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Neue Vision für das rote Baudenkmal. Aus dem Turm der ehemaligen Autobahnraststätte Dreilinden soll ein Autohaus für Oldtimer mit Café und Restaurant werden.
© Simulation: SHSP Architekten

Neue Pläne für alten Checkpoint in Berlin-Zehlendorf: Ein Oldtimerzentrum für Dreilinden

Den Grenzkontrollpunkt, Drewitz oder Checkpoint Bravo genannt, gibt es schon lange nicht mehr. Aber der markante Turm der einstigen Raststätte Dreilinden steht noch. Nun gibt es mal wieder neue Pläne, und eine Idee lautet: Ein Oldtimerzentrum mit Gastronomie.

Seit zwölf Jahren steht der markante rot-blaue Turm der Raststätte Dreilinden am einstigen Autobahn-Grenzübergang Dreilinden in Nikolassee leer, aus einigen Plänen wurde nichts. Jetzt aber hat der heutige Eigentümer neue Ideen für das Baudenkmal – darunter ein Zentrum für Oldtimerautos mit Gastronomie. Am Dienstagabend signalisierte der Stadtplanungsausschuss der BVV Steglitz-Zehlendorf seine grundsätzliche Zustimmung.

Der CDU-Fraktionschef und Ausschussvorsitzende Torsten Hippe merkte zwar kurz an, er sei „nicht erbaut“, sprach aber von einer akzeptablen Lösung. Das Thema wurde erst mal durchgewunken für weitere Beratungen.

Unten im Turm ist ein Café angedacht, die Frontseite soll unverändert bleiben. Im Mittelflügel und in zwei verglasten Anbauten sind weitere Nutzungen geplant. Eine Projektbeschreibung nennt „Showrooms für die Präsentation und Handel mit Old- und Youngtimern“, Auto- und Motorradwerkstätten sowie „gläserne Boxen für die betreute Unterbringung von privaten Fahrzeugen“. Hinzu kommen Shops für Ersatzteile, Modellautos, Bücher und andere Accessoires. Außerdem ist ein Restaurant in den Neubauten geplant.

Baustadtrat Norbert Schmidt (CDU) vergleicht das Konzept mit Oldtimerzentren wie der „Classic Remise“ in Moabit oder dem Vorgänger „Meilenwerk“, das nach seinem Wegzug aus Moabit im kommenden Jahr auf der Havelinsel Eiswerder neu eröffnen will. Allerdings steht auf dem 5000-Quadratmeter-Gelände in Dreilinden weniger Platz zur Verfügung.

Der Turm ist schon zwei Mal verkauft worden. Erster Erwerber war 2009 der Unternehmer Thomas Drechsel, der eine Disko, ein Hotel für Rucksacktouristen und ein Diner-Lokal nach amerikanischem Vorbild ansiedeln wollte. Später gab er sein Projekt auf. Im Sommer 2012 ersteigerte ein anderer Geschäftsmann das Gelände für 535 000 Euro. Allerdings hatte Werner Scharwächter, Chef der „Bohr + Rammtechnik Berlin GmbH (Boramtec)“, deutlich profanere Pläne: Die Freiflächen sollten zum Lager für Baumaschinen werden, die seine in Karlshorst ansässige Firma exportiert. Dafür sei die Lage an der Autobahn ideal, sagte der heute 67-Jährige damals.

„Ein Lager kommt nicht in die Tüte“

Der Bezirk verweigerte die Genehmigung. „An dieser exponierten Stelle kommt ein Lager nicht in die Tüte“, stellt Stadtrat Schmidt klar. Er lehnt auch andere Ideen des Eigentümers ab. Dabei geht es um einen Outlet-Modeladen oder eine Ausstellung chinesischer Steine. Scharwächter wollte sich am Dienstag auf Nachfrage nicht dazu äußern.

Bunte Bauten vom U-Bahn-Architekten

Das ursprüngliche Restaurant war 1973 eröffnet worden. Die Entwürfe stammten von Rainer Gerhard Rümmler, damals leitender Baudirektor in der Berliner Bauverwaltung, der als Gestalter vieler U-Bahnhöfe bekannt ist. Die poppige Architektur in Dreilinden war nicht zuletzt als demonstratives Gegenstück zur tristen DDR-Grenzarchitektur gedacht.

Allerdings zog das Restaurant nie viele Gäste an. Inzwischen hat der Turm keinen direkten Autobahnanschluss mehr, sondern ist für Autofahrer nur noch über die rückwärtige Seite – am ehemaligen Zollamt vorbei – erreichbar. Der frühere Kontrollpunkt hieß auf der östlichen Seite Drewitz und auf der westlichen Dreilinden; die US-Alliierten sprachen vom „Checkpoint Bravo“.

Theodor Fontane wanderte hier

Die US-Amerikaner nannten ihre Kontrollpunkte Checkpoints. Die berühmtesten waren diese: Alpha (Helmstedt), Bravo (Zehlendorf), Charlie (Kreuzberg), Delta (Heinrich-Heine-Straße). Der Name Dreilinden geht allerdings auf drei Linden zurück, die einst vor dem dortigen Forsthaus standen, berichtete wiederum Theodor Fontane in seinen "Wanderungen durch die Mark Brandenburg". Mit der Teilung Deutschlands entstand der Grenzübergang am Örtchen Dreilinden, mitten im Wald. Die Autobahn wurde 1969 aufgegeben und durch einen Neubau ersetzt. Auf der alten, geheimnisvollen Autobahn im Wald rasten nach dem Mauerfall nur noch Stuntmänner der Fernsehserie „Cobra 11“. Auch das alte Grenzhaus am Teltowkanal verkam.

Als die alte Kontrollstelle Dreilinden 1969 geschlossen wurde, passierten Autofahrer den neuen Kontrollpunkt Drewitz – ein gewaltiges Areal mit mehr als 20 Fahrspuren, etlichen Kontrollhäuschen und endlos lange Förderbändern, auf denen der Ausweis transportiert wurde. Die neue Kontrollstelle am Kreuz Zehlendorf in West-Berlin hieß weiterhin Dreilinden, obwohl der Ort nun ziemlich weit weg lag.

Von hier ging es in den Schulferien überall hin: in die Alpen, nach NRW, sogar an die Nordsee (die neue Autobahn in Heiligensee entstand ja erst in den 80ern). Nach dem Abriss der DDR-Grenzanlagen 1993 entstand hier der Europarc Dreilinden mit Ebay. Erhalten blieb der alte Kontrollturm. Darin befindet sich seit 2009 ein Ausstellungs- und Veranstaltungsort. Auch 2014, im Jubiläumsjahr, gibt es viele Veranstaltungen – am 9. November fahren ab 10 Uhr Traditionsbusse hierher.

Die Autoren gehören zur Tagesspiegel-Redaktion Berlin-Brandenburg. Der Text erscheint auf dem Zehlendorf Blog, dem Online-Magazin aus dem Südwesten.

Der Leerstand der einstigen Raststätte hat auch zu Vandalismusschäden geführt.
Der Leerstand der einstigen Raststätte hat auch zu Vandalismusschäden geführt.
© Thilo Rückeis

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