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Die Aussicht auf Containerbauten statt richtiger Schulen beunruhigt Eltern und Lehrer - vor allem im schnell wachsenden Pankow.
© Jörg Carstensen/dpa
Update

Bevölkerungswachstum in Berlin: Brandbrief und Demo: Schulalarm in Pankow

Pankow wächst und wächst. Der Druck auf die Schulen wird immer größer. Stadtrat Kirchner fordert ein Schulbauprogramm.

Jetzt kocht auch in Pankow der Schulfrust richtig hoch. Am Montag gingen nach Elternangaben knapp 1000 Schüler, Kitakinder, Erzieher, Lehrer, Mütter und Väter und Eltern auf die Straße, um auf den akuten Platzmangel an den Schulen im Norden Berlins aufmerksam zu machen. Denn Pankow ist beliebt und verzeichnet seit Jahren die größten Zuzugsraten aller Berliner Bezirke. Bis 2025 bräuchte der Norden laut Prognosen daher etwa 16 Grundschulen, 5 Gymnasien und mindestens 3 Sekundarschulen zusätzlich.. Diese Zahlen seien vor allem deshalb besorgniserregend, weil in Berlin „von der Idee bis zur Eröffnung einer Schule“ bislang gut zehn Jahre vergingen, heißt es in einer Mitteilung der Elterninitiative „Bildung braucht Platz“.
Während zwar ständig neue Kitas eröffnet würden, entstünden kaum neue Schulen. Schon jetzt würden Horträume zu Unterrichtsräumen umfunktioniert, Klassen würden immer größer. „So werden unsere Kinder künftig nicht mehr betreut, sondern verwahrt.“ Selbst Grundschüler müssten unzumutbar lange Schulwege auf sich nehmen, weil in ihrer Einzugsschule in der Nachbarschaft kein Platz für sie sei.
Da Bezirksamt signalisiert Verständnis für die Sorgen der Eltern: „Wir brauchen analog zum Wohnungsbauprogramm ein Schulbauprogramm“, forderte am Mittwoch Stadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne) gegenüber dem Tagesspiegel. Andernfalls werde es angesichts der Konkurrenz um Gelder und Flächen schwierig, überall genug Schulplätze zu schaffen. Kirchner ist im Bezirk für Stadtentwicklung zuständig.

Bezirk für Bezirk - die Übersicht.
Bezirk für Bezirk - die Übersicht.
© Ulla Schilli

Brandbrief an den Senat

Im Dezember hatte sich bereits der Schulbeirat des Bezirks Pankow mit einem Brandbrief an den Senat gewandt. „Wir als Bezirksschulbeirat Pankow möchten Sie dringend ersuchen, endlich Maßnahmen im Zuge der wachsenden Stadt zu ergreifen, die die schulischen Versorgungen im Land Berlin nachhaltig qualitativ sichern“, heißt es darin. Uta Lindstädt, Vorsitzende des Beirats, hat den Brief verfasst. „Nach meinem letzten Gespräch mit dem Schulplaner des Bezirks bin ich höchst alarmiert“, sagte sie dem Tagesspiegel. Denn während Pankow beim Wohnungsbau in Berlin seit Jahren vorn liege, hinke der Schulbau beängstigend hinterher. „Es kann nicht sein, dass Wohnungen nach einer Baugenehmigung in ein bis zwei Jahren fertiggestellt werden, Schulen aber erst viele Jahre später“, sagt Lindstädt. Bei einigen Großprojekten wie der Bebauung der Elisabeth-Aue und der Erschließung des alten Güterbahnhofsgeländes im Zentrum des Altbezirks würden zwar auch Schulen mitgeplant. Viele neue Wohnungen entstünden aber durch Lückenschlüsse im Stadtgebiet – ohne begleitende Schulplanung.

Seit langem herrscht an einzelnen Pankower Schulen drangvolle Enge. Dieses Problem betrifft absehbar fast alle Standorte. Bildungsstadträtin Lioba Zürn-Kasztantowicz (SPD) mahnt seit Jahren, dass die räumliche Situation „aus dem Ruder läuft“. „Der Bezirk weiß nicht, wie er die nächsten fünf Jahre überbrücken soll“, zitiert ein Grundschulleiter einen Mitarbeiter des Schulamtes. Eltern und Rektoren berichten von Grundschulklassen mit 28 Kindern, in denen auch Flüchtlingskinder sitzen, weil Willkommensklassen fehlen. .
„Es ist zu bezweifeln, dass unter den jetzigen und kommenden Bedingungen die Schulqualität und die pädagogischen Programme und Profile der Schulen zu halten sind“, schreibt der Bezirksschulbeirat und fordert auch mehr qualifizierte Lehrer und Erzieher für Pankow.

Eine Antwort des Senats soll unterwegs sein

„Wie sieht ein geeignetes und zukunftsfähiges Handlungskonzept aus den betreffenden Senatsverwaltungen aus, was sind ihre konkreten Planungen?“, fragt Lindstädt in ihrem Brief, den sie an die zuständigen SPD-Senatoren Sandra Scheeres (Bildung), Matthias Kollatz-Ahnen (Finanzen) und Andreas Geisel (Stadtentwicklung) adressiert hat.

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