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Zum Abwarten verdammt. Viele Flüchtlinge wissen nicht, wie es weitergehen soll.
© dpa

Flüchtlingscamp am Oranienplatz: Stillstand nach der Einigung in Kreuzberg

Die Flüchtlinge vom Berliner Oranienplatz sollen umziehen. Aber eine neue Bleibe hat bisher niemand angeboten. Und jetzt kündigt auch noch die NPD eine Demonstration an.

Die Umsetzung der Vereinbarung zwischen Senat und Flüchtlingen kommt nicht so richtig in Gang. Auf die Frage, wo die Flüchtlinge untergebracht würden, wenn sie Oranienplatz und Gerhart-Hauptmann-Schule verlassen, konnte auch am Donnerstag keine Behörde eine Antwort geben. „Sie werden im Zuge der Einzelfallprüfung in normalen Einrichtungen untergebracht“, heißt es in der Sozialverwaltung. „Die Unterkünfte sind eine Herausforderung, aber leistbar“, heißt es aus der Integrationsverwaltung. „Wir lassen unterstützend den Blick schweifen“, sagte ein Sprecher des Landesamtes für Gesundheit und Soziales.

Zuständigkeiten werden hin- und hergeschoben

Solange sie aber nicht wissen, wo sie hinkönnen, werden die Bewohner der Gerhart-Hauptmann-Schule diese und den Oranienplatz wohl kaum verlassen. Auf Basis einer Liste, die die Flüchtlinge der Integrationssenatorin überreicht hatten, geht es bei der Vereinbarung um 467 Personen. Sie verteilen sich auf das Caritas-Heim in der Residenzstraße, in dem sie noch bis Ende Mai bleiben können, das Heim in Marienfelde, die Schule und den Oranienplatz. Wer diese Personen sind und in welchem Aufenthaltsstatus sie sich befinden, weiß laut der Integrationsbeauftragten Monika Lüke niemand so genau, da die Liste beim Notar liege und in den Behörden niemand sie habe. Auch Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann (Grüne) sagt, sie kenne die Liste nicht. Sie gehe davon aus, dass Lüke jetzt den Umzug der Flüchtlinge organisiere. Lüke sieht sich als unzuständig an.

Das Verhandlungsergebnis, das Integrationssenatorin Dilek Kolat (SPD) mit den Flüchtlingen ausgehandelt hatte, schätzt der Senat „positiv“ ein. Das sagte Staatssekretärin Barbara Loth am Donnerstag im Parlament. Das „Angebot“ umfasst zwei Punkte: Die Flüchtlinge sollen freiwillig Zelte und Hütten auf dem Oranienplatz sowie die Schule räumen. Dann prüft die Ausländerbehörde die Anträge im Einzelverfahren. Für die Zeit der Prüfung bleibt die Abschiebung ausgesetzt. Die Flüchtlinge erhalten begleitend Unterstützung und Beratung.

Die NPD macht Stimmung gegen die Flüchtlinge

Es gebe eine „kleine Gruppe, die keine Lösung wollte“, sagte Kolat. Dabei soll es sich unter anderem um 27 Lampedusa-Flüchtlinge handeln, deren Anträge auf Aufenthalt in einem anderen Bundesland bereits abgelehnt wurden. Und es gibt Flüchtlinge, die sich von der Vereinbarung nicht angesprochen fühlen und nicht räumen wollen. Etwa 80 Prozent der Flüchtlinge sollen laut Kolat die Vereinbarung mittragen. „Kolat wird weiter im Gespräch mit denen bleiben, die sich nicht vertreten fühlen“, betonte Staatssekretärin Loth. Eine Frist zur freiwilligen Räumung hat der Senat nicht gesetzt. Erst müssen Unterkünfte gefunden werden.

In dem Heim in Marienfelde, wo 40 Flüchtlinge leben, soll laut Sozialverwaltung die Zahl der Plätze auf 120 aufgestockt werden. Die Caritas hat außerdem den Aufenthalt der 80 Flüchtlinge in der Residenzstraße bis Ende Mai verlängert. Caritas-Sprecher Thomas Gleißner lobte das Senatsangebot als „konstruktiven Versuch, nach vorne zu gehen“.

Den Streit um das Camp am Oranienplatz versucht auch die rechtsextreme NPD auszunutzen: Einen Monat vor der Europawahl hat die Partei für den 26. April eine Demonstration in Kreuzberg zwischen 12 und 24 Uhr angemeldet. Die Route liege noch nicht vor, sagte eine Polizeisprecherin; sie solle aber zum Oranienplatz führen.

Dilek Kolat besuchte am Donnerstag die Integrationsministerkonferenz in Magdeburg. Diese Konferenz beschloss, Deutschland müsse zu einer „Willkommensgesellschaft“ werden.

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