Berlin-Charlottenburg: Das Ku'damm-Karree wird verkauft – rettet das die „Komödie“?
Das Ku’damm-Karree steht kurz vor dem Verkauf – und für die Boulevardtheater scheint eine überraschende Lösung möglich. Investoren wollen die 90 Jahre alte „Komödie am Kurfürstendamm“ erhalten, statt eine Ersatzbühne für Martin Woelffers Spielbetrieb zu bauen.
Im November wird die Komödie am Kurfürstendamm 90 Jahre alt, Intendant Martin Woelffer und sein Team bereiten schon eine Ausstellung vor – und möglicherweise werden sie sogar auf die Rettung der vom Abriss bedrohten Boulevardbühne anstoßen können. Denn nach Tagesspiegel-Informationen steht der irische Investor Ballymore kurz vor dem Verkauf des Ku’damm-Karrees mit der Komödie und dem ebenfalls von Woelffer geführten Theater am Kurfürstendamm. Und mindestens ein Teil der Verhandlungspartner plant, die Komödie zu erhalten, wie aus zuverlässiger Quelle zu erfahren war.
Bisher sehen die Neubauentwürfe des Stararchitekten David Chipperfield vor, beide Ku’damm-Bühnen abzureißen und dafür in der dritten Etage ein neues Theater mit 650 Plätzen und einem Eingangsbereich im Parterre zu bauen. Gegen den Abbruch der historischen, aber nicht denkmalgeschützten Säle gab es viele Proteste und ein Bürgerbegehren des Vereins „Rettet die Ku’damm-Bühnen“, das an zu geringer Wahlbeteiligung scheiterte.
„Ein neuer Investor könnte sich ein Denkmal setzen“
Für die überraschende neue Idee spricht, dass Probleme aus dem Weg geschafft würden. Denn ein Theaterneubau wäre nicht nur teuer für den Investor. Während der mehrjährigen Bauarbeiten für das neue Ku’damm-Karree bräuchte Woelffer auch eine Ersatzspielstätte. Dafür ist aber noch immer kein Standort in Sicht. Wird dagegen lediglich das Theater am Kurfürstendamm abgerissen, müsste der Spielbetrieb in der Komödie wohl nur kurz pausieren. Diese hat etwas mehr als 600 Sitzplätze.
Intendant Woelffer kannte die neue Entwicklung nicht. „Aber wenn es stimmt, würde ich es natürlich begrüßen“, sagte er auf Nachfrage. Dem Theaterneubau habe er ja nur zugestimmt, weil keine Alternative angeboten wurde. Nun habe ein Investor „die Chance, sich ein Denkmal zu setzen“. Er freue sich auf Gespräche, die es mit Ballymore zuletzt kaum noch gegeben habe.
Die Verkaufsabsicht steht in einem Prospekt
Dass seit einiger Zeit keine Fortschritte erkennbar waren, hat Ballymore wiederholt mit der Suche nach einem „Finanzierungspartner“ begründet. Doch inzwischen geht es um den vollständigen Verkauf. Das beweist unter anderem der vertrauliche Verkaufsprospekt der Maklerfirma Jones Lang LaSalle, der dem Tagesspiegel vorliegt.
„Die Transaktion soll als direkte Akquisition des Volleigentums erfolgen oder durch Übernahme der Gesellschaftsanteile“, heißt es in dem „Investment Memorandum“.
Daraus geht auch hervor, dass der Kulturstandort mit einem Theater für 20 Jahre zu sichern sei.
Auf der Immobilie lastet demnach eine Grundschuld von 102 Millionen Euro, Gläubiger ist die Bank of Ireland. Ballymore war durch die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise in Schwierigkeiten geraten. Das Unternehmen steht unter Kontrolle der staatlichen irischen „Bad Bank“ Nama, die den Verkauf des Karrees verlangt haben soll. Dabei dürfte Ballymore versuchen, mindestens die 155 Millionen Euro wieder hereinzuholen, die man 2007 für den Erwerb gezahlt hatte.
Mögliche Bauherren bitten um Beratung
Dem Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf sind die Verkaufspläne bekannt. Baustadtrat Marc Schulte (SPD), sagt, man habe von Dritten davon erfahren. Stadtplanungsamtsleiter Rainer Latour wird deutlicher: Investoren hätten bereits um „Bauberatungen“ gebeten – man habe jedoch abgelehnt. Für den Bezirk bleiben erst einmal die mit Ballymore und Architekt Chipperfield abgestimmten Pläne die Grundlage. Die Iren seien allerdings „kein leichter Verhandlungspartner“, beklagt Schulte.
Dem Vernehmen nach gab es sehr viele Kaufinteressenten, nun verhandelt Ballymore in der Endrunde wohl nur noch mit weniger als einer Handvoll Investoren.
Ballymore will Projektentwickler bleiben
Ballymore-Direktor Paul Keogh sagte dem Tagesspiegel, Berlin werde „bald Fortschritte sehen“. Zu den Verhandlungen nannte er keine Details, bestritt aber, dass man sich ganz zurückziehen wolle. Manchmal kooperiere sein Unternehmen mit Partnern. In anderen Fällen habe man Grundstücke verkauft und sei dennoch „Entwicklungsgesellschaft für die neuen Investoren“ geblieben.
Abweichungen von Chipperfields Konzept scheinen nicht nur bei den Theatern möglich. Im Frühjahr 2013 hatte der Architekt zur Freude der Bezirkspolitiker den Bau von Wohnungen im 23-stöckigen Bürohochhaus angekündigt, das zum Karree gehört und nicht abgerissen werden soll. Doch die möglichen Käufer sollen kaum Interesse an Wohnungen haben.
Luxusshopping oder Massenware?
In einer neuen Shoppingpassage wären laut dem Maklerprospekt rund 40 000 Quadratmeter Verkaufsfläche möglich, was der Größe eines Einkaufszentrums wie den Potsdamer-Platz-Arkaden in Mitte entspricht.
Der Einzelhandelsexperte Christoph Meyer von der Firma CM Best Retail hat gehört, dass manche Interessenten „auf ein absolutes Luxuskonzept abzielen“. Andere setzten dagegen auf „Massenkonsum mit viel junger Mode“. Doch dafür sei das von anderen Investoren geplante Center rund um Karstadt am Ku’damm geeigneter, dort lägen die Passantenzahlen viel höher.
Sollten beide Projekte zeitgleich mit ähnlichen Konzepten auf den Markt kommen, befürchtet Meyer einen „für die Bauherren ruinösen Wettbewerb“.
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