zum Hauptinhalt
Alarmübung "Schaukelpferd": Ein britischer Panzer rollt nachts zur Havelüberquerung aus der damaligen Smuts-Kaserne. Dieses Foto entdeckte Tagesspiegel-Reporter Rainer W. During in seinem Altarchiv.
© During

Kaserne in Berlin-Spandau: Als die Briten-Panzer nachts durch Spandau rollten

Hier saß Hess im Gefängnis, hier parkten die Verteidigungspanzer für West-Berlin. Und hier entsteht ein immer größerer Schulcampus - jetzt auch mit Internat.

Königliche Hoheiten haben oft im Schatten der Backsteinbauten an der Spandauer Wilhelmstraße gestanden. Zuletzt war es 1987 Prinzessin Anne, die einzige Tochter von Queen Elisabeth II., die in ihrer Eigenschaft als Ehrenoberst „ihre“ Einheit besuchte.

Nach Kriegsende hatten die britischen Truppen die Kaserne übernommen. Gleich nebenan stand das einstige Festungsgefängnis, in dem die Alliierten die im Nürnberger Prozess verurteilten Kriegsverbrecher inhaftiert hatten. Es wurde 1987 nach dem Tod des letzten Häftlings Rudolf Hess abgerissen, auf dem Areal entstand das Britannia Center, ein Einkaufszentrum für die britischen Militärangehörigen.

18 Panzer waren hier stationiert

Seit dem Abzug der Alliierten 1994 befinden sich hier ein Supermarkt sowie Arztpraxen. In der Smuts-Kaserne war zu Mauerzeiten Panzereinheiten stationiert. Mit nur 18 Panzern ausgestattet, die in Garagen auf dem Kasernengelände untergestellt waren, sollten sie einem Versuch der Sowjetunion, West-Berlin zu annektieren, entgegentreten. Die Alarmbereitschaft wurde meist nachts mit überraschenden Übungseinsätzen unter dem Codenamen „Schaukelpferd“ (Rocking Horse) überprüft.

Ab in den Container. Das alte Hotel wird ein Internat.
Ab in den Container. Das alte Hotel wird ein Internat.
© Rainer W During
Früher konnte es schon mal vorkommen, dass diese Ungetüme plötzlich zur Havel rollten und den Fluss überquerten. Verrücktes West-Berlin der 80ern. Es war eine Übung der Soldaten.
Früher konnte es schon mal vorkommen, dass diese Ungetüme plötzlich zur Havel rollten und den Fluss überquerten. Verrücktes West-Berlin der 80ern. Es war eine Übung der Soldaten.
© Rainer W. During

Dann musste die Besatzungen mit ihren Panzern auch schon mal im Winter bei 20 Minusgraden um Mitternacht zum Havelufer rollen und den Fluss auf Spezialfähren überqueren, so als wären die Brücken gesprengt worden.

Das Hotel wurde 1980 erbaut

Wurden Offiziere mit ihren Familien in Doppel- und Reihenhäusern untergebracht, mussten sich einfache Soldaten meist Mehrbettzimmer teilen. Geradezu eine Revolution stellte deshalb der siebengeschossige Kasernenneubau dar, der 1980 für zehn Millionen D-Mark aus dem Besatzungskostenhaushalt mit Einzelzimmern errichtet wurde. Angesichts des ungeahnten Komforts tauften die Soldaten das Gebäude auf den Spitznamen „Smuts-Hilton“.

Grundschule, Kita, Sekundarschule ....

1997 wurde das Gebäude nach mehrjährigem Lehrstand vom damaligen Bundesvermögenamt für zehn Jahre an das in der Hotelbranche erfahrene Ehepaar Sch. aus Friedrichshain vermietet. Aus den Anfangsbuchstaben des Familiennamens und dem Ende des Spitznamens entstand mit Genehmigung des Berliner Hilton-Hotels der Name Schilton-Hotel. Es wurde mit seinen 135 Zimmern zu einem beliebten, preisgünstigen Quartier für Monteure, Studenten und Touristen. Es scheiterte als britischer Militärbau schließlich an verschärften deutschen Brandschutzbestimmungen.

2012 verkaufte die Bundesanstalt für Immobilienaufgaben (BImA) gut die Hälfte des rund 160.000 Quadratmeter große Areals der ehemaligen Smuts-Kaserne an den deutsch-türkischen Verein TÜDESB, der dort die Wilhelmstadt-Schulen mit Gymnasium, integrierter Sekundarschule, Grundschule und Kita betreibt. Auch das „Schilton“ wechselte so seinen Besitzer. Es wird gegenwärtig umgebaut, dort sollen im Rahmen einer Erweiterung zum Internat Quartiere für Schüler entstehen. Der Rest des Areals wird unter anderem von der Bundesanstalt für Geowissenschaften und Rohstoffe genutzt.

"Der Rest steht nicht zum Verkauf"

„An der übrigen Teilfläche besteht Bundesbedarf. Sie ist daher für Zwecke des Bundes nicht entbehrlich und steht nicht zum Verkauf“, so der Sprecher der Bundesanstalt für Immobilienaufgaben, Guido Déus. Als ausgewiesenes Industriegebiet ist das Areal für den Wohnungsbau ungeeignet, so Baustadtrat Carsten Röding (CDU). Dafür gebe es aber genügend andere Flächen im Bezirk.

Mehr Spandau im Tagesspiegel? Aber gerne doch! Sie finden uns bei Facebook unter www.facebook.com/tagesspiegelspandau, bei Twitter unter @Tsp_Spandau und natürlich unter www.tagesspiegel.de/spandau

Zur Startseite