Berlin-Charlottenburg: Im Theater Tribüne bleibt der Vorhang unten
Marlene Dietrich und Hildegard Knef traten einst im Theater „Tribüne“ am Ernst-Reuter-Platz auf. Die neuen Investoren wollten wieder Kultur – errichten im Baudenkmal nun aber 100 neue Wohnungen.
Der Spielbetrieb gehe weiter, „sofern die Verhandlungen mit dem neuen Eigentümer positiv verlaufen“, verkündet noch immer ein Aushang am geschlossenen Theater „Tribüne“ am Rande des Charlottenburger Ernst-Reuter-Platzes.
Vor drei Jahren hatte der damalige Vermieter den Vertrag gekündigt, um das Gebäude an der Otto-Suhr-Allee zu veräußern. So verschwand eines der ältesten Privattheater Berlins, in dem ab 1919 viele Schauspielstars auftraten – darunter Marlene Dietrich, Heinrich George oder auch Hildegard Knef. Doch nun ist klar: Die „Tribüne“ kehrt nicht zurück.
Keine Zuschüsse für ein neues Theater
Stattdessen entstehen Wohnungen im 100 Jahre alten Baudenkmal „Ottilie-von-Hansemann-Haus“.
Dabei hätten die Investoren Dirk Germandi und Martin Rasch unten gerne wieder ein Theater integriert. „Wir haben es nicht geschlossen“, betont Germandi. Das Haus wechselte erst 2013 den Eigentümer.
Germandi sagt, er habe sich bei der Kulturverwaltung nach möglichen Zuschüssen erkundigt – doch ohne Erfolg. Damit sei „die Revitalisierung leider zu teuer“.
Immerhin sei eine kulturelle Nutzung des Bühnensaals angedacht, in dem erste Bauarbeiten begonnen haben. Eine Künstlerin, Schauspielerin und Mentaltrainerin plane eine Sprechschule, die Finanzierung sei allerdings noch nicht gesichert.
Das Bauprojekt ähnelt Haus Cumberland am Ku'damm
Der markante Vorbau mit dunklen Stahlträgern, die eine silberne Fassade umhüllen, soll weg.
Er stammt aus den 1970er Jahren und steht nicht unter Schutz. Am Altbau wollen die Investoren wenig ändern. Laut Germandi ist die Bausubstanz „sogar viel besser“ als im Haus Cumberland am Kurfürstendamm. Auch dessen Umbau war eines der vielen Projekte des Unternehmers, nur die Ko-Investoren waren andere.
Germandi nennt das Haus an der Otto-Suhr-Allee „die kleine Schwester von Haus Cumberland“. Das sei nicht nur ein Werbespruch, es gebe Parallelen: Beide Bauten seien ähnlich alt und für Wohnzwecke errichtet worden.
Hier wohnten einst Studentinnen
Das „Ottilie-von-Hansemann-Haus“ trägt den Namen einer 1919 verstorbenen Frauenrechtlerin, die sich für das Studienrecht von Frauen eingesetzt hatte. Sie kooperierte mit Deutschlands erster selbstständiger Architektin, Emilie Winkelmann. Unter der Schirmherrschaft von Kaiserin Auguste Viktoria entstanden ein Wohnhaus für Studentinnen und ein Mädchengymnasium. Später wurde aus der Aula der Theatersaal, oben zogen Büros ein.
Die Bauherren planen 65 Wohnungen im Haus und 32 in zwei Neubauten. Den alten Hof, der zuletzt nur ein Parkplatz war, wollen sie restaurieren. Architekturmodelle ähneln stark dem sanierten Haus Cumberland. Bisher laufen nur Vorarbeiten, Baugenehmigungen stehen noch aus.
48 Millionen Euro werden investiert, die Eigentumswohnungen sollen für 3700 bis 5000 Euro pro Quadratmeter verkauft werden.
Denkbar sei auch die Dauervermietung von Wohnungen an die nahe TU, die „händeringend“ Unterkünfte für Dozenten und andere Gäste suche, sagt Germandi.
Nebenan entstehen Wohnungen und eine Bankzentrale
Auch nebenan rollen Bagger: Die CG Gruppe errichtet 124 Wohnungen in Alt- und Neubauten. Und am benachbarten Hochhaus der Deutschen Bank kommen Bürobauten hinzu. Die Bank will in ihrer künftigen Berliner Zentrale bis zu 2500 Mitarbeiter beschäftigen. Alle drei Projekte sollen im Frühsommer 2016 fertig werden.
- Der Artikel erscheint auf dem Ku'damm-Blog, dem Online-Magazin für die westliche Innenstadt.
Cay Dobberke