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Viele Kleinunternehmer könnten vom Auto aufs Lastenfahrrad umsteigen - diese Bestatterin aus Kopenhagen macht es vor.
© dpa

Transport ohne Auto: Bezahlt mein Lastenfahrrad!

München und Wien machen es vor: In beiden Städten bekommt Zuschüsse, wer sich ein Cargobike anschafft. Klug investiertes Steuergeld, das die Parkplatznot lindert, den Verkehr entzerrt und die Luft klärt, findet unsere Autorin. Warum nicht auch in Berlin?

Neulich nebenan in Kreuzberg. Eine Tischlerfirma hat ihren Lieferwagen quer über den Gehweg geparkt, um Werkzeug und Holz auszuladen. Ich versuche, vorbeizukommen. Für Fußgänger ist kaum Platz, und wenn sie ein Fahrrad schieben, wird es richtig schwierig. Darauf angesprochen entschuldigt sich der Tischler mit einem freundlichen Schulterzucken: „Geht in Berlin nun mal nicht anders, bei der katastrophalen Parkplatzsituation.“

Das ginge sehr wohl, widerspreche ich. Und zwar mit einem Lastenfahrrad.

Der Tischler guckt mich verständnislos an. Privat fahre er zwar viel Fahrrad, sagt er, aber doch nicht beruflich. Und außerdem müsse er jetzt weiterarbeiten. Leider will er sich nicht anhören, was ich ihm über einen anderen Kreuzberger Tischler erzählen könnte, der ausschließlich mit einem zweirädrigen Lastenrad unterwegs ist und damit ganze Schranktüren, 150 Kilo Werkzeug und bis zu 2,40 Meter lange Bretter transportiert – und das bis nach Zehlendorf.

Mancher Tischler transportiert schweres Werkzeug und lange Bretter auf zwei Rädern

Es gibt sie in Berlin: die Gewerbetreibenden, Lieferanten und Familien, die sich für ein Lastenrad statt für ein Auto entscheiden, mit oder ohne Elektro-Unterstützung, mit zwei oder mit drei Rädern. 250 Kilo und eine ganze Euro-Palette können etwa die Dreiräder der Transportfirma Velogista durch die Stadt kutschieren. Auf den schnellen zweirädrigen Bullits sind viele Kuriere unterwegs. Mein Mann und ich haben uns ein Lastenrad angeschafft, als unser Kind noch kein Jahr alt war – zum Einkaufen und als Baby-Transporter. Unsere Nachbarn leihen sich die Radkutsche gerne aus, wenn sie im Baumarkt einkaufen gehen. In Schöneberg, Kreuzberg und Friedrichshain trifft man oft auf andere Lastenradler. In Wilmersdorf oder Charlottenburg wird man eher noch bestaunt.

Zwar sind Cargobikes längst kein Nischenprodukt mehr, aber für die Mehrheit der Berliner ist der Gedanke, tatsächlich vom Auto aufs Lastenrad umzusteigen, immer noch abwegig bis exotisch. Dabei liegt die Idee doch so nahe und wäre eine Lösung für gleich mehrere Berliner Probleme: den Parkplatzmangel, die von Elterntaxis verstopften Zufahrtsstraßen vor Schulen und Kitas, nicht zuletzt die Luftverschmutzung.

Von selbst scheinen Menschen wie der Lieferwagen-Tischler aber nicht auf so etwas zu kommen. Deshalb müsste es einen Anreiz geben: eine Förderung oder Prämie für den Umstieg aufs Cargobike. Denn ein Lastenrad zu kaufen, ist eine ziemlich teure Angelegenheit. Eine Freundin liebäugelte lange mit einem Lastenrad wie meinem, entschied sich dann aber doch dagegen – es war ihr zu teuer.

Mehr als die Hälfte aller Transporte in deutschen Städten könnten per Rad erledigt werden

In München und Wien hat man erkannt, dass finanzielle Anreize wichtig sind, wenn man Leute zum Umstieg bewegen will. Der Wiener Gemeinderat hat gerade diese Woche beschlossen, Privatpersonen, Unternehmen und Vereinen bei der Anschaffung eines Transportrads die Hälfte des Kaufpreises zu erstatten – bis zu 800 Euro ohne Elektro-Antrieb, bis zu 1000 Euro mit. Auch wer sich in München ein Lasten-Pedelec, also ein Lastenrad mit Elektro-Antrieb kauft, wird von der Stadt mit bis zu 1000 Euro bezuschusst – und bekommt sogar noch einen Abwrackbonus für den alten Pkw dazu. Außerdem kann man beim Münchener Projekt „Radlhauptstadt“ seit Dezember gratis Lastenräder ausleihen, wenn man die Alternative Cargobike erst einmal testen möchte.

Mehr als die Hälfte aller Transporte in deutschen Städten könnten mit Lastenrädern erledigt werden. Dazu gehören alle Privateinkäufe, meint man beim Verkehrsclub Deutschland (VCD). Das würde mehr Lebensqualität für alle bedeuten, nicht nur weil weniger Schadstoffe in die Berliner Luft gerieten, sondern auch, weil die Straßen dann hoffentlich nicht mehr so heillos in zweiter Reihe zugeparkt wären.

Warum also gibt es in Berlin noch kein Zuschussprogramm wie in München oder Wien? Schließlich steht im rot-rot-grünen Koalitionsvertrag: „Die Koalition fördert die Anschaffung von Elektro-Lastenrädern für Gewerbetreibende, freiberuflich tätige Personen sowie gemeinnützige Einrichtungen.“

Dieser Text erschien als Rant im Tagesspiegel-Samstagsmagazin Mehr Berlin.

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