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Ist die Street-Art an der Cuvry-Brache Kunst, oder kann sie weg? Eine Petition möchte die Bebauung des bekannten Street-Art-Werkes verhindern.
© Carmen Schucker

Berlin, Kreuzberg und die Kunst: Petition soll Street-Art an der Cuvry-Brache retten

Wann ist etwas Kunst, wann ein Denkmal? Nach dem Brand und dem Abriss der Hütten auf der Cuvry-Brache ist Ruhe auf dem Baugrundstück an der Spree eingekehrt - vorerst. Ein Kreuzberger hat nun eine Petition gestartet, die für die berühmte Street-Art am Platz Denkmalschutz fordert.

Die Hütten auf der Cuvry-Brache sind weggeräumt, das Spreegrundstück ist nach langer Zeit wieder leer, umringt von zwei Metallzäunen. Übrig vom Kreuzberger Freigeist und dem einstigen Problem-Ort bleiben: zwei Street-Art-Bilder in Schwarz-Weiß-Gold. Sie zeigen eine kopflose Figur mit zwei Golduhren, die sie wie Handschellen trägt und zwei Figuren mit Masken. Doch wie lange werden sie noch an dieser prominenten Kreuzberger Ecke nahe des Schlesischen Tors und der Oberbaumbrücke zu sehen sein? Die Brandwand-Kunst, in tagelanger Arbeit 2008 durch den italienischen Street-Art-Künstler „Blu“ (richtiger Name unbekannt) entstanden, ist bedroht: Ihr Verschwinden ist durch das Bauvorhaben des Investors Artur Süsskind so gut wie gewiss. 250 Wohnungen sollen hier entstehen, ebenso eine Kita, ein Supermarkt und eine zur Spree offene Terrasse. Möglicher Baubeginn: 2015.

Jascha Herr, selbst Anwohner, will sich damit nicht abfinden. Deshalb hat er eine Online-Petition aufgesetzt, mit der er Denkmalschutz für das Street-Art-Kunstwerk fordert, das „ein Statement zum Wandel der ehemals geteilten Stadt und ein wertvoller Beitrag zur kulturellen Identität der Stadt" sei, wie es in der Petition heißt. Seit einigen Wochen läuft sein Aufruf auf der Plattform change.org, mehr als 4.100 Menschen haben seine Petition bis jetzt unterschrieben. „Ich finde es fahrlässig, wie hier weltbekannte Street-Art zerstört werden soll“, sagt Jascha Herr.

Street-Art noch zu jung für Denkmalschutz?

Seine Forderung, die Kunst zu erhalten, richtet er an den Investor Süsskind, den Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg, das Landesdenkmalamt und die Senatskanzlei für Kulturelle Angelegenheiten. Eine Antwort bekam er noch nicht, sagt er.

Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung heißt es von der Sprecherin Petra Rohland: "Denkmalwürdigkeit setzt voraus, dass ein Gebäude oder Kunstwerk aufgrund seiner geschichtlichen, städtebaulichen oder kulturellen Bedeutung zum Denkmal wird. Inwieweit Street-Art diese Voraussetzung erfüllt, kann ich nicht einschätzen und müsste sicherlich im Einzelfall geprüft werden." Außerdem macht Rohland darauf aufmerksam, dass die jüngsten Denkmäler in Berlin aus den 70er Jahren stammen. "Vielleicht ist diese Street-Art einfach noch zu jung."

Monika Herrmann, Bezirksbürgermeisterin von Friedrichshain-Kreuzberg, kennt die Petition und unterstützt, dass die Anwohner sich für den Erhalt der Street-Art einsetzen. "Aus künstlerischer und stadtgeschichtlicher Sicht ist das Werk unbedingt erhaltenswert," sagt Herrmann. Sie äußert aber Zweifel, inwieweit das Bauvorhaben zu diesem Zeitpunkt noch eingeschränkt werden könne. Im Juni beantragten die Kreuzberger Grünen eine Überprüfung inwieweit die Wandgemälde aus der Hausbesetzerzeit unter Denkmalschutz gestellt oder als Kunst am Bau geschützt werden können. Investor Artur Süsskind war für eine Stellungnahme nicht erreichbar.

Wann ist etwas Kunst, wann ein Denkmal? Und wohin will sich Berlin in dieser Frage entwickeln? Jascha Herr wünscht sich darüber eine allgemeine Diskussion. "Natürlich entwickelt sich eine Stadt, es wird gebaut. Aber ich finde, dabei sollte immer mit Respekt gegenüber dem Kiez-Charakter gehandelt werden."

Was meinen Sie? Ist die Street-Art an der Cuvry-Brache Kunst oder kann sie einfach weg? Ist Stadtentwicklung immer auch mit dem Verschwinden einzelner Teilaspekte der Kieze verbunden? Diskutieren Sie hier mit!

Dieser Artikel erscheint im Kreuzberg Blog, dem hyperlokalen Online-Magazin des Tagesspiegels.

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