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Die Nordischen Botschaften in Berlin liegen am südlichen Rand des Großen Tiergartens.
© Kai-Uwe Heinrich

Solidarisch und werteorientiert: Berlins Nordische Botschaften feiern 20 Jahre

Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden feiern 20 Jahre Nordische Botschaften in Berlin.

Es war der größte diplomatische PR-Coup, den man sich vorstellen kann und der auf der Welt seinesgleichen sucht. Am 20. Oktober 1999 eröffneten die Staats- und Regierungschefs von Dänemark, Finnland, Island, Norwegen und Schweden den Botschaftskomplex mit dem Gemeinschaftshaus (Felleshus) am südlichen Tiergartenrand in Berlin, der von einem Kupferband umschlossen ist.

Aber wann hat man auch schon einmal die Gelegenheit, in einer Hauptstadt mit diplomatischen Vertretungen ganz neu anzufangen? Das ging nur im vereinigten Berlin, der Stadt, die alle magisch anzog und die zu einem regelrechten Wettlauf um die schönste neue Botschaft herausforderte. Der Entwurf für die Gesamtanlage stammte von dem österreichisch-finnischen Architekturbüro Berger + Parkkinen. Die einzelnen Botschaften wurden von nationalen Büros entworfen.

Dänische Botschaft.
Dänische Botschaft.
© www.kai-abresch.de

Wie lebt es sich nun nach 20 Jahren an diesem weltweit einzigartigen Ort? „Für mich ist es ein Privileg, an diesem Ort arbeiten zu dürfen“, erzählt Hanna Robertz, Kulturreferentin an der Schwedischen Botschaft. Mit zwölf Jahren war sie aus Schweden nach Berlin gekommen, mit 17 Jahren hat sie im Jahr der Eröffnung in der Schule ein Referat in Kunst über die Architektur der Nordischen Botschaften gehalten. Dass sie nun hier seit fünf Jahren arbeite, sei ein großes Glück.

Die Einzigartigkeit dieses Botschaftskomplexes ist allen Mitarbeitern der Nordischen Botschaften bewusst. „Wir haben eine lange Tradition in der nordischen Zusammenarbeit und daher ist es toll, dass wir so gemeinsam im wichtigsten Land der Europäischen Union vertreten sind“, sagt Maja Raaberg, seit zwei Jahren 1. Botschaftssekretärin für Außenpolitik an der Königl. Dänischen Botschaft.

Dass alle fünf Länder gemeinsam in Berlin vertreten sind, ist für sie eine logische Folge der nordischen Zusammenarbeit. „Wir können das auch nur so machen, weil wir uns so ähnlich sind“, sagt sie. Und doch sind die Länder verschieden. So ist Dänemark als einziges Land sowohl in der Europäischen Union als auch in der NATO vertreten. Von der engeren Kooperation profitieren nach ihrer Meinung alle Länder durch den ständigen Austausch.

Botschaft von Island. Links und rechts ist das Kupferband zu sehen, das den ganzen Komplex umschließt.
Botschaft von Island. Links und rechts ist das Kupferband zu sehen, das den ganzen Komplex umschließt.
© www.kai-abresch.de

„Ich bin stolz darauf, hier arbeiten zu können, wo die nordischen Länder zusammenstehen“, sagt auch Aliisa Tornberg, seit eineinhalb Jahren an der Botschaft von Finnland zuständig für Energie. „Wir stehen für gemeinsame Werte, für Rechtsstaatlichkeit und Demokratie“, sagt sie. Für den Austausch mit deutschen Kollegen vereinbare man gerne gemeinsame Termine.

So treffen sich heute Morgen zum Jubiläum die fünf Außenminister mit ihrem Amtskollegen Heiko Maas. „Für die deutschen Kollegen ist das angenehm, das spart Zeit, wenn sie mit einem Termin gleich fünf Länder treffen. Im Übrigen sind wir oft einer Meinung“, sagt Tornberg.

„Für die deutschen Kollegen im Bundeskanzleramt und im Auswärtigen Amt ist das sehr praktisch, wenn sie in einem Meeting gleich alle fünf Antworten bekommen“, pflichtet ihr Elín Sigurdardóttir bei, seit zwei Jahren Gesandte Islands. „Für uns Isländer ist die Zusammenarbeit sehr wichtig, denn unsere Botschaft besteht nur aus acht Personen, einschließlich Chauffeur.“ So profitiert ein kleines Land wie Island von den Kontakten der anderen Länder.

Die Nordische Kooperation sei ein Grundprinzip der Außenpolitik. Man treffe sie überall auf der Welt, aber nirgends funktioniere sie so gut und kompakt wie in Berlin. „Ich war drei Jahre in Moskau und natürlich hält man auch dort den Kontakt zu den nordischen Kollegen. Aber in Moskau musste man weite Wege zurücklegen, um die anderen zu treffen“, erzählt Tornberg.

Botschaft von Norwegen.
Botschaft von Norwegen.
© www.kai-abresch.de

Könnte da nicht die moderne Technik mit Videokonferenzen oder Skype helfen? Erstaunlicherweise sind sich gerade die jungen Diplomaten darin einig, dass der physische Kontakt durch keine Technik zu ersetzen sei. Man trifft die Kollegen fast täglich in der Kantine oder im Café im Felleshus. „In der Welt der Digitalisierung ist der persönliche Kontakt sehr wichtig“, sagt Raaberg. „Ich kenne meine Kolleginnen“, stimmt ihr Hanna Robertz aus Schweden zu.

„Wir sind eine Wertegemeinschaft und die hat auch etwas von Familie. Jeder hat seine Rolle und doch sind wir eine Familie“, sagt sie. Königin Margarete II. von Dänemark hat das bei der Eröffnung vor 20 Jahren auf den Punkt gebracht: „Jeder für sich, und doch gemeinsam“. Da ist es natürlich, dass man miteinander spricht. „Die meisten von uns führen ja auch mit ihren Partnern, Familien und Freunden keine rein ,digitale' Beziehung“, erzählt Victoria Benecke, Kulturreferentin an der Botschaft von Norwegen.

Botschaft von Schweden.
Botschaft von Schweden.
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Jedes Land vertritt seine eigenen Interessen, aber gerade in der Kultur überwiegen die Gemeinsamkeiten. „Von Konkurrenz würde ich nicht sprechen. Vielmehr inspiriert man sich gegenseitig und schaut, was man voneinander lernen kann. Wenn eine andere Botschaft plötzlich ihre Kompetenzen in einem Bereich wie etwa Social Media besonders stark ausbaut, dann steht diese Arbeit natürlich in einem direkten Vergleich zur eigenen. So entstehen sehr positive Synergien“, sagt Benecke. In der Politik ist man sich auch weitgehend einig, aber in der Exportförderung können eigene Interessen eine größere Rolle spielen.

Botschaft von Finnland.
Botschaft von Finnland.
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Entscheidend für den Erfolg des Komplexes der Nordischen Botschaften ist das Felleshus, in dem jedes Land abwechselnd Ausstellungen zeigt. Eine Ausstellung im Jahr organisieren alle Länder gemeinsam. Die Kantine und das Café ermöglichen den täglichen Kontakt. „Ich esse dort mit Berlinern und treffe meine Kollegen. Ich kenne keine Botschaft, die so einen engen Kontakt zur Bevölkerung hat“, sagt Raaberg.

Täglich kommen rund 270 Besucher ins Haus, Stammgäste für die Kantine, aber auch für die täglichen Veranstaltungen. „Als Norwegerin muss ich mich hier neutral geben“, sagt Lara Kristiansen vom Felleshus. Sie lobt das Klima in dem gemeinsamen Haus. „Wenn eine Ausstellung gut läuft, freuen sich die anderen mit“, sagt sie. „Unsere Besucher vertrauen der Qualität des Programms“, sagt sie. Und so soll es bleiben.

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