerk in Betrieb gegangen, das Strom gebündelt aus Wind- und Sonnenenergie erzeugt. Die Anlage des Schweizer Herstellers Anderdgy wird von den Berliner Stadtwerken für die Wohnungsbaugesellschaft Gewobag betrieben. Sie soll jährlich rund 95 000 Kilowattstunden erzeugen und so den gesamten Wohnblock mit nachhaltigem Betriebsstrom für Beleuchtung, Aufzüge, Lüftung und Klingelanlagen.
Für die Mieter bedeutet das niedrigere und stabilere Betriebskosten, so Andreas Irmer, Geschäftsführer der Berliner Stadtwerke. Bei einer herkömmlichen Erzeugung des Stroms wären zudem jährlich rund 45 Tonnen CO2 produziert worden. „Wir suchen nach neuen Technologien und Verfahren, um die Energiepotentiale der Stadt besser nutzen zu können“, sagte Irmer. So kam man auf die Innovation aus der Schweiz. Die Windrail-Technologie besteht aus Kanälen, in denen die Geschwindigkeit des natürlichen Windes durch die Druckunterschiede am Gebäude erhöht wird. Der Wind treibt dann die praktisch geräuschlosen Propeller von kleinen Turbinen an. Zusätzlich sind die Kanäle mit Solarpaneelen verkleidet, deren Wirkungsgrad durch die Windkühlung erhöht wird.
„Wir beteiligen unsere Mieter an der Energiewende“, so Jens Goldmund, Geschäftsführer der Gewobag Energie- und Dienstleistungsgesellschaft. So bietet man gemeinsam mit den Stadtwerken, die dazu Solarpaneele auf weiteren Gebäuden installiert haben, für die Wohnungen als Alternative bereits den rein ökologisch erzeugten Quartier-Strom. Auch damit will man das Berliner Ziel einer bis 2050 klimaneutralen Hauptstadt erreichen.
Die Windrail-Anlage soll jetzt erst einmal im Betrieb getestet werden. Schon jetzt seien alle Beteiligten von der Technologie überzeugt, betonte Goldmund. Anders als klassische Windräder, für die in Stadtgebieten kaum Platz vorhanden ist, ist das Kombisystem gerade für den Einsatz in eng bebauten Bereichen geeignet. Einzige Bedingung ist eine Gebäudehöhe von mindestens sieben bis acht Stockwerken, damit an der Dachkante eine ausreichende Windgeschwindigkeit erreicht wird, erläuterte Andreas Irmer. So sind bereits weitere der Anlagen, die Anerdgy-Chef Sven Köhler als „smarte Dachkante“ bezeichnet, in anderen Gewobag-Siedlungen geplant. Später soll die neue Technologie auch gegenüber anderen Wohnungsbaugesellschaften vermarktet werden. So planen die Schweizer für das kommende Jahr bereits die Gründung einer deutschen Gesellschaft in Berlin. Zu den Kosten wollten sich die Beteiligten am Donnerstag nicht äußern, da es sich um ein Pilotprojekt handelt. Eine reine Photovoltaikanlage amortisiert sich in zehn bis 15 Jahren, so Irmer. Für die Windrails gibt es noch keine endgültige Kalkulation.