Umsiedlung der Kreuzkröte „rechtswidrig“: NABU kündigt Klage gegen „Pankower Tor“ an
Scheitert das Neubauquartier in Pankow? Die vorgestellten Pläne sind laut Naturschutzbund eine „Farce“ und ein Verstoß gegen das Bundesnaturschutzgesetz.
Der Naturschutzbund (NABU) Berlin hält die Planungen für das "Pankower Tor" für rechtswidrig und will dagegen klagen. Anlass ist die beabsichtigte Umsiedlung der streng geschützten Kreuzkröte nach Brandenburg.
"Eine solche Umsiedlung hat bundesweit bisher nirgends funktioniert, und sie wäre gleich aus einer ganzen Reihe von Gründen rechtswidrig", sagt der Berliner NABU-Vorsitzende Rainer Altenkamp. "Sollte die Senatsverwaltung trotzdem eine solche Ausnahmegenehmigung erteilen, wird der NABU Berlin selbstverständlich dagegen klagen."
[Dieser Text stammt aus dem Pankow-Newsletter vom Tagesspiegel. Den kompletten Pankow-Newsletter gibt es kostenlos unter leute.tagesspiegel.de]
Das Pankower Bezirksamt zeigte sich erstaunt über die Ankündigung des NABU. Die Kreuzkröten-Problematik werde im derzeit laufenden Werkstattverfahren "im Teilprojekt Umwelt/Artenschutz bearbeitet", teilte Baustadtrat Vollrad Kuhn (Grüne) auf Tagesspiegel-Anfrage mit. Die Umsiedlung "in geeignetere Habitate" nach Brandenburg werde dabei in Abstimmung mit den zuständigen Behörden und "unter Beteiligung der Verbände" vorbereitet, damit später eine rechtssichere Festsetzung des Bebauungsplans erfolgen könne. "Insofern ist die Androhung einer Klage durch den NABU zum jetzigen Zeitpunkt im Zusammenhang mit dem konkurrierenden Workshop-Verfahren zur Ideenfindung für das Gelände dazu nicht nachvollziehbar."
Das städtebauliche Wettbewerbsverfahren läuft unter Federführung des Bezirksamts Pankow. Sechs prominente Planungsbüros haben am 10. Februar ihre ersten Ideen für das Neubauquartier mit 2000 Wohnungen auf dem Gelände des Möbelunternehmers Kurt Krieger vorgestellt. Derzeit findet dazu die erste Online-Bürgerbeteiligung auf pankower-tor.de statt. Im Juni sollen die Endergebnisse der Planungen vorliegen und der Öffentlichkeit präsentiert werden.
Doch dieses Vorgehen sei "eine Farce, da nach dem Naturschutzrecht keine der vorgestellten Planungen verwirklicht werden kann", teilt der NABU nun mit. Die sechs Entwürfe würden "das sehr große und zudem einzige Berliner Vorkommen der streng geschützten Kreuzkröte auf dem Brachgelände" ignorieren.
Die Kreuzkröten-Population sei "überregional bedeutend", erklärt der NABU. Er fordert seit Jahren die Entwicklung eines städtebaulichen Konzepts, das die Erhaltung der Population vorsieht. Dazu müssen laut Naturschutzbund unter anderem mindestens fünf Hektar geeigneter Lebensraum von Bebauung freigehalten werden. Zudem sei ein Korridor entlang der Bahntrasse notwendig – dort ist aber der neue Radschnellweg "Panke Trail" geplant.
"Alle der Öffentlichkeit präsentierten Entwürfe sind weltfremd und werden niemals zur Realisierung kommen", sagt Altenkamp. Die Voraussetzungen seien seit 2011 bekannt, dennoch sähen die aktuellen Planungen überhaupt keinen Schutz der Kreuzkröte vor. Es sei "ohne Berücksichtigung des Naturschutzrechts geplant und damit sehr viel Geld verschwendet" worden.
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Die Kreuzkröte ist vom Aussterben bedroht und nach Bundesnaturschutzgesetz streng geschützt. Laut NABU dürfe sich die Kreuzkröten-Population auf dem Gelände nicht verschlechtern, die Beeinträchtigung oder Zerstörung ihrer Fortpflanzungs- und Ruhestätten sei verboten. Auch andere geschützte Arten wie die Zauneidechse haben sich auf dem ehemaligen Rangierbahnhof Pankow-Heinersdorf inzwischen angesiedelt.
Nach Angaben des Bezirksamts soll die geschützte Kreuzkröte, wie hier im Leute-Newsletter berichtet, nach Brandenburg umgesiedelt werden, um den Weg für das Quartier freizumachen. Derzeit wird ein förmliches Umsiedlungs-Antragsverfahren für die Kröten durchgeführt.
Der NABU hält das für mit dem Naturschutzrecht unvereinbar und fordert nun einen Stopp der weiteren Planungen für das Quartier. „Solange die Erhaltung der Kreuzkrötenpopulation nicht rechtsverbindlich gesichert ist und daher keine Planungssicherheit für den Bauherrn besteht, sollte das Planungsverfahren auf Eis gelegt werden“, sagt Altenkamp, „das Online-Werkstattverfahren kommt viel zu früh.“
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