Berlin-Charlottenburg: Eine neue Mitte für die Tauentzienstraße
Hauseigentümer wollen Teile des Ku'damms und die Tauentzienstraße aufwerten. Zum Konzept gehören auch „City Guides“, die Passanten informieren.
Drei Jahre nach der umstrittenen Neugestaltung des Mittelstreifens in der Tauentzienstraße gibt es eine gute Nachricht für die vielen Gegner der eintönigen Eibenbeete: Anrainer wollen zusätzliche und jahreszeitlich wechselnde Bepflanzungen mit Blumen und Sträuchern finanzieren. Außerdem sind zwei Pavillons mit Gastronomie auf dem Mittelstreifen geplant, wo bei schönem Wetter ein paar Stühle und Tische herausgestellt werden sollen.
Und es gibt noch mehr Aufwertungsideen für die Tauentzienstraße und den Kurfürstendamm. Deshalb strebt die Arbeitsgemeinschaft City zusammen mit Hauseigentümern für Anfang 2017 die Gründung einer „Immobilien- und Standortgemeinschaft“ an.
„City Guides“ beraten Passanten
Zum Konzept gehören auch „City Guides“. Täglich sollen drei Teams aus je zwei Mitarbeitern die Passanten beispielsweise über Adressen und Öffnungszeiten von Geschäften oder Kultureinrichtungen informieren. „Wir haben eine Betreuungslücke“ sagte Gottfried Kupsch, Immobilienunternehmer und Vorstandsmitglied der AG City, am Dienstag bei einer Präsentation in der Gedächtniskirche. Laut Kupsch sollen die „City Guides“ einheitliche Anzüge oder Kostüme tragen, die vielleicht von Berliner Designern gestaltet werden.
Kein neuer Wachschutz
Die Teams sollen auch auf Ordnung, Sauberkeit und Sicherheit achten, können aber nur Ermahnungen aussprechen. Das ergibt sich aus dem Gesetz, mit dem das Abgeordnetenhaus im Herbst 2014 den Weg für Immobilien- und Standortgemeinschaften in Berlin geebnet hatte. Der Charlottenburg-Wilmersdorfer Stadtentwicklungsstadtrat Marc Schulte (SPD) betonte, dass „keine Leistungen erlaubt sind, für die originär die öffentliche Hand zuständig ist“. Damit seien „private Sicherheitskräfte ausgeschlossen“.
Hauseigentümer nehmen sich in die Pflicht
Die Besonderheit des geplanten Zusammenschlusses liegt darin, dass sich Immobilieneigentümer dazu verpflichten, fünf Jahre lang für Verbesserungen in der Gegend zu zahlen. International ist das Modell als „Business Improvement District (BID)“ bekannt, zu den Vorbildern gehören New York und Hamburg. Zuerst müssen mindestens 15 Prozent der Anlieger die Initiative ergreifen. Dann folgt ein „Erörterungstermin“ wie jetzt in der Gedächtniskirche, und die Pläne werden einen Monat lang ausgelegt. Schließlich stimmen alle Hauseigentümer ab. Sprechen sich mehr als ein Drittel dagegen aus, ist das Projekt gescheitert. Andernfalls folgt ein Antrag beim jeweiligen Bezirk, der überwachende Funktionen hat.
Vom Wittenbergplatz bis zur Uhlandstraße
Aktuell ist das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf federführend, auch wenn Teile der Tauentzienstraße in Tempelhof-Schöneberg liegen. Der Ku’damm soll vom Breitscheidplatz bis zur Uhlandstraße einbezogen werden. Eine spätere Ausdehnung sei denkbar, hieß es.
Die AG City will in Berlin der Pionier bei den neuen Standortgemeinschaften sein. Aber auch andernorts diskutieren Geschäftsleute darüber – zum Beispiel in der Friedrichstraße,der Wilmersdorfer Straße in Charlottenburg, am Tempelhofer Damm und in der Altstadt Spandau.
Einen Vorläufer der Maßnahmen gibt es seit 2013 in der City West: Anrainer bezahlen zusätzliche Einsätze der Stadtreinigung in der Tauentzienstraße und Teilen des Ku’damms. Künftig soll sich die BSR dort auch ums Grün kümmern. „Reinigung und Pflege aus einer Hand“ versprach der Leiter der Abteilung Straßenreinigung, Winfried Becker.
Händler sollen nichts zahlen – doch die Mieten könnten steigen
Die Kosten aller Maßnahmen schätzt das Beratungsunternehmen Drees & Sommer auf 8,7 Millionen Euro in den fünf Jahren. Laut AG City gibt es 50 Hauseigentümer im ausgewählten Bereich. Einer „Initiativgruppe“ gehörten die Immobilienfirmen Aachener Grund, Becker & Kries, RFR, die Familienunternehmen Pepper und Gutman sowie die Gemeinde der Gedächtniskirche an.
Die individuelle Höhe der Abgaben soll vom Immobilienwert abhängen, wurde aber noch nicht kalkuliert. Die voraussichtlich 555.000 Euro teuren Gastronomiepavillons will man kostenneutral durch die Vermietung an Wirte finanzieren.
Händler und andere Mieter werden nicht zur Kasse gebeten – müssen aber damit rechnen, dass manche Immobilieneigentümer ihre Abgaben teilweise umlegen. Nur für Wohnungsmieter untersagt das Gesetz dies ausdrücklich.