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So ähnlich muss die Drohne ausgesehen haben, von der Frau F. in ihrem Garten gefilmt wurde - und die sie wegen des Brummens erst "für eine Hornisse" hielt
© dpa

Einsatz von Drohnen über Privatgrundstücken: Kameradrohne in Nikolassee gesichtet

Immer häufiger fliegen Kameradrohnen auch über Privatgrundstücke. Wenn sie dabei filmen, geschieht das in den meisten Fällen gegen den Willen der Gefilmten. Ob und was sie dagegen tun können? Der Tagesspiegel Steglitz-Zehlendorf hat nachgefragt.

Am Anfang war das Brummen. Zuerst muss es sich angehört haben wie eine Hornisse: Martha F. steht vor etwa zwei Wochen in ihrem Garten in Nikolassee. “Plötzlich brummte es, ziemlich laut und gleichmäßig“, erzählt sie dem Tagesspiegel Steglitz-Zehlendorf am Telefon. „Ich sah mich um und entdeckte in etwa 20 Metern Höhe, genau über mir, ein weißes Fluggerät, eindeutig eine Drohne, die mich filmte”. Zuerst sei sie „baff“ gewesen, dann habe sie sich schon auch ein bisschen geärgert, sagt Frau F.: „Ich konnte ja nichts machen und das Ding flog auch erst mal nicht weiter.“ Sie habe sich weggedreht und wenig später habe die Drohne auch über benachbarten Grundstücken gestanden. Ihr Mann hätte das Gerät sogar am liebsten abgeschossen. Frau F. fragte tags darauf beim Ordnungsamt nach, was man in einer solchen Situation unternehmen könne, "einfach so" ungefragt im Garten oder auf dem Balkon gefilmt zu werden. Das Ordnungsamt sei nicht zuständig, sagte man ihr, aber der Berliner Datenschutz könne sicher Auskunft geben.

„In den meisten Fällen werden Drohnen unzulässig eingesetzt, insbesondere, wenn sie einen Privatbereich überfliegen und dabei Menschen ungefragt filmen", sagt Anja-Maria Gardain vom Berliner Beauftragten für Datenschutz und Informationsfreiheit dem Tagesspiegel Steglitz-Zehlendorf. „Solange der Betreiber der Drohne nicht festgestellt werden kann, gibt es aber keine Handhabe für die Behörden.“ Man könne lediglich die Drohnenbetreiber dazu aufrufen, die Privatsphäre Anderer zu respektieren. Allerdings komme es bislang selten vor, dass Bürger sich über Drohnen beschweren.

Für die einen Spielzeug, für andere ein Ärgernis - oft kommen Drohnen aber auch gewerblich zum Einsatz, etwa für Filmarbeiten
Für die einen Spielzeug, für andere ein Ärgernis - oft kommen Drohnen aber auch gewerblich zum Einsatz, etwa für Filmarbeiten
© dpa

Trotzdem hat sich bereits der Düsseldorfer Kreis, ein Zusammenschluss der unabhängigen Datenschutzbehörden des Bundes und der Länder, mit dem Thema befasst. In einem Beschluss vom 16. September 2015 heißt es dazu: "Dem mit dem Drohneneinsatz verbundenen Eingriff in das allgemeine Persönlichkeitsrecht Betroffener kann (…) auch zivilrechtlich begegnet werden. Vor allem dann, wenn die Verletzung des allgemeinen Persönlichkeitsrechts in einem Eindringen in geschützte Bereiche, wie beispielsweise das befriedete und blickgeschützte Grundstück, besteht oder eine zielgerichtete Beobachtung erkennbar stattfindet." Dabei bedarf es für die Betreibung einer Drohne „zu Zwecken des Sports oder der Freizeitgestaltung keiner luftverkehrsrechtlichen Erlaubnis der zuständigen Landesluftfahrtbehörde“.

Allerdings, so heißt es im Beschluss weiter, seien Drohnen „nur im Rahmen von datenschutzrechtlichen Erlaubnisnormen zu betreiben, wobei deren Voraussetzungen in der Mehrzahl der Fälle wegen des regelmäßigen Überwiegens von Interessen Betroffener nicht gegeben sind.“ Die meisten wollen, so wie Frau F., also nicht beispielsweise in ihrem Garten gefilmt werden. Insbesondere sei dies, laut Beschluss, „dann der Fall, wenn die Aufnahmen für eine Veröffentlichung im Internet stattfinden“. Dann könne „die zuständige Behörde hierfür ein Bußgeld von bis zu 300.000 Euro verhängen.“

"Copter können stören"

Christoph Bach vom Bundesverband Copter-Piloten (BVCP) steuert selbst privat und gewerblich für Filmevents Kameradrohnen, oder „Copter", wie er sagt. „Ob man sich gegen einen Copterflug wehren kann, hängt vom Wohnort ab", sagt Bach dem Tagesspiegel Steglitz-Zehlendorf. „Je nachdem, ob sich ein Grundstück in einem kontrollierten oder unkontrollierten Luftraum befindet, ist das Überfliegen mit einer Drohne unter Umständen gar nicht verboten." Dabei spiele die Flughöhe eine Rolle, das Gewicht der Drohne oder auch die Entfernung zum nächsten Flughafen. „Das Problem ist, dass man fast eine Pilotenausbildung braucht, um zu verstehen, wo man fliegen darf, und wo nicht. Und die wenigsten Copterpiloten wissen bislang, dass sie eine Luftfahrthaftpflichtversicherung brauchen". Man dürfe als Copterpilot aber auf keinen Fall Persönlichkeitsrechte und Hoheitsgebiete verletzen. „Was für Personen mit Foto-Kamera gilt, gilt auch für Kameradrohnen", sagt Bach. Er könne verstehen, dass Copter stören und auch gefährlich wirken können. Von einem Abschuss rät er aber ab, da man sich dann der Sachbeschädigung schuldig mache. Viel eher sollte man versuchen, den Drohnenpiloten zu finden, der sich in Sichtweite der Drohne aufhalten müsste, und mit ihm das Gespräch zu suchen. „Der Gesetzgeber arbeitet im Moment an neuen, bundeseinheitlichen Regeln für den Einsatz von Drohnen", weiß Bach.

Frau F. aus Nikolassee sieht es mittlerweile gelassen: „Dieser Besuch wird wahrscheinlich nicht das letzte Mal gewesen sein - inzwischen kann sich ja jeder so ein Gerät kaufen und auch irgendwo aus seinem Auto heraus filmen, wo er will. Aber so spannend können die Bilder zumindest von mir beim Unkrautzupfen nicht sein.“

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