Flüchtlinge in Berlin-Charlottenburg: Das neue Flüchtlingsamt eröffnet erst nach der Wahl
Zwar soll das Amt wie geplant im August seine Arbeit aufnehmen, der Standort in Charlottenburg aber erst im November eröffnen. Bei einer Bürgerversammlung ging es darum, wie Menschenschlangen vermieden werden können.
Durch den Kirchensaal ging ein Raunen, als diese Zahl genannt wurde: „1500 Flüchtlinge pro Tag“ könnten Geld und andere Leistungen künftig am Hauptsitz des geplanten Landesamts für Flüchtlingsangelegenheiten an der Charlottenburger Darwinstraße erhalten, hieß es bei einer Einwohnerversammlung in der nahen Gustav-Adolf-Kirche am Dienstagabend.
Mehr als 1200 Warteplätze im angemieteten Bürogebäude
Claudia Langeheine, Leiterin der Projektgruppe für die Gründung des neuen Amts, bemerkte die Unruhe unter den rund 350 Gästen. Schnell fügte sie hinzu, dass nur die Kapazität gemeint sei. Ob wirklich so viele Asylbewerber kommen werden, stehe nicht fest. Vor allem aber „sind wir fest davon überzeugt, dass wir alle im Gebäude unterbringen können“.
Es werde keine Warteschlangen und Zelte wie vor dem Landesamt für Gesundheit und Soziales (Lageso) an der Turmstraße in Moabit geben, betonte Wolf Plesmann von der Berliner Senatskanzlei. Er fungiert zurzeit als Stellvertreter des Staatssekretärs für Flüchtlingsfragen, Dieter Glietsch. Innerhalb des neuen Behördensitzes solle es mehr als 1200 Warteplätze geben, sagte Plesmann.
Die angestrebten Verbesserungen im Vergleich zum Lageso waren das Hauptthema des Abends. Der Charlottenburg-Wilmersdorfer Bürgermeister Reinhard Naumann (SPD) fand, nach den „Versäumnissen an der Turmstraße“ müsse man „endlich die Kurve kriegen“.
Wie berichtet, sollen die Hauptverwaltung des Flüchtlingsamts und die Zentrale Leistungsstelle für Asylbewerber (ZLA) in einem angemieteten Bürogebäude an der Darwinstraße eröffnen. Der Hauptausschuss des Abgeordnetenhauses hat die Mittel dafür gerade freigegeben. Dass man das neue Amt einrichten wolle, hatte man im Dezember vergangenen Jahres entschieden, damals hieß es "so schnell wie möglich", angepeilt war das Frühjahr. Dann war August als Eröffnungstermin festgelegt worden. Im August soll das Amt zwar offiziell gegründet werden, hieß es nun, erst im November soll es aber für die Öffentlichkeit zugänglich sein.
"Am 1. August beginnt das Flüchtlingsamt seine Arbeit", sagte Sascha Langenbach, stellvertretender Sprecher der Senatsverwaltung für Soziales, am Dienstag. Da dann aber am Standort in der Darwinstraße noch einige Umbauarbeiten zu tun seien, werde das Gebäude erst am 1. November öffnen.
Das ruft bei der Opposition Ärger hervor. Hakan Tas, innenpolitischer Sprecher der Linksfraktion, twitterte am Dienstagabend nach der Veranstaltung, dass der Termin "wohl doch nicht eingehalten werden" könne. Daraufhin stiegen weitere Abgeordnete in die Diskussion ein. Canan Bayram, die für die Grünen im Abgeordnetenhaus sitzt, twitterte "Tja, unser Änderungsantrag war LAF zum 1.1.2017 und nicht ohne Grund." Elke Breitenbach, arbeitspolitische Sprecherin der Linksfraktion, twitterte: "Wird dann den Nachfolgern überlassen - mal wieder viel Wind gemacht und dann wird's nicht fertig."
Im Lageso sprechen täglich nur noch etwa 25 Neuankömmlinge vor
Das Lageso sei für den Andrang der Flüchtlinge „nicht angemessen ausgestattet“ gewesen, sagte Sozial-Staatssekretär Dirk Gerstle. Allerdings habe sich auch die Situation in Moabit entspannt. Pro Tag würden nicht mehr bis zu 1000, sondern nur noch ungefähr 25 Neuankömmlinge gezählt. Es könne natürlich wieder einen Anstieg geben.
Mit Bussen und Bahnen ist der neue Standort nicht gut erreichbar
Als ungelöstes Problem an der Darwinstraße erwies sich die Anbindung an den öffentlichen Nahverkehr. Der U-Bahnhof Mierendorffplatz ist knapp einen Kilometer entfernt, die U-Bahnstation Richard-Wagner-Platz rund 1,4 Kilometer und der S-Bahnhof Jungfernheide etwa zwei Kilometer. Auch bis zu den nächsten Buslinien muss man ein paar hundert Meter weit laufen. Ein Anwohner aus dem Kiez fragte, ob ein Bus-Shuttle geplant sei, um große „Menschenwanderungen“ zu vermeiden.
Wolf Plesmann antwortete, diese Idee werde zumindest geprüft. Bei der Standortwahl habe man leider „keine besser erreichbare Alternative“ gefunden.
Ein mehrstufiges Verfahren soll dazu beitragen, dass Flüchtlinge sich nicht an einer Stelle drängen. Für die Erstregistrierung der Neuankömmlinge ist ein „Willkommenszentrum“ im ehemaligen Flughafen Tempelhof geplant. Danach geht es an der Bundesallee in Wilmersdorf weiter, wo sich Asylbewerber unter anderem medizinisch untersuchen lassen können und BVG-Fahrkarten sowie eine elektronische Gesundheitskarte erhalten. Außerdem soll Ende Mai eine „Leistungsstelle“ mit rund 100 Mitarbeitern im Internationalen Congress Centrum (ICC) eröffnen, das bereits als Notunterkunft dient.