Defizite bei Möbeln und Sportartikeln: Spandauer kaufen lieber in Spandau
Als einer der letzten Bezirke hat jetzt auch Spandau ein Einzelhandelskonzept vorgestellt. Danach gibt es das größte Wachstumspotential im Bereich der Altstadt.
Das Nachfragepotential der Spandauer wird bis 2020 um rund 32 Millionen auf etwa 1,08 Milliarden Euro steigen. Diese Rechnung bezieht sich nur auf die wachsende Zahl der Einwohner des Bezirks und nicht auf auswärtige Kunden. Sie ist eine der Kernaussagen des aktualisierten Einzelhandelskonzeptes, dass am Montagabend im Karstadt-Kaufhaus in der Altstadt vorgestellt wurde.
Interesse hielt sich in Grenzen
Das Interesse der Spandauer Geschäftsleute hielt sich in Grenzen. Sie repräsentierten nur etwa die Hälfte der lediglich rund zwei Dutzend Besucher, denen Sandra Emmerling von der Hamburger Gesellschaft für Unternehmens- und Kommunalberatung Dr. Lademann & Partner die Ergebnisse der Untersuchung vorstellte. Mit 96,1 liegt die vornehmlich nach dem Einkommen der Bevölkerung errechnete Kaufkraftkennziffer des Bezirks leicht über dem Berliner Durchschnitt von 94,8, so die Gutachterin. Dabei gibt es starke örtliche Unterschiede. Liegt der Wert im Spandauer Zentrum nur bei 90, sind es im Bereich Gatow/Kladow 116,7.
Mit dem Bezirk verwurzelt
Nach dem Ergebnis des Gutachtens gibt es eine erhebliche Verwurzelung der einkaufenden Spandauer in ihrem Bezirk feststellen können. 87 Prozent kaufen hier ihre Lebensmittel und Drogerieartikel, 83 Prozent ihren Bau-, Garten- und Heimwerkerbedarf und 82 Prozent ihre Elektro- und HiFi-Geräte. Ein Beleg für den hohen Anteil von Bau- und Elektronikmarken, während es bei Sportartikeln und Möbeln durchaus noch Defizite gibt, wie Carsten Röding (CDU), Stadtrat für Bauen, Planen, Umweltschutz und Wirtschaftsförderung, einräumte.
939 Betriebe machte 963 Millionen Euro Umsatz
Zum Zeitpunkt der Erhebung gab es in Spandau 939 Einzelhandelsbetriebe, die einen Jahresumsatz von rund 963 Millionen Euro erwirtschafteten. Den größten Umsatz machten mit 450 Millionen Euro die 427 Unternehmen im Nahversorgungsbereich (Lebensmittel, Drogerieartikel), gefolgt von den 448 zentrenrelevanten Geschäften (Kleidung, Schuhe, Elektroartikel) mit 352 Millionen und den 64 nicht-zentrenrelevanten Firmen (Möbel, Bau- und Gartenmärkte) mit 161 Millionen Euro.
Knapp ein Fünftel der rund 327 500 Quadratmeter Gesamtverkaufsflächen des Bezirks entfällt auf das Hauptzentrum mit der Altstadt. Von diesen 63 500 Quadratmetern gehört ein Drittel zu den von Fernbahnhof und Rathausvorplatz abgetrennten SpandauArcaden. Jeder Dritte von deren Kunden geht niemals zum Einkauf auch in die Altstadt-Fußgängerzone, nur 26 Prozent tun es regelmäßig.
Wachstumspotential im Spandauer Zentrum
In diesem Hauptzentrum, das sich nach dem Konzept von der Straße Am Juliusturm bis zum Ziegelhof erstreckt, sehen die Gutachter bis 2020 auch das größte Wachstumspotential mit bis zu 17 300 Quadratmeter Verlaufsfläche. Hier gelte es unter anderem, das Einzelhandelsangebot auszudifferenzieren, zusätzliche Kultur- und Freizeitangebote zu schaffen und die öffentlichen Räume aufzuwerten. So ganz auf dem neuesten Stand ist das Gutachten, dass sich der Bezirk rund 40 000 Euro kosten ließ, trotz der im vergangenen Jahr in einigen Teilen erfolgten Aktualisierung nicht. So bemängelten 19 Prozent der Befragten die Zahl der Billigläden in der Altstadt, die längst deutlich geschrumpft ist. Und auch die Kritik an den hohen Parkgebühren dürfte sich durch entsprechende Preissenkungen überholt haben.
Zu viele Spielhallen in der Wilhelmstadt
Neben der Altstadt sieht man die größten Zuwachsmöglichkeiten mit bis zu 4400 Quadratmetern im Stadtteilzeltrum Siemensstadt am Siemensdamm (Kaufzentrum) und der Nonnendammallee. Hier werden Modernisierungsmaßnahmen, nachfragerechte Verkaufsflächen und eine Steuerung des Mieterbesatzes vorgeschlagen. Beim Ortsteilzentrum Wilhelmstadt (Kloster-, Pichelsdorfer- und Adamstraße) wird auf die hohe Zahl von Spielhallen verwiesen und eine Niveauhebung des Angebots gefordert. Optimierungspotentiale wurden auch in den Ortsteilzentren Obstallee, Kladow und Streitstraße ausgemacht.
Brunsbütteler Damm braucht Zusatzquerung
Für das Nahversorgungszentrum Neustadt entlang der Schönwalder Straße spricht sich das Konzept für eine Verbesserung des Angebotes aus. Im Bereich Brunsbütteler Damm/Magistratsweg wurden Verdichtungspotentiale ausgemacht sowie dringender Bedarf für eine Verbesserung der Aufenthaltsqualität und eine zweite, sichere Überquerungsmöglichkeit des Brunsbütteler Dammes. Im Falkenhagener Feld (Westerwaldstraße) gibt es Bedarf für zusätzliche Fachgeschäfte und Dienstleister wie eine Bankfiliale.
„Das Konzept zeigt ein paar Schwächen und ein paar Potentiale auf“, resümierte Carsten Röding. Es liefere Anhalte für die zukünftige Planung und Argumentationshilfen gegenüber dem Senat. So sei daran gedacht, den Rathausvorplatz als Bindeglied zwischen der Fußgängerzone und dem Bereich Arcaden/Fernbahnhof im Rahmen des städtebaulichen Denkmalschutzes zu „hübschen“.
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