Neuer Stadtentwicklungsplan: An diesen Orten will Berlin bis 2030 199.000 Wohnungen bauen
Kleingärten, Dachgeschosse, Randbezirke: Es ist noch Platz für 200.000 Wohnungen in Berlin. Das geht aus dem Entwurf für den Stadtentwicklungsplan 2030 hervor.
Auf Hausdächern und durch die Nachverdichtung von Wohnsiedlungen will Berlin bis 2030 insgesamt neue 199.000 Wohnungen schaffen. Das sieht der neue „Stadtentwicklungsplan (StEP) Wohnen 2030“ vor, der dem Tagesspiegel vorliegt. Den Plan hat die Senatsverwaltung für Stadtentwicklung gemeinsam mit einem Kreis von rund 30 Personen aus Wohnungswirtschaft, Wissenschaft, Politik, Verwaltung, Bezirken und Initiativen erarbeitet. Er soll im zweiten Quartal 2019 gemeinsam mit den anderen Stadtentwicklungsplänen für Kleingärten, Verkehr und Gewerbe in den Senat eingebracht werden.
Die Kernaussagen des Plans: Bis 2030 werden in Berlin 194.000 Wohnungen gebraucht. „Bis 2021 müssten jährlich mindestens 20.000 Wohnungen neu gebaut werden, um eine annähernd ausreichende Wohnversorgungsentwicklung sicherzustellen“, heißt es in dem gut 100 Seiten starken Papier. Seit dem StEP Wohnen 2025 habe sich die Wachstumsdynamik „erheblich beschleunigt“. Die Stadt wachse jedes Jahr um 40.000 bis 45.000 Menschen. Erst ab Mitte des nächsten Jahrzehnts werde diese Dynamik etwas abnehmen. Doch auf Kleingärten werden bis 2030 auf keinen Fall Wohnungen gebaut, das ist eine politische Vereinbarung.
Berlin hat noch Potenzial für 199.000 Wohnungen
Laut dem StEP hat Berlin noch Potenzial für 199.000 Wohnungen. Weil die Potenzialflächen in der inneren Stadt knapper würden, „gewinnt die äußere Stadt als Siedlungsraum an Bedeutung“. Übersetzt heißt das: Die meisten Wohnungen sollen in den Außenbereichen entstehen. Rund 90.000 der 194.000 neu zu schaffenden Wohnungen werden als „kurzfristig“ (innerhalb von drei Jahren), 63.000 als „mittelfristig“ (sieben Jahre) und 47.000 als „langfristig“ (zwölf Jahre) realisierbar eingestuft.
Der Plan sieht aber auch die Schaffung von „gemeinwohlorientiertem Wohnraum“ als „entscheidende Voraussetzung für bezahlbare Mieten“. Damit sind Wohnungen gemeint, die von städtischen und genossenschaftlichen Gesellschaften errichtet werden. Das Ziel: 100.000 Wohnungen – rund die Hälfte des Bedarfs – sollen in diesem Segment bis 2030 entstehen. Das Problem: Nur rund ein Viertel der verfügbaren Flächen gehören dem Land Berlin. Um das angestrebte Bauziel zu erreichen, müssten die Flächen daher „optimal“ genutzt und zusätzliche geschaffen - also angekauft - werden.
Die meisten Neubaugebiete sind im Osten und im Norden geplant
3.000 Wohnungen pro Jahr und insgesamt 42.000 Wohnungen sollen laut Plan durch „kleinteilige“ Potenziale wie Aufstockungen und Ausbauten von Dachgeschossen sowie Lückenschließungen entstehen. Dies wolle der Senat erleichtern – etwa durch schnellere Genehmigungen und die Förderung von Aufzügen. Die restlichen 157.000 Wohnungen sollen auf größeren Flächen entstehen.
Im Maßnahmenplan ist neben dem Neubau die „Beschleunigung der Schaffung von Planungs- und Baurecht“ vorgesehen. Dafür sollen in den Senatsverwaltungen und Bezirken 100 neue Stellen geschaffen werden. Außerdem soll beim Neubau auf eine „ausgewogene stadträumliche Verteilung“ geachtet werden. Allerdings sind die meisten Neubaugebiete im Osten und im Norden Berlins geplant, vor allem in Pankow und Lichtenberg. Der Südwesten, speziell Steglitz-Zehlendorf, spielt nur eine untergeordnete Rolle.
Auch die Elisabeth-Aue in Pankow ist als Neubaustandort angedacht
Die Wohnbaupotenziale sind in vier Kategorien unterteilt: Kategorie eins umfasst die 14 geplanten Stadtquartiere. Diese sind bekannt, etwa die Wasserstadt Oberhavel in Spandau oder der „Blankenburger Süden“ in Pankow. Das Tempelhofer Feld ist nicht als Neubaustandort angedacht, die ebenso umkämpfte Elisabeth-Aue in Pankow dagegen schon – diese könne binnen zwölf Jahren mit mehr als 2.000 Wohnungen bebaut werden. Als potenzielles „Neues Stadtquartier“ wird auch das Siemens-Innovationsquartier genannt. Hier wird mit mindestens 2.000 neuen Wohnungen gerechnet, sie sind im Plan aber noch nicht aufgeführt.
Kategorie zwei beinhaltet mittelgroße Wohnbauvorhaben zwischen 200 und 2.000 Wohnungen. 55.000 Wohnungen sollen auf rund 250 Standorten in ganz Berlin entstehen, darunter auch auf einigen Kleingartenanlagen. Die Zahl der Standorte teilt sich wie folgt auf die Bezirke auf:
- Pankow 42 - Treptow-Köpenick 33 - Lichtenberg 32 - Mitte 24 - Neukölln 23 - Marzahn-Hellersdorf 21 - Spandau 20 - Friedrichshain-Kreuzberg 15 - Charlottenburg-Wilmersdorf 15 - Tempelhof-Schöneberg 13 - Reinickendorf 16 - Steglitz-Zehlendorf 5
Kategorie drei sieht die Weiterentwicklung bestehender Siedlungen in kommunaler Hand vor. Dies wird als neuer Schwerpunkt bezeichnet. In insgesamt 30 Wohnsiedlungen sollen durch Aufstockungen und Nachverdichtung durch Neubauten 23.000 Wohnungen errichtet werden.
Hierbei wird im neuen Stadtentwicklungsplan in zwei Prioritäten unterteilt. Siedlungen der Priorität 1, bei der die schnellere Realisierung möglich ist, befinden sich hier:
- Stiftsweg/Kavalierstraße (Pankow) - Friedrichshain-West (Friedrichshain-Kreuzberg) - Stralauer Allee (Friedrichshain-Kreuzberg) - Plänterwald (Treptow-Köpenick) - Oberschöneweide (Treptow-Köpenick) - Wendenschloss/Kietzer Feld (Treptow-Köpenick) - Gropiusstadt Nord/Südwest (Neukölln) - Ringslebenstraße (Neukölln) - John-Locke-Straße (Tempelhof-Schöneberg) - Meraner Straße (Tempelhof-Schöneberg) - Heinrich-Heine-Viertel (Mitte) - Schillerhöhe/Afrikanisches Viertel (Mitte) - Ziekowstraße (Reinickendorf) - Märkisches Viertel (Reinickendorf)
Priorität II (Prüfgebiete):
- Buch Süd (Pankow)
- Neu-Hohenschönhausen (Lichtenberg)
- Fennpfuhl (Lichtenberg)
- Hellersdorf (Marzahn-Hellersdorf)
- Friedrichsfelde Süd (Lichtenberg)
- Allendeviertel (Treptow-Köpenick)
- Johannisthal (Treptow-Köpenick)
- Britz / Neumarkplan, Gutschmidtstraße Nord, Grüner Weg West (Neukölln)
- Eisenacher Straße/Dardanellenweg/Gersdorfstraße (Tempelhof-Schöneberg)
- Manteuffelstraße/Alboinstraße (Tempelhof-Schöneberg)
- Hildburghauser Straße/Luckeweg (Steglitz-Zehlendorf)
- Lankwitz (Steglitz-Zehlendorf)
- Franz-Künstler-Straße (Friedrichshain-Kreuzberg)
- Halemweg (Charlottenburg-Wilmersdorf)
- Georg-Ramin-Siedlung (Spandau)
- Louise-Schroeder-Siedlung (Spandau)
Kategorie vier umfasst Städtebaufördergebiete und Soziale Erhaltungsgebiete. Hier sollen verschiedene Maßnahmen wie Nachverdichtungen neuen Wohnraum schaffen und günstige Mieten sichern. So soll das Vorkaufsrecht intensiver angewandt werden. Auch eine Schaffung von „Vorkaufsrechtsgebieten“ wird angeregt.
Auf bisherigen Grünflächen sollen 10.000 Wohnungen entstehen
Der Plan sieht auch die „Bauliche Nutzung grüner Bauflächenpotenziale“ vor. Auf bisherigen Grünflächen sollen 10.000 Wohnungen entstehen. Erfasst wurden dabei vor allem landeseigene Kleingärten, „die für den Wohnungsbau besonders geeignet sind“. Laut Aussage der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und Wohnen in der vergangenen Woche könnten auf 26 landeseigenen Kolonien insgesamt 7.000 Wohnungen entstehen. Allerdings werden dort vor 2030 auf keinen Fall Wohnungen gebaut.
Im aktuellen Entwurf des Stadtentwicklungsplan sind nur 17 Kleingarten-Kolonien klar gekennzeichnet: Als innerhalb von drei Jahren bebaubar gilt dabei nur die Kleingartenanlage Paulsternstraße in Spandau. Als mittelfristig (bis sieben Jahre) bebaubar sind die Anlagen
- „Alter Exerzierplatz“ (Spandau)
- „Oeynhausen“ (Charlottenburg-Wilmersdorf)
- „Sonnental“ und „Pappelgrund“ (Pankow)
aufgelistet. Hier wird jeweils Platz für Platz für 200 bis 1.000 Wohnungen gesehen.
Ebenfalls für eine Bebauung mit 200 bis 1.000 Wohnungen geprüft werden diese Anlagen: - „Am Steinberg“
- „Grüne Wiese“
- „Bornholm II“
- „Nordland“
- Anlage an der Straße vor Schönholz 30 (alle Pankow)
- „Am Hohenzollerndamm“
- „Wiesbaden“ (beide Charlottenburg-Wilmersdorf)
- „Mariengrund“
- „Parkstraße“
- „Am Mississippi“ (alle Treptow-Köpenick).
In den benachbarten Pankower Anlagen „Heinersdorf“ und „Friedrichshöhe“ sollen langfristig 1000 bis 2.000 Wohnungen entstehen. Ob die betroffenen Kolonien teilweise oder vollständig bebaut werden sollen, ist im Planentwurf nicht erkennbar.
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