Ablösung von Klaus Kandt: Berlins Polizei hat einen Neuanfang dringend nötig
Zu viele Skandale, zu wenig Vertrauen: Andreas Geisel schickt Klaus Kandt in den Ruhestand. Das hat aber auch eine Konsequenz für den Innensenator. Ein Kommentar.
Ein Schlussstrich, der ein Neuanfang ist – die Ablösung von Polizeipräsident Klaus Kandt ist so überraschend wie naheliegend. Ein idealer Moment, alles neu zu ordnen. Die umstrittene Vizepräsidentin Margarete Koppers wird neue Generalstaatsanwältin, und Kandt vertraut Innensenator Andreas Geisel (SPD) eh nicht. Der kam 2012 neben seiner beruflichen Qualifikation auch deshalb ins Amt, weil er wie der damalige Innensenator Henkel CDU-Mitglied ist.
Unterkühlt war Geisels Verhältnis zu Kandt schon lange. Der Senator war besonders verärgert, weil Kandt nicht zur letzten Sitzung des parlamentarischen Innenausschusses kam, um seine Behörde im Schießstandskandal zu verteidigen, sondern dies der Innenverwaltung überließ – die damit in die Mitverantwortung für Missstände genommen wurde. Da läuteten beim erfahrenen Senator, der Gespür für die sensible öffentliche Wahrnehmung hat, die Alarmglocken.
Ein unbelasteter Neuanfang ist dringend nötig. Das wünschen sich viele der 24.000 Mitarbeiter der Behörde. Zu viele Skandale, zu viel Gegeneinander, offene Rechnungen und interne Auseinandersetzungen haben das Bild der Behörde beschädigt und die Frage aufkommen lassen, ob die Polizei zu sehr mit sich selbst beschäftigt ist, um noch die Sicherheit in der Stadt zu garantieren.
Die vom Sonderermittler im Fall des Attentäters vom Breitscheidplatz aufgedeckten empörenden Ermittlungspannen und miesen Arbeitsbedingungen haben weiteres Vertrauen gekostet. Das ist katastrophal in der wachsenden Stadt. Vielen Berlinern scheint, dass zwar Falschparken mit letzter Konsequenz geahndet wird, aber angezeigte Diebstähle, Wohnungseinbrüche oder Körperverletzungen lapidar mit einer Mitteilung eingestellt werden.
Kandt hat zu lange gekuscht
Viele Beamte wünschen sich seit Langem eine stärkere Führung. Kandt hat nicht hart genug die polizeiliche Eigenständigkeit verteidigt. Er hat sich vom CDU-Innensenator Henkel zum rechtlich ungedeckten Einsatz gegen das besetzte Haus in der Rigaer Straße oder zu ziellosen Großeinsätzen gegen Dealer im Görlitzer Park drängen lassen.
Zugleich hat er zu lange gekuscht und keinen Druck auf den Senat gemacht, um die unverantwortlich kaputt gesparte Polizei für die Zukunft fit zu machen. Mit begrenzten Mitteln sind interne Reformen angeschoben worden, und auch die Kriminalitätsstatistik verzeichnet einige Erfolge – doch in der Wahrnehmung der Berliner kommt das kaum an.
Das Sicherheitsgefühl hat gelitten
Berlin kann sich keine Polizei leisten, die regelmäßig für Lachnummern gut ist, etwa weil sich Berliner Party-Polizisten beim G-20-Gipfel in Hamburg danebenbenehmen, die Truppe mit schrottreifen Ein-Euro-Pistolen aufgerüstet und unbemerkt ins Polizeimuseum eingebrochen wird. Für das subjektive Sicherheitsgefühl, das in Berlin enorm gelitten hat, braucht es klare Signale, dass die Polizei ihrer Aufgabe gewachsen ist und nicht kriminelle Clans hier ihr Recht statuieren.
Ab jetzt ist Geisel verantwortlich
Dringend nötig ist mehr und jüngeres Personal, bessere Ausrüstung vom Digitalfunk bis zur Schutzweste, sanierte Standorte und bessere Bezahlung, um die Abwanderung nach Brandenburg oder zu Bundesämtern zu stoppen. Endlich ist im Landeshaushalt dafür Geld da. Mit dem Neuanfang zeigt Innensenator Geisel, dass er verstanden hat, was nottut. Klar ist zugleich, dass Geisel nun selbst verantwortlich ist für alles, was in der Polizei passiert. Die nächste Panne ist sein Skandal.
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