Flüchtlinge in Berlin-Kreuzberg: Bezirk darf Gerhart-Hauptmann-Schule bis auf Weiteres nicht räumen
In den vergangenen Tagen schien es, als stünde eine Räumung kurz bevor, doch nun kommt alles ganz anders: Das Verwaltungsgericht Berlin hat entschieden, dass die besetzte Gerhart-Hauptmann-Schule vorerst nicht geräumt werden darf - womöglich mehrere Wochen lang nicht.
Die Gerhart-Hauptmann-Schule in Berlin-Kreuzberg darf bis auf weiteres nicht geräumt werden. Das hat die 1. Kammer des Verwaltungsgerichts Berlin am Freitagmittag beschlossen. In der Begründung heißt es, es müsse noch geklärt werden, ob die Flüchtlinge ein Nutzungsrecht an den Räumen der Schule hätten. Nach Auskunft des stellvertretenden Sprechers des Verwaltungsgerichts Kai-Christian Samel "könnte das auch mehrere Wochen dauern".
Samel sagte: "Damit ist nicht entschieden, ob eine Räumung der Schule rechtmäßig wäre oder nicht." Laut Beschluss des Verwaltungsgerichts hat zumindest einer der Flüchtlinge ein seit der Einigung vom Juli 2014 bestehendes Nutzungsrecht in jedem Fall an den Räumen im 3. Obergeschoss glaubhaft gemacht. Geklärt werden muss nun zum einen, ob dieses Nutzungsrecht weitere Räume umfasst - aber vor allem, ob es seit Sommer wirksam beendet oder anderweitig aufgehoben wurde.
Das Gericht will also klären, ob die Entscheidung des Bezirksamts Friedrichshain-Kreuzberg, die Flüchtlinge der Schule zu verweisen, überhaupt rechtsgültig ist. Weil der Bezirk Friedrichshain-Kreuzberg in der Vergangenheit mehrmals angekündigt hatte, das Gebäude zeitnah räumen lassen zu wollen, um die ehemalige Schule zu einem Flüchtlingszentrum umzubauen, erließ das Verwaltungsgericht die Zwischenverfügung bis zum Ende der Verhandlung. Die Flüchtlinge bekommen also Rechtsschutz vom Gericht, bis eine Entscheidung getroffen ist.
Bezirksbürgermeisterin Monika Herrmann sagte dazu: "Es ist völlig normal, dass in dieser für alle nicht leichten Situation alle Mittel des Rechtsstaates ausgeschöpft werden. Wir warten die Gerichtsentscheidung ab und werden uns dann entsprechend positionieren."
Der Antrag war beim Amtsgericht Tempelhof-Kreuzberg eingegangen und am Donnerstag ans Verwaltungsgericht weiterverwiesen worden. In der Überweisung hieß es, dass ein Mietverhältnis ausgeschlossen werden könne, weil die Flüchtlinge ja keine Miete zahlen.
Hinweis der Redaktion: In einer ersten Version dieses Artikels stand, dass "die Flüchtlinge" ein Nutzungsrecht glaubhaft machen konnten. Geklagt hatte allerdings nur ein Flüchtling, über dessen Fall das Gericht entschieden hat. Der Text wurde entsprechend geändert.
Bodo Straub