Stadtentwicklungsausschuss Berlin: Beteiligung statt Bauen
Der Haushalt für Stadtentwicklung lässt sich am treffendsten mit "genügsam" beschreiben. Die Opposition fügt sich in ihr Schicksal.
Der frechste Zwischenruf in der Debatte über den Doppelhaushalt für Stadtentwicklung der Jahre 2020/2021 gelang Andreas Otto. Der Grünen-Abgeordnete rief: „Ich bring’ Ihnen mal eine Tüte mit!“ Er reagierte damit auf einen AfD-Mann, der die Risiken von Asbest relativiert hatte und weniger Geld für die Beseitigung des Giftstoffes forderte.
Ansonsten begnügte sich der Stadtentwicklungsausschuss am Mittwoch eher mit Klein-Klein: Mehr Geld für die Sanierung von Kastenfenstern, für Mieterberatung, für die Ertüchtigung der in die Jahre gekommenen Groß-Siedlungen. Anlaufstellen für Bürger, die sich in neue Planungen einmischen wollen sowie der Aufbau einer Datenbank für Mietpreise.
Der „Einzelplan 12“ erinnert an einen West-Berliner Haushalt der 1980er Jahre, wo Genügsamkeit mit den städtischen Verhältnissen herrschte und Korrekturen vor allem die Komfortzone optimieren sollten.
Dazu passte, dass die Opposition eher vorsichtig dort pikste, wo Wirtschaftskreise regelmäßig ein Totalversagen des rot-rot-grünen Senats feststellen: bei der Stadtentwicklung. „Weder Mut noch Verve“ seien im Städtebau und der Stadtentwicklung zu erkennen, sagte immerhin Christian Gräff, wohnungspolitischer Sprecher der CDU.
Der Stachel saß
Es sei zwar schön, dass mehr Geld für eine verbesserte Förderung von sozialem Wohnungsbau bereitgestellt werde, „es nützt nur nichts, wenn man nicht bauen möchte und die Konditionen nicht stimmen“. Und es nütze schon gar nichts, wenn keine Grundstücke bereitgestellt würden.
Der Konter aus der Regierungsbank ging so: Gräff sei wohl entgangen, dass den Genossenschaften 33 Grundstücke bereitgestellt würden. Und dass der „Umbau des Wohnungsbaus zu einem gemeinwohlorientierten Neubau ein steiniger Weg“ sei, wie Katrin Schmidberger (Grüne) sagte.
Der Stachel aber saß. In der Koalition ist es zurzeit ruhiger um den teils öffentlich ausgetragenen Streit geworden, wonach die Senatorin für Stadtentwicklung und Wohnen, Katrin Lompscher, zu wenig baut. Ein Beispiel dafür: die 14 „Neuen Stadtquartiere“ die zurzeit eher als Erprobungsfeld für die neuen Leitlinien der Partizipation dienen. Für Letztere ist im neuen Etat genug Geld da.
Im Vorfeld der Aussprache gab Daniel Buchholz von der SPD auf Anfrage zwar zu: „Wir brauchen jetzt zusätzliche bezahlbare Wohnungen und können nicht zehn Jahre auf die Fertigstellung der neuen Stadtquartiere warten.“ Und dass „Planung und Bau der notwendigen neuen Verkehrserschließung einfach viel zu lange dauern“. Doch das sitzt die Senatorin von der Linken locker aus.
Schleppende Entwicklung neuer Stadtquartiere
Nur für zwei von 14 geplanten Stadtquartieren hat die Senatorin eigenständige Mittel im Haushalt für die Jahre 2020 und 2021 angefordert: Für den von Pannen bei der Beteiligung der Bürger zusätzlich zurückgeworfenen Blankenburger Süden. Und für den ehemaligen Güterbahnhof Köpenick. Alle anderen Stadtquartiere sind in einer Art Sammelposten mit einer eher symbolischen Finanzierung bedacht: mit 12,5 Millionen Euro pro Jahr für alle Gebiete – „das reicht allenfalls für Gutachten oder Bürgerbeteiligungen“, sagt ein Haushälter.
Von der „zügigen Entwicklung der neuen Stadtquartiere“, wie es in einem Bericht von Lompschers Haus für das Parlament heißt, ist wenig zu erkennen: Der Bau von knapp 3300 Wohnungen soll demnach im Jahr 2020 starten, fast genauso wenig wie in diesem Jahr geplant. Und neu gebaut wird fast ausschließlich in Gebieten, die Lompschers Vorgänger im Amt vor Jahren entwickelt hatten.
Besserung ist in naher Zukunft nicht zu erwarten: 2021 soll der Bau von knapp 4600 Wohnungen starten, wobei sogar das Erreichen dieses Ziel ungewiss ist, weil das in den Buckower Feldern und im ehemaligen Alliierten-Quartier „Park Range“ (Lichterfelde Süd) geschehen soll, wo wehrhafte Bürgerinitiativen aktiv sind.
Tausende Wohnungen weniger als geplant
Damit verfehlt Katrin Lompscher nun schon das zweite wichtige Ziel, das R2G im Koalitionsvertrag vereinbart hatte: nämlich dass „die Koalition neue Stadtquartiere planerisch vorbereiten und mit der Umsetzung beginnen“ werde. An der Michelangelostraße, die der Vertrag ausdrücklich nennt, ist nicht einmal ein „Planungsbeirat“ gegründet und schon gar kein Baustart absehbar.
Und im Blankenburger Süden liegt er irgendwann „nach 2026“. Zuvor hatte Katrin Lompscher schon zugegeben, dass sie am Bau der von Rot-Rot-Grün vertraglich vereinbarten 30 000 neuen landeseigenen Wohnungen in dieser Legislaturperiode scheitern werde – schon heute ist klar, mehrere Tausend weniger werden es sein.
Befragt nach den Versäumnissen sowie Verzögerungen bei den zentralen Siedlungsprojekten, hieß es aus dem Hause Lompscher, dass die 14 Siedlungen mit mehr als 45000 Wohnungen ja „nur ein Teil des Neubaus“ seien. Hinzu kämen ja „weitere Wohnungsneubaustandorte, die Weiterentwicklung bestehender Siedlungen und Baulückenschließungen“. Und da sei der Senat ja nicht in der Pflicht. Ohnehin seien „auch die Bezirke zuständig“. Und die brächten auch eigenes Geld auf. Ralf Schönball
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