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So kennt man ihn. Hans-Christian Ströbele, volksnah und mit Fahrrad in Kreuzberg.
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Zum 75. von Hans-Christian Ströbele: Grüner wird's in Kreuzberg nicht

Wenn Hans-Christian Ströbele durch sein Kreuzberg läuft, spürt man die symbiotische Beziehung zwischen ihm und seinen Wählern. Er hat die Grünen mitbegründet, ist politisch aber in erster Linie als Individualist aufgefallen. Ein Porträt zum 75. Geburtstag.

Auch wenn die Welt untergehen sollte, hätte dem Grünen-Urgestein Hans-Christian Ströbele das Direktmandat in Friedrichshain-Kreuzberg-Prenzlauer Berg Ost nicht genommen werden können. Das vierte Mal in Folge – nach 2002, 2005 und 2009 – haben ihn die 226 000 Wahlberechtigten in seinem Wahlkreis im September 2013 als Direktkandidaten wieder gewählt. Ströbele mag und kennt seinen Wahlkreis, auch wenn er selbst seit mehr als 20 Jahren in Tiergarten wohnt.

„Das Tolle an den Leuten in Kreuzberg ist, dass die nicht sagen: Macht mal was. Sondern sie nehmen etwas selbst in die Hand.“ Ströbele, selbst großer Individualist, der sich als Parteilinker auch nicht immer an die Parteilinie hält, mag das, was er als „mündige Bevölkerung“ bezeichnet. Am heutigen Samstag hat sich der Grünen-Politiker von seinen Wählern in Kreuzberg „frei genommen“, wie er sagt. Hans-Christian Ströbele feiert heute seinen 75. Geburtstag. Ohne Parteifreunde, nur mit seiner Frau an der Ostsee.

Ströbele ließ sich nie verbiegen

Ströbeles politische Haltung ist aufrecht. So widersetzte er sich öffentlich 2002 dem Führungsgespann von Fischer, Kuhn & Co. und verhinderte auf einem Parteitag in einer brillanten Rede das Aufheben der Trennung von Amt und Mandat, einer urgrünen basisdemokratischen Leitlinie. Später wurde das zwar aufgeweicht. Aber Ströbele lässt sich nicht verbiegen. Damit macht er sich nicht immer Freunde in seiner Partei.

Dafür schätzen ihn jedoch seine Wähler. Grüner wird’s in Kreuzberg nicht. Wenn Hans-Christian Ströbele durch seinen Wahlkreis läuft, spürt man die symbiotische Beziehung zwischen ihm und seinen Wählern. Ströbele ist einer von ihnen, einer, der alterslos ist in diesem Kiez. Einer, dem „sein“ Wahlvolk Respekt entgegenbringt.  „Es ist eine Frage der Ehre, dass unser Direktkandidat Ströbele hier auch wieder durchgeht“, wie ein Alt-Kreuzberger im Wahlkampf sagte. Ströbele hatte im Jahr 2012 einen Bestrahlungsmarathon gegen den diagnostizierten Prostata-Krebs hinter sich und doch „keine einzige Bundestagssitzung verpasst“. Das sagt er nicht ohne Stolz.

RAF-Verteidiger, Mitgründer der Grünen

Er ist ein Kämpfer. Der Jurist Ströbele trat sein Referendariat genau an jenem 2. Juni 1967 an, an dem Benno Ohnesorg erschossen wurde. Sozialdemokrat wolle er zu Willy Brandts Zeiten sein, doch die Partei warf ihn hinaus, weil er den RAF-Chef Andreas Baader „Genosse“ nannte. Er war Verteidiger der RAF-Terroristen und wurde wegen „Missbrauchs der Verteidigertätigkeit“ verhaftet und wegen „Unterstützung einer kriminellen Vereinigung“ zu zehn Monaten auf Bewährung verurteilt.

Er ist Mitgründer der Grünen, ist hartnäckig in politischen Ausschüssen wie beim Untersuchungsausschuss um illiegale Parteispenden für Helmut Kohl oder später als Mitglied des NSU-Untersuchungsausschusses. Er kann nerven, ist unanachgiebig bis ins kleinste Detail. Und er lässt sich nicht unterkriegen. Als der Berliner Landesverband ihm 2002 einen aussichtsreichen Listenplatz verwehrte, beschloss Ströbele, es direkt zu versuchen. Und er holte für die Grünen bundesweit mit 31,6 Prozent das erste Direktmandat. Unmittelbar nach der Bundestagswahl erklärte er, er verdanke sein Mandat „nicht mehr der Partei, sondern meinen Wählerinnen und Wählern“. Das klang wie eine Drohung.

Der Mann, der Edward Snowden traf

Seit Jahren sagt er, dass er ein „absoluter Tolerierungsfan von Rot-Rot-Grün“ sei. Dass „R2G“ noch eine Minderheitenposition in seiner Partei ist, dass sich seine Parteifreunde mit den Linken bisher zu wenig auseinandergesetzt haben, findet er schade. Ströbele setzt auf Kompromisse, um politisch gestalten zu können.

Aber eine gewisse Koketterie fehlt dem Grünen-Politiker  nicht. Er weiß sich selbst in Szene zu setzen. Ganz im Stillen hatte er einen Besuch bei Edward Snowden in Moskau vorbereitet. Und als er ihn dort traf, war die Überraschung gelungen. Ströbele genoss augenscheinlich den medienwirksamen Auftritt. Seitdem trägt er über die Grenzen hinweg das Label: Der Mann, der Edward Snowden traf. 

Man darf davon ausgehen, dass sich Ströbele einige Spiele bei der Fußball-WM mit Interesse anschaut. Sein Onkel war der berühmte Fußballreporter Herbert Zimmermann, dessen Kommentar „Tor, Tor, Tor“ jeder mit dem überraschenden Sieg der deutschen Mannschaft bei der Fußball-WM 1954 verbindet. Noch heute hat sein Neffe Hans-Christian mit den Geschwistern die Rechte an Zimmermanns Reportage.

Der Grüne braucht Politik. „Eine gewisse Abhängigkeit von der Politik gehört zum Lebensgefühl dazu“, sagt er. Ob er nach der nächsten Legislaturperiode aufhört? Wer weiß das schon. Gesagt hat es Ströbele bisher nicht. 

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