Berlin-Grünau: Bezirk und Eigentümer streiten um ehemalige Gaststätten
Eigentlich hatten sie am Dahme-Ufer große Pläne, doch längst reden nur noch die Anwälte miteinander: Jetzt wollen Anwohner den Abriss zweier berühmter Traditionsgaststätten in Grünau verhindern.
Die denkmalgeschützten Vergnügungstempel aus der Kaiserzeit in Grünau sollen mit Hilfe eines Bebauungsplans gerettet werden. Das sagte der SPD-Abgeordnete Robert Schaddach dem Tagesspiegel. Eine Initiative will Unterschriften für einen Einwohnerantrag sammeln, der die Aufstellung eines Bebauungsplans zum Ziel hat. Die Gaststätten Riviera und Gesellschaftshaus verfallen seit der Wende und sind nach Ansicht des Bezirksamts Treptow-Köpenick inzwischen akut einsturzgefährdet. Die Eigentümer wollen nur einen Teil des Gebäudeensembles erhalten und auf dem Grundstück an der Dahme Stadtvillen bauen.
Die mit neobarocken und Jugendstil-Elementen verzierten Häuser machten Grünau und seine Regattastrecke vor 100 Jahren zu einem gesellschaftlichen Treffpunkt, der dem Wannseeufer in nichts nachstand. Die Gebäude wurden nach der Wende von der Treuhand übernommen und verfielen. Erst 2006 konnten die Häuser verkauft werden, doch das angekündigte Kongresshotel mir Marina ließ auf sich warten. Inzwischen reden nur noch die Anwälte miteinander. Robert Schaddach stellte vor ein paar Jahren den Antrag, das Grundstück zu enteignen, doch das ist rechtlich kaum durchsetzbar.
Gerüstbau unter falschen Vorausetzungen
Das Bezirksamt forderte schon 2014 die Eigentümer auf, die Decke des Festsaals der Riviera mit einem Gerüst zu sichern. Als nichts geschah, ließ das Bauamt ein Gerüst aufbauen, für mehr als 100 000 Euro, die dem Eigentümer in Rechnung gestellt wurde. Der klagte dagegen und bekam vor dem Verwaltungsgericht Recht. Ein Gutachter des Bezirks hatte von einer Holzdecke gesprochen, doch der Eigentümer konnte versichern, dass die Decke von Stahlträgern gehalten wird. Das Gerüst sei also unter falschen Voraussetzungen aufgebaut worden.
Baustadtrat Rainer Hölmer (SPD) spricht von einem „Schiffbruch“ vor Gericht, sieht aber trotzdem gute Chancen, in der nächsten Instanz, dem Oberverwaltungsgericht, doch noch zu obsiegen. „Die Decke bleibt einsturzgefährdet, zumindest partiell.“ Das Gerüst sei nur eine von vier Sicherungsanordnungen gegen den Eigentümer. Mit einem solchen Vorgehen auf Basis des Denkmalrechts habe man in Berlin noch nicht viel Erfahrung.
Da das Grundstück vor zehn Jahren erworben wurde, läuft jetzt die Spekulationsfrist ab – der Eigentümer könnte also die Gebäude ohne steuerliche Nachteile wieder verkaufen. Angeblich wurden sie bereits für zehn Millionen Euro angeboten. 2006 bezahlten die Besitzer weniger als eine Million. Einen Kompromissvorschlag, nur einen der beiden Festsäle zu erhalten und daneben Stadtvillen und Wohnungen zu bauen, lehnte der Bezirk ab. Denkbar wäre, in die Säle Apartments einzubauen, ohne ihren Charakter zu zerstören, doch dieser Kompromissvorschlag sei nicht aufgegriffen worden.
Mehrere Häuser im Südosten verfallen
Agnete von Specht vom Verein „Denk mal an Berlin“ findet es „skandalös“, dass die ehemaligen Prachtbauten an der Dahme zur Ruine verkommen sind. „Zehn Jahre hat man abgewartet“, viel zu lange, sagt sie. Jeder Besitzer eines denkmalgeschützten Hauses müsse sich bauliche Veränderungen von der Unteren Denkmalschutzbehörde absegnen lassen, aber „bei den großen Investoren passiert gar nichts.“
Die beiden Häuser an der Dahme sind nicht die einzigen gefährdeten Denkmale im Südosten der Stadt. Auch der ehemaligen Gaststätte Eierhäuschen an der Spree im Plänterwald drohte wegen jahrelanger Vernachlässigung der schleichende Verfall. Inzwischen wurde das Haus gesichert. Der Hauptausschuss hat Gelder für die Sanierung eingeplant.
Thomas Loy
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