Bezirksamt Pankow: AfD sieht "Missverständnisse" um Kandidaten ausgeräumt
Die AfD steht zu ihrem Kandidaten Nicolas Seifert als Stadtrat in Pankow und rechnet sich bei der nächsten BVV-Sitzung Chancen für ihn aus. Sollte er im Bezirksparlament wieder nicht gewählt werden, will die Partei vor Gericht ziehen.
Die AfD will am kommenden Mittwoch einen neuen Anlauf nehmen, ihren Stadtrat in Pankow ins Amt zu bringen. Und die AfD-Fraktion im Bezirksparlament "rechnet sich diesmal gute Chancen aus", dass der Unternehmensberater Nicolas Seifert auch tatsächlich gewählt wird, wie sie in einer Pressemitteilung schreibt. Seifert selbst sagte dem Tagesspiegel, sollte er wieder scheitern, wolle seine Partei vor Gericht ziehen.
Die Posten im Bezirksamt werden nach Stimmanteilen bei der Wahl vergeben. Und da die AfD in Pankow bei der Bezirkswahl 13,3 Prozent der Stimmen erhielt, hat sie nun Anspruch auf einen Stadtrat. Doch ihr Kandidat Nicolas Seifert ist in der Bezirksverordnetenversammlung (BVV) bereits in sechs Wahlgängen durchgefallen. Die Partei hat den BVV-Fraktionen nun ein dickes Dossier vorgelegt, das Seiferts Eignung noch einmal belegen soll. "Augenscheinlich bestanden bei Teilen der BVV, insonderheit bei der rot-rot-grünen Zählgemeinschaft, hartnäckige Missverständnisse und Fehlinterpretationen bzw. offenkundige Informationsdefizite. Ich denke, wir sind gerade dabei, vieles davon zu entkräften und auszuräumen", wird Fraktionschef Stephan Wirtensohn in der Pressemitteilung seiner Fraktion zitiert. Er betont, Seifert sei ein "politisch unideologisch agierender Kandidat".
Seifert sieht sich als Projektmanager mit langjähriger Berufserfahrung gut gerüstet für das Bezirksamt. Bei einer kurzen Vorstellung in der BVV hatte er Ende vergangenen Jahres außerdem damit geworben, dass er durch seine projektbezogene Tätigkeit in der Lage sei, sich schnell in neue Themen einzuarbeiten. "Es gab schon weniger qualifizierte Kandidaten, die ohne Probleme gewählt worden sind", sagte er jetzt dem Tagesspiegel.
Das nun vorbereitete, nicht öffentliche Dossier nimmt laut Seifert auch zu seinen angeblichen charakterlichen Schwächen Stellung. Seifert war vor gut einem Jahr bei einer AfD-Demonstration mit einem ZDF-Satirereporter aneinandergeraten, der den Protestzug zu einem Karnevals-Event erklärte und als Clown verkleidet Demonstranten ansprach. Seifert sagt dazu, er habe sich provoziert und beleidigt gefühlt und dem Reporter deshalb die Clowns-Maske vom Kopf gezogen. In der Folge kam es zu einem Handgemenge zwischen Seifert und dem Reporter. Der Vorfall wird in den BVV-Fraktionen als einer der Hauptgründe für den Widerstand gegen Seifert genannt. Einhellig ist die Ablehnung aber nicht. Da auch der ZDF-Reporter in der Situation keine sehr gut Figur abgibt - er bekundet in seinem Beitrag unter anderem, er fände es gut, dass Gegendemonstranten den AfD-Leuten "auf die Fresse hauen" wollten - und da Seifert bisher weder durch rassistische oder nationalistische Parolen aufgefallen ist, gab es in der BVV zuletzt auch schon Ja-Stimmen für ihn, die nicht aus seiner eigenen Partei stammten. Viele Verordnete enthielten sich auch der Stimme, statt gegen Seifert zu stimmen. Öffentlich Partei ergreifen will für ihn bisher aber niemand. Auch Bürgermeister Sören Benn (Linkspartei) könnte wohl mit Seifert im Kollegium leben.
Entschuldigen will sich Seifert für den Clown-Vorfall nicht. Er vergleicht die Situation unter anderem mit den Eierwürfen 1991 auf Helmut Kohl in Halle. Auch Kohl habe sich damals gegen die Provokation zur Wehr gesetzt. “Ich habe den BVV-Fraktionen aber zugesagt, dass ich zurücktrete, wenn so etwas nochmal passiert”, sagte Seifert dem Tagesspiegel. Sollte er am Mittwoch erneut nicht gewählt werden, werde seine Partei vor Gericht ziehen. Eine Klage sei in Vorbereitung.