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Danke der Nachfrage. Wer ein neues Zuhause sucht, hat es derzeit schwer. Nun sollen zumindest diejenigen besser geschützt werden, die schon eine Wohnung haben.
© dpa/Peter Kneffel

Hilfe gegen steigende Mieten: Bezirke wollen elf weitere Milieuschutzgebiete ausweisen

Mit der neuen Umwandlungsverordnung sollen profithungrige Investoren in Szenekiezen ausgebremst werden. Piraten und Grüne würden am liebsten die ganze Stadt mit Milieuschutz überziehen. Senator Geisel will den Bezirken bei der Umsetzung helfen.

Der Senat will die Bezirke bei der Umsetzung der neuen Umwandlungsverordnung unterstützen. Das sicherte Stadtentwicklungssenator Andreas Geisel (SPD) am Mittwoch im Bauausschuss des Abgeordnetenhauses zu. Die Bezirke mit Milieuschutzgebieten, in denen die Verordnung greift, könnten dafür auch zusätzliches Personal einstellen. Zu den 21 bestehenden Quartieren mit Milieuschutz könnten mittelfristig noch elf weitere hinzukommen, sagte Geisel. Voraussetzung ist eine förmliche Untersuchung, ob der Verkauf von Wohnungen die soziale Zusammensetzung der Bewohnerschaft verändert hat. Bezirken, die solche Untersuchungen aus Geldmangel scheuen, sicherte Geisel finanzielle Hilfe des Senats zu.

Bislang haben vor allem Pankow, Friedrichshain-Kreuzberg und Tempelhof-Schöneberg Milieuschutzgebiete ausgewiesen. In diesen Quartieren müssen Sanierungsvorhaben grundsätzlich genehmigt werden. In einer Satzung können die Bezirke festlegen, dass bestimmte Maßnahmen wie die Zusammenlegung von Wohnungen oder der Einbau eines Gästebades unterbleiben sollen. Jetzt kann auch die gängige Praxis, Miet- in Eigentumswohnungen umzuwandeln, nach Prüfung des Einzelfalls untersagt werden. Dafür hatten SPD, Grüne und Piraten lange geworben. Letztlich gab die CDU ihren Widerstand auf. Am Dienstag wurde die Verordnung im Senat beschlossen.

Für Investoren, die unsanierte Altbauten in Szenequartieren aufkaufen, war es bislang ein lohnendes Geschäft, die Mieter aus ihren Wohnungen zu vergraulen, um sie anschließend als Eigentumswohnungen zu verkaufen. Insider gehen von einer Verdreifachung des ursprünglichen Hauspreises aus. „Ein tolles Geschäftskonzept", sagt Pankows Baustadtrat Jens-Holger Kirchner (Grüne), „nur sind dabei eben die Mieter auf der Strecke geblieben." Die neue Umwandlungsverordnung verbietet nun Investoren, Wohnungen ohne weiteres an Interessenten zu verkaufen. Innerhalb einer siebenjährigen Sperrfrist ist nur der Mieter berechtigt, seine Wohnung zu kaufen. „Das haben wir seit 2012 immer wieder gefordert", sagt Kirchner.

Aufzüge dürfen nicht verboten werden

Aus der Sicht des Mietervereins ist der Beschluss des Senats „sehr vernünftig". Er nehme den Druck aus der Modernisierung, so der Geschäftsführer des Mietervereins, Reiner Wild. Bislang habe die Rechtsprechung die Genehmigungsvorbehalte gegen Luxussanierungen oftmals ausgehöhlt. „Das hat bei Anbauten von Aufzügen an Häusern angefangen, die natürlich den Wohnraum teurer machen.“ Die Gerichte argumentierten jedoch, dass Barrierefreiheit kein Luxus sei.

Kritik an der neuen Verordnung kommt von den Hauseigentümern. Dieter Blümmel, Sprecher von Haus und Grund: „Der Senat nimmt ausgerechnet jetzt, wo die Eigentumsbildung durch die niedrigen Finanzierungskosten so leicht ist wie nie, die Chance, etwas für die Alterssicherung zu tun.“ Beim genauen Hinsehen, so Blümmel, sei die Situation des Mieters nach einer Umwandlung von Miet- in Eigentumswohnungen viel besser als zuvor: „Die Kündigungsfrist vervielfacht sich auf über elf Jahre.“

Leute sollen ihre Wohnungen selber bauen, findet Stadtrat Panhoff

Hans Panhoff, grüner Baustadtrat von Friedrichshain-Kreuzberg, hielt im Bauausschuss dagegen: „Die Leute möchten sich ihr Wohnungseigentum bitte selbst bauen.“ Dass Erbschaften oder angesparte Vermögen in den Wohnungsmarkt fließen, sei zwar begrüßenswert, aber damit sollte nur der Neubau angekurbelt werden. Grüne und Piraten würden gerne die gesamte Stadt, auch die Randbezirke, mit dem Instrument Milieuschutz beglücken, doch davon hält Senator Geisel überhaupt nichts. Die Gebiete müssten sorgfältig ausgewählt und untersucht werden, damit es nachher nicht zu erfolgreichen Klagen von betroffenen Investoren kommt.

Möglich ist in den bislang 21 Quartieren auch, ein städtisches Vorkaufsrecht auszuüben. Das sei bislang aber nicht geschehen, wegen der am Markt üblichen überhöhten Preise, sagte Panhoff. Zudem könnten die zeitlichen Fristen nicht eingehalten werden.

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