Debatte um Eingriffsrecht in Berlin: Bezirke gehen auf Distanz zu Michael Müller
Berlins Regierender Bürgermeister Michael Müller forderte kürzlich ein Eingriffsrecht des Senats beim Wohnungsbau. Seine Kollegen aus den Bezirksämtern sehen den Vorstoß kritisch.
Die Forderung von Berlins Regierendem Bürgermeister Michael Müller (SPD) nach einem Eingriffsrecht des Senats hat in den Bezirken breiten Widerspruch ausgelöst. Lichtenbergs Bezirksbürgermeister Michael Grunst (Linke) warf Müller „schlechten politischen Stil“ vor: „Das wiederholte Bezirke-Bashing von Herrn Müller nervt“, sagte Grunst. Die Bezirke wüssten, was für eine funktionierende Stadt zu tun sei. „Dass zentrale Anliegen nicht in der notwendigen Geschwindigkeit bearbeitet werden, ist vor allem ein Problem der mangelnden gesamtstädtischen Steuerung und der Ressourcen“, sagte Grunst. Er wünsche sich keine „rüden Ansagen“.
Müller hatte gefordert, der Senat müsse in Streitfällen – etwa bei größeren Wohnungsbauprojekten oder bei überlangen Verfahren – in die Bezirksbelange eingreifen können. Dafür sei Regierungspolitik da, dafür müssten Gesetze geändert werden. Das Durchgriffsrecht war im Zuge der Bezirksfusionen abgeschafft worden.
Gemeinsame Lösungen helfen mehr als "pauschale Schuldzuweisungen"
Grunsts Parteifreundin aus Marzahn- Hellersdorf, Dagmar Pohle, sagte, sie sei „sehr verwundert“ über Michael Müllers Ausführungen und sie frage sich, „welchen Handlungsspielraum die Bezirke eigentlich haben, wenn sie auf Antworten oder gar Entscheidungen der Hauptverwaltungen warten“.
„Wenn jeder auf Landes- und auf Bezirksebene seine Hausaufgaben machen würde, bräuchten wir solche Debatten nicht“, sagte Neuköllns Bezirksbürgermeisterin Franziska Giffey (SPD). Senat und Bezirke sollten transparent arbeiten und sich gegenseitig informieren. „Bei auftretenden Problemen muss man miteinander sprechen und gemeinsam nach Lösungen suchen, das hilft mehr als pauschale Schuldzuweisungen“, sagte Giffey.
Neuköllns Stadtentwicklungsstadtrat Jochen Biedermann (Grüne) nannte Müllers Vorstoß eine Scheindebatte und unklug. Der Senatseingriff bei der Bauplanung für das Buckower Feld habe nichts beschleunigt. „Wenn der Senat den Wohnungsbau beschleunigen will, soll er uns personell in die Lage versetzen, das auch leisten zu können“, sagte er. Spandaus Bürgermeister Helmut Kleebank (SPD) hatte erklärt, das Eingriffsrecht sei nicht nötig, „wenn das Land auf die Bezirke hören würde“ – etwa bei den Warnungen zum Schulsanierungsstau, zur Personalnot der Bürgerämter oder zur Überlastung durch die Flüchtlingskrise.