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Seit einem Jahr im Amt: Matthias Kollatz-Ahnen, Senator für Finanzen in Berlin.
© Thilo Rückeis

Finanzsenator Matthias Kollatz-Ahnen: "Die Berliner Verwaltung ist besser als ihr Ruf"

Bei den Bürgerämtern mangelt’s nicht an Ressourcen, findet Matthias Kollatz-Ahnen. Er ist seit einem Jahr im Amt – und will 2016 in Steglitz ins Abgeordnetenhaus gewählt werden, um danach weiter für Berlins Finanzen zuständig zu sein. Ein Interview.

Herr Kollatz-Ahnen, ein Parteifreund hat Sie am Donnerstag im Parlament als Alain Delon der Berliner Finanzen bezeichnet. Erkennen Sie sich darin wieder?
Ich war überrascht, zumal ich Alain Delon verehre. Seit meiner Studentenzeit finde ich „Rocco und seine Brüder“ einfach super.

Jetzt spielen Sie bei „Müller und seine Leute“ mit. Wie ist es denn so als Finanzsenator in Berlin?

Gut!

Sie haben die Entscheidung, in den Senat zu wechseln, nicht einmal bereut?

Keinen Tag.

Haben Sie sich an die Stadt gewöhnt?

Ich war schon einmal in Berlin, von 1982 bis 1991, ich habe damals meine Doktorarbeit an der Technischen Universität gemacht, war vier Jahre stellvertretender Vorsitzender der Jungsozialisten und habe mich bei der Gründung der SDP, der Sozialdemokraten in der DDR, engagiert. Das war eine spannende Zeit, rund um das Jahrhundertereignis des Mauerfalls und der deutschen Vereinigung. Heute ist Berlin ein Sehnsuchtsort für die Jugend der Welt, die Stadt wächst, das schafft auch Probleme. Aber es ist viel schöner, in einer wachsenden als in einer schrumpfenden Stadt zu leben.

Sie sind mit allem zufrieden, was dieser Senat so macht?

Man kann immer noch etwas besser machen. Aber Sie müssen auch sehen, vor welchen sozialen Herausforderungen wir stehen. Berlin ist wohl die einzige Hauptstadt in Europa, deren Einkommen pro Kopf der Bevölkerung unter dem Landesdurchschnitt liegt. Es wird dauern, das zu ändern und erfordert hohe Investitionen in die öffentliche Daseinsvorsorge und Infrastruktur. Da arbeite ich mit Andreas Geisel, der vor einem Jahr Stadtentwicklungssenator wurde, gut zusammen.

Bringt das rot-schwarze Bündnis in Berlin denn noch etwas auf die Reihe?
Es gibt Momente, wo die Zusammenarbeit mühselig und schwierig ist.

Und die Berliner Verwaltung…

…ist besser als ihr Ruf. Wenn man von außen auf die Stadt guckt, hat man trotzdem den Eindruck, dass Berlin noch Luft nach oben hat bei seiner administrativen Stärke und der Zusammenarbeitskultur. Unsere Bürgerämter sind nicht schlechter ausgestattet als in Hamburg, dennoch haben die Hamburger Ämter eine bessere Performance. Unser Bürgerservice muss aber vergleichbar sein mit Hamburg und München, Köln oder Frankfurt am Main. Als Hauptstadt und größte Stadt Deutschlands muss Berlin mit den besten in der Republik mithalten.

Warum läuft es in Hamburg besser, woran kann sich Berlin ein Beispiel nehmen?

Da will ich der Organisationsuntersuchung, die jetzt angestoßen wurde, nicht vorgreifen. Wenn sich herausstellt, dass es ein Mengeneffekt ist, braucht es mehr Personal. Ist der Arbeitsprozess die Ursache, muss besser organisiert werden.

Sind die Bezirke kaputt gespart worden - und können deshalb ihre Aufgaben nicht mehr ordentlich erfüllen?

Als ich Finanzsenator wurde, stand es im Verhältnis zwischen Senat und Bezirken nicht zum Besten. Die Stimmung war gereizt. Mein Credo war von Anfang an: Das Land und die Bezirke müssen sich gegenseitig die Treue halten. Entsprechend habe ich gehandelt. Für die Erfordernisse der wachsenden Stadt erhalten die Bezirke zusätzlich 300 Stellen – mit dem Haushalt 2016/17. Für die Flüchtlingshilfe kommen 146 Stellen hinzu. Und wenn es beim gegenwärtigen Wachstum bleibt, werden auch später 150 neue Stellen jährlich zur Verfügung gestellt.

Die Stimmung im Senat ist schlecht, ist die Koalition am Ende?

Ich bin kein Freund von Abgesängen. Die Wählerinnen und Wähler erwarten, dass diese Regierung die Wahlperiode erfolgreich zu Ende bringt. Alle Erfahrungen zeigen, dass ein vorzeitiger Koalitionsbruch nur akzeptiert wird, wenn es dafür einen absolut nachvollziehbaren Grund gibt. Mit so etwas spielt man nicht.

Hat es Sie geärgert, dass die Regierungsfraktionen auf Ihren Etatentwurf zusätzliche Ausgaben von 250 Millionen Euro draufgepackt haben? Etwa für kostenlose Kitas und ein Sicherheitspaket.

Damit haben beide Fraktionen eigene Schwerpunkte gesetzt. Das gehört nun mal zum Spiel der Kräfte, und das Budgetrecht ist das originäre Recht des Parlaments. Mir war wichtig, dass der von mir gesetzte Rahmen trotzdem eingehalten wurde. Es darf keine Neuverschuldung geben, und der Haushalt braucht jedes Jahr noch etwas Wasser unter dem Kiel. Es dürfen auch keine Reserven für den Notfall verfrühstückt werden.

Wie kommen Sie mit der Opposition klar?

Ich habe schon vor einem Jahr die Bereitschaft zum Gespräch und eine faire Zusammenarbeit zugesichert. Davon haben alle drei Fraktionen Gebrauch gemacht. Aber die Opposition weiß, dass ich an der Entschuldung Berlins weiter arbeiten will. Die Verwundbarkeit, die eine Stadt mit knapp 60 Milliarden Schulden hat, muss beseitigt werden.

Lässt sich an der Schuldenlast auf absehbare Zeit etwas ändern?

Am Jahresende werden Berlins Schulden voraussichtlich 49 Prozent des Bruttoinlandprodukts ausmachen. Das ist eindeutig zu viel. Ein normales Bundesland hat eine Quote von 30 Prozent. Es wird in Berlin wohl noch drei Wahlperioden dauern, also 15 Jahre, um dahin zu kommen. Das ist ein langer Weg, aber machbar.

Kann die Reform des Finanzausgleichs helfen, Berlin aus dem Sumpf zu ziehen?

Ja. Ich bin auch optimistisch, dass die Reform, die ab 2020 greift, bald unter Dach und Fach ist. Berlin würde nach den Berechnungen um 485 Millionen Euro jährlich besser gestellt und könnte seinen Weg der Schuldentilgung fortsetzen.

Was ist mit der Hauptstadtfinanzierung? Die Verhandlungen für einen neuen Vertrag sollen im Frühjahr abgeschlossen sein.

Es ist gut, dass sich der Bund seit vielen Jahren an den Kosten der hauptstadtbedingten Sicherheit beteiligt, die verkehrliche Infrastruktur und kulturelle Projekte fördert. Das wird wohl auch so bleiben. Ich höre bislang, dass sich der Bund bei der Hauptstadtkultur mehr engagieren möchte als bei den anderen Themen. Dem Senat ist aber auch daran gelegen, die Diskrepanz zwischen den realen Kosten für die innere Sicherheit und den bisherigen Zahlungen des Bundes auszugleichen. Es gibt auch noch andere Felder der Kooperation mit dem Bund. Der Gesprächsbedarf ist groß und wir versuchen, die Beziehungen auf eine breite Grundlage zu stellen.

Sie sind vom SPD-Ortsverband Südende, in Steglitz, für das Abgeordnetenhaus nominiert worden. Wollen Sie nach der Wahl 2016 auch Finanzsenator bleiben?

Wenn das möglich ist, ja. Das hängt aber von den Wählerinnen und Wählern ab, und vom Regierenden Bürgermeister, der mich wieder ins Amt berufen müsste. Meine Kandidatur ist ein Bekenntnis zu Berlin und zur SPD und es wäre doch gut, wenn das zu einem guten Wahlergebnis für meine Partei beitragen könnte.

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