Sammeltaxis vor dem Aus: BerlKönig-Fahrer haben Angst vor der Zukunft
Nach der Entscheidung der rot-rot-grünen Koalition, den Shuttle-Service einzustellen, regt sich Widerstand von BVG, Opposition – und den Beschäftigten.
Der BVG-Shuttle-Service „BerlKönig“ muss wohl abdanken - und die Fahrer machen sich Sorgen um ihre Existenz. In einigen Autos des Shuttleservices lagen in der vergangenen Woche Flugblätter aus, auf denen Fahrerinnen und Fahrer dazu aufgefordert wurden, einen offenen Brief, der auf einer Webseite zu finden ist, an den Senat zu schicken.
Offenbar handelt es sich dabei um eine Initiative einer Gruppe von BerlKönig-Fahrern. In dem Schreiben wird zunächst beschrieben, dass die Einstellung des BerlKönigs für die Fahrerinnen und Fahrer existenzbedrohend sei.
„Wer über den BerlKönig spricht, spricht auch über uns und unsere Existenz“, schreibt die Initiative. Über 400 Fahrerinnen und Fahrer seien betroffen. „Wenn der BerlKönig stirbt, sterben auch 400 vollwertige Arbeitsplätze – unsere Arbeitsplätze“.
Im Falle einer Einstellung des BerlKönigs müsste man zurück in „sozial unverträgliche Arbeitsverhältnisse“ bei Anbietern wie etwa Uber. Geregelte Arbeitszeiten und fester Stundenlohn für die Beschäftigten seien selbstverständlich und auch im Interesse des Senats, schreiben die Beschäftigten.
„Wir appellieren an Sie als Verantwortungsträger, nicht nur für uns, sondern auch für Berlin und seinen Verkehr: Bitte helfen Sie uns den BerlKönig weiterzuführen und auszubauen.“ Der BerlKönig sei ein wichtiger Ansatz für die Berliner Verkehrswende.
Ende April läuft der Vertrag der BVG mit ViaVan aus
Ende April läuft der Vertrag der BVG mit dem Ko-Betreiber ViaVan aus – die Fraktionen von SPD und Linken beschlossen, den Weiterbetrieb nicht zu finanzieren. Laut "Morgenpost" seien die Grünen zwar grundsätzlich derselben Meinung, stellten ihren Beschluss jedoch zurück. Seit 2018 sind die schwarzen Kleinbusse in der Stadt unterwegs, sie wurden als Versuchsprojekt für bis zu vier Jahre genehmigt.
Die BVG versucht schon seit längerem, vom Senat Geld für eine Weiterführung des Shuttle-Services zu bekommen, 43 Millionen Euro wären jährlich für Autos und Fahrer angefallen. „Wir haben uns sehr bemüht, mit Zahlen, Daten und Fakten die Bedeutung und Entwicklungschancen des BerlKönigs für den Berliner ÖPNV detailliert darzulegen“, sagte Petra Nelken, Pressesprecherin der BVG.
„Wir sind nach wie vor der Meinung, dass der BerlKönig als integrativer Bestandteil des ÖPNV sehr positive Auswirkungen auf das Mobilitätsangebot unserer Stadt haben könnte. Wir bedauern sehr, dass bisher keine Lösung zur weiteren Finanzierung des Projekts gefunden wurde.“
Das US-Unternehmen ViaVan wird die Sammeltaxis ab Ende April nicht mehr weiter finanzieren – findet aber, dass die Investition in den BerlKönig richtig ist. „Auf dem Weg, Alternativen zum privaten Pkw zu schaffen, sind On-Demand-Services als Ergänzung des Nahverkehrs unerlässlich“, teilte das Unternehmen auf Tagesspiegel-Nachfrage mit.
„Der BerlKönig zeigt eindrücklich das Potenzial der On-Demand-Technologie, um den öffentlichen Verkehr in Berlin zu verbessern.“ Die Diskussion um die Zukunft der BerlKönig habe man deshalb mit großer Sorge verfolgt.
Man wolle sich aber weiterhin für seine Zukunft einsetzen und gemeinsam mit den relevanten Parteien zusammenarbeiten. Was das jedoch konkret für die Zukunft der Shuttles bedeutet, ist ungewiss.
CDU: Sich vor Folgekosten zu drücken, ist schäbig
Auch die Opposition im Berliner Abgeordnetenhaus kritisierte die Entscheidung der Regierungskoalition. „Die Koalition wusste, dass der Vertrag mit dem Co-Betreiber im April ausläuft. Sich nun vor den Folgekosten drücken zu wollen, ist schäbig“, sagte Oliver Friederici, verkehrspolitischer Sprecher der CDU-Faktion. „Das Versprechen, die Gelder in den Nahverkehrsausbau und die ÖPNV-Taktverdichtung zu investieren, ist ein Hohn.“
Der infrastrukturpolitische Sprecher der FDP, Henner Schmidt, sagte, es sei wichtig, das Projekt jetzt fortzuführen. „Der „Berlkönig“ oder ein ähnliches System könnte vor allem in den Außenbezirken eingesetzt werden, um dort das ÖPNV-Angebot deutlich zu verbessern – gerade auch zu Zeiten, in denen wenige Busse fahren.“
Sollte das Projekt „Berlkönig“ eingestellt werden, sei Verkehrssenatorin Günther gefordert, andere flexible Angebote des ÖPNVs zu entwickeln, die in den Außenbezirken Verbindungen von Tür zu Tür ermöglichen.
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Die Senatsverwaltung für Umwelt, Verkehr und Klimaschutz (SenUVK) wollte die Entscheidung der Fraktionen zunächst nicht bewerten. „Die SenUVK hat der BVG den BerlKönig bekanntlich für vier Jahre als Erprobungsverkehr genehmigt – unter der Voraussetzung, dass diese Erprobung eines Ridepooling-Service ohne öffentliche Zuschüsse zu Ende geführt und ausgewertet wird. Dies wäre nach wie vor wünschenswert“ sagte der Sprecher der SenUVK, Jan Thomsen.
Der offene Brief der Initiative der BerlKönig-Fahrer habe die Senatsverwaltung erreicht. Die Frage nach der Zukunft der Beschäftigten des BerlKönig sei im Rahmen der laufenden Gespräche ein wichtiger Aspekt. „Wir machen zugleich darauf aufmerksam, dass die Fahrerinnen und Fahrer von ViaVan im Rahmen des BVG-Erprobungsverkehrs BerlKönig eingestellt wurden“, sagte Thomsen.
Rund 50 Prozent in Berlin wollen den BerlKönig erhalten
Rund 50 Prozent der Berlinerinnen und Berliner sprachen sich im Februar in einer für den Tagessiegel exklusiven Civey-Umfrage für den Erhalt des Shuttle-Services aus. Unter den 18 bis 29-Jährigen wollten 59 Prozent eine Fortsetzung des Angebots.
Der BerlKönig ist nicht alleine auf dem Sammeltaxi-Markt. Konkurrenzanbieter Clever-Shuttle kann sich wohl zurzeit nicht über mangelnde Auslastung beklagen. Derzeit stellt CleverShuttle eine erhöhte Nachfrage fest. „Wir sind sehr zufrieden mit der Entwicklung aller Standorte. Die Nachfrage ist hoch“, sagte die Sprecherin. Man könne derzeit knapp 30% der bestehenden Nachfrage nicht bedienen. Der Shuttle-Service beschäftigt 700 Mitarbeiter in Berlin, davon 500 Fahrer und hat 150 Fahrzeuge. „Alle Mitarbeiter sind fest angestellt und erhalten einen Stundenlohn, der erkennbar über dem Mindestlohn liegt“ sagte eine Sprecherin von CleverShuttle.