Berlin-Kreuzberg: Drogenrazzia im Görlitzer Park: Bringt das was?
Es gibt neue Polizei-Zahlen zum Görlitzer Park. Doch wer genau hinschaut, hat so seine Zweifel an der harten Drogen-Strategie.
Dass der Null-Toleranz-Kurs gegen Drogen, wie er im Görlitzer Park seit Ende März gilt, nichts bringt, sollte eine Senats-Anfrage des Grünen-Abgeordneten Benedikt Lux vom 21. Juli demonstrieren. Fürs Sortieren der erbetenen Statistiken benötigte die Polizei Zeit. Zwischenzeitlich war Ende Juli bereits eine Linken-Anfrage zum Thema mit dem Senats-Statement beantwortet worden, der Drogenhandel im Park habe sich seit März „nicht grundlegend geändert“ – ohne dass schon Zahlen dazu existierten.
Diese liegen nun, mehr oder weniger erhellend, mit Antworten des CDU-Innenstaatssekretärs Bernd Krömer an den Frager Lux vor. Bestätigt fühlen wird sich dadurch die liberale Coffee-Shop-Fraktion um Monika Hermann (Grüne), während Law-and-Order-Befürworter im Sinne von Senator Frank Henkel (CDU) Beweise für das fixe Funktionieren ihres Rezeptes wohl noch finden müssen.
1158 Anzeigen im Görlitzer Park
Wie viele Anzeigen?, lautete die erste Frage. Antwort: 1444 Görli-Anzeigen wegen Drogen gab es 2014. 1158 Anzeigen und 804 Verdächtige waren es Januar bis Juli 2015 – davon 606 Taten und 448 Verdächtige seit dem Intoleranz-Edikt vom März. Ob solch eine Steigerung auf mehr Straftaten oder schärferen Kontrollen beruht: In diesem Detail steckt der Knackpunkt zur Deutung des Zahlenzaubers.
Lux’ zweite Frage, wie viele Delikte davon mit Marihuana zu tun hätten, geht denn auch dem Verdacht nach, hier werde amtlich ein Bagatellenberg erzeugt. Zwar kann die Verwaltung spezifische Marihuana-Delikte nicht erfassen, man räumt aber ein, meist gehe es um diesen Stoff. Sichergestellt wurden 628-mal Minimengen im vormals erlaubten 15 Gramm-Rahmen, 28-mal Mengen darüber. 2014 bis Juli 2015 kassierte die Görli-Polizei 15,6 Kilo Marihuana, andere Drogen bleiben jeweils weit unter einem Kilo.
Inhaftierungen gab es seit März im Marihuana-Kontext keine. 2014 waren 474 Görli-Besucher ins Gefängnis gewandert, seit Ende März (wegen anderer Drogen, anderer Delikte) 207. Wird die Polizei an diesem Ort nur verheizt? Görli-Streifen kosteten 2014 insgesamt 30.079 Einsatzstunden, dieses Jahr (bis 22. Juli) sind es bereits 38.236 Stunden.
Kommt die Polizei, hauen die Dealer ab
Von einer Lösung des Problems spricht die Antwort des Staatssekretärs noch nicht. Am Görli reagiere die Szene sensibel, schreibt Krömer, man beobachte „während der Durchführung polizeilicher Maßnahmen eine temporäre Verdrängung in angrenzende Straßenzüge sowie den im Osten angrenzenden Schlesischen Busch.“ Eine solide Bewertung für 2015 verbiete sich mangels ganzjähriger Vergleichsdaten und angesichts „saisonaler Schwankungen“.
Positive Tendenzen ließen sich bezüglich Körperverletzung und Raub erkennen. Beim Cannabishandel seien steigende Ermittlererfolge, mehr Haftbefehle und eine Verunsicherung der Händler-Szene festzustellen.