Asylsuchende: Bevorzugt das Lageso Geschäftsleute mit Pseudo-Hostels?
Das Landesamt zahlt teure Hostels für Asylsuchende. Und ignoriert Gratis-Hilfe.
Ob sie die Frage wirklich nicht verstehen oder nicht verstehen wollen, ist nicht ganz klar. Die beiden dunkelhaarigen Männer stehen am Eingang des „Metropol“-Hostels am Kreuzberger Mehringdamm und blasen Zigarettendunst in die Mittagsluft. Auf die Frage, ob sie als Flüchtlinge im Hostel wohnen, antworten sie mit einem abwehrenden Englisch-Kauderwelsch.
Knapp 900 Asylsuchende sollen es sein, die vorübergehend in Berliner Hostels untergebracht sind – auch im „Metropol“. Dessen Chef will sich nicht äußern. Auch von der Leitung des Hostels „36 Rooms“ am Kreuzberger Spreewaldplatz kommt keine Antwort. Klar ist nur, dass auch hier Flüchtlinge untergebracht sind. Das haben Angestellte am Telefon bestätigt – mehr dürfen sie nicht sagen.
Rucksack-Reisende haben hier noch nie gewohnt
Ein Hostel-Chef spricht schließlich doch, aber nur anonym. Der letzte Flüchtling ist bei ihm vor acht Wochen ausgezogen. „Ich habe das wegen des Geldes gemacht“, sagt er. Bis zu 50 Euro zahlt das Landesamt für Gesundheit und Soziales pro Flüchtling und Nacht. Das Geld und die große Nachfrage nach Schlafplätzen führt dazu, dass sich auch andere Geschäftsleute für Hostels interessieren.
Zum Beispiel die Apardo GmbH, nach eigenen Angaben eigentlich eine Bau- und Immobilienfirma. Sie betreibt ein Hostel am Tempelhofer Damm und hat nach eigener Aussage komplett an das Landesamt vermietet. Richtige Rucksack-Reisende haben hier noch nie gewohnt, sagen die Betreiber. „Einen großen Mehrgewinn machen wir mit den Flüchtlingen aber nicht“, sagt „Hostel“-Leiter Tuy Nguyen, „im Gegenteil: Wir finanzieren Sozialarbeiter, Sprachkurse und zahlen sogar drauf“. Das „Hostel“ bekommt ständig neue Gäste vom Landesamt, muss sich aber nicht im Konkurrenzkampf um Touristen, behaupten, bei denen ein Bett oft nur 15 Euro kostet.
Betreiber will Betten kostenfrei zur Verfügung stellen
Einen Beigeschmack bekommt die Sache durch die Geschichte von Paul Müller. Der Betreiber des „Comebackers“-Hostels am Kottbusser Tor wollte seine Betten im Winter für Flüchtlinge zur Verfügung stellen – kostenfrei, denn er schließt von Dezember bis März. Nur einen Rezeptionisten sollte das Lageso laut Müller bezahlen.
Darauf einlassen wollten sich die zuständigen Beamten aber nicht. Sein Haus, so Müller, sei laut Lageso mit 60 Betten zu klein, der Zeitraum drei Monate zu kurz für Flüchtlinge. Allerdings sind andere Unterkünfte auch nicht größer und die Flüchtlinge sollen eigentlich nur für ein paar Tage bleiben. Bevorzugt das Landesamt also Geschäftsleute mit Pseudo-Hostels und ignoriert Betreiber, die wirklich helfen wollen? Wieso das Amt Müllers Angebot nicht wahrgenommen hat, kann eine Lageso-Sprecherin nicht beantworten.
Robert Ackermann