KaDeWe-Umbau fast abgeschlossen: Berlins Luxus-Kaufhaus bald zum Teil bis Mitternacht geöffnet
Mit einer großen Sause wird am 10. Dezember die Umgestaltung des KaDeWe gefeiert. Shoppen soll hier in Zukunft angenehmer und erholsamer werden.
Ausgerechnet der Kartoffelacker. Man sollte denken, in einem luxuriösen Kaufhaus, das zu den führenden der Welt zählt, würde ein Imbissstand mit lauter Kartoffelvarianten ein Mauerblümchendasein fristen. Er ist aber eine der beliebtesten Anlaufstellen des Hauses.
Früher rankten sich zur Mittagszeit wartende Menschentrauben ringsum. Seit er zu den ersten Ständen gehörte, die im Zuge der großen Transformation vergrößert, verschönert und luftiger gestaltet wurden, ist er noch beliebter geworden.
Inzwischen liegt er in unmittelbarer Nachbarschaft zu den künftigen Stars des Hauses, denn: Nach 112 Jahren kann man auch nachts ins Kaufhaus gehen, zwar nicht zum Shoppen, aber zum Essen, und das nicht nur zu Halloween. Am 10. Dezember wird im Rahmen eines Grand Opening mit ausgewählten Kunden, vielen Prominenten, darunter auch der Regierende Bürgermeister Michael Müller (SPD), gefeiert.
Für die Eigentümer des Hauses, den thailändischen Handelskonzern Central Group und die österreichische Signa-Gruppe, ist der Umbau ein wichtiger Schritt, um die Zukunft des Luxuskaufhauses zu sichern. Dazu gehört auch die Eröffnung von drei Restaurants, in denen man bis Mitternacht speisen kann. Das Ur-Berliner Restaurant Lutter&Wegner bekommt hier eine neue Dependance, daneben wird es ein Bierlokal geben, die „Laggner Schwemme“. Und die Wein- und Champagnerbars werden – wie der Spätkauf mit feinen KaDeWe-Artikeln – auch für die spätabendlichen Gäste geöffnet sein.
Ein neuer Nachtaufzug am Wittenbergplatz
Zu erreichen sind sie über einen neuen Nachtaufzug am Wittenbergplatz. Im Beef Club by Hasir konnte man sich tagsüber schon in den vergangenen Wochen auf die neue Dinner-Welt einstimmen. Aus den Fenstern oben in der Sechsten, wie die Feinschmeckeretage seit einiger Zeit genannt wird, geht der Blick weit über Schöneberg.
Die Etage könnte damit zum Magnet werden – nicht nur für die Einheimischen, sondern auch für die internationalen Kunden. Aber nach wie vor ist das KaDeWe auch ein Lieblingsziel von ausländischen Gästen. Nicht zuletzt unter chinesischen Besuchern ist das Kaufhaus beliebt, nachdem das Land beim Wohlstand zuletzt mächtig aufgeholt hat und das Interesse an Luxusgütern entsprechend gewachsen ist. Ähnlich ist es mit mit den russischen Gästen, die immer noch an zweiter Stelle stehen und kaufkräftigen Kunden aus dem arabischen Raum.
Ein Louis Vuitton Pop-Up-Geschäft für Männer
Kein Wunder, dass die Luxusmarke Louis Vuitton die Fläche vorübergehend erweitert hat mit einem Pop-Up-Geschäft für Männer. Die mit Bildern und bunten Animationen gestaltete Rückwand lässt nicht ahnen, was sich dahinter tut. Dort wird gerade die neuartige Spiralrolltreppe gebaut, die die Kunden ganz nach oben führen soll.
Anders als bei früheren Umbauarbeiten staubt es praktisch nicht und auch von Lärm ist – wenn überhaupt – nur ausnahmsweise etwas zu hören. Lediglich die Umleitungen geben einen Eindruck davon, dass hier gerade das Kaufhaus umgestaltet wird.
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Die Hälfte ist schon geschafft. Wenn am 10. Dezember angestoßen wird, sind acht von 16 Abteilungen bereits fertig. Seit 2016 wird das KaDeWe nach Plänen von Star-Architekt Rem Koolhaas Schritt für Schritt umgestaltet. Die 60.000 Quadratmeter Fläche werden in vier Quadranten aufgeteilt, von denen zwei schon fertig sind. Die neue Fensterfront und die Abteilungen für Designer- Kleidung und Schuhe und Accessoires für Männer machten den Anfang. Ganz am Schluss soll ein Dachgarten entstehen. Auch das beliebte alte Parkhaus wird gerade unterirdisch neu gebaut.
Schuhabteilung ist Absatzrenner
Der bislang sichtbare Erfolg rechtfertige die Anstrengungen fürs Personal wie für die Geldgeber und die Kunden. „Der Umsatz hat sich in allen Abteilungen, die schon erneuert wurden, deutlich erhöht“, weiß André Maeder, der Chef der KaDeWe Group, zu berichten. Es gehe ja bei der großen Umwandlung vor allem darum, einen Raum zu schaffen, in dem Menschen sich wohlfühlen und gerne aufhalten.
Gerade in Zeiten, da das Internet Kunden locke, werde das immer wichtiger. Neben gestiegenen Umsätzen in der Herren-Designer-Abteilung sei auch die 2012 neu gestaltete Schuhabteilung ein Absatzrenner. In der 5. Etage eröffnet im Dezember auch das neue „Home Atelier“ mit allem, was das eigene Heim schöner macht und einem professionellen Inneneinrichter.
Shoppen als Erholung
Welche Rolle das Ambiente inzwischen spielt, merkt man schnell, wenn man in anderen Hauptstädten in die Kaufhäuser mit großen Namen geht. Manches, was früher reichhaltig und vielfältig wirkte, hat dort eine kleinteilige Ausstrahlung bekommen. Doch Kunden mögen es heute luftiger. Vor allem ist Shoppen ein Freizeitvergnügen, das der Erholung dient.
Das Umherstöbern ist längst Selbstzweck, da darf das Ambiente gern so angenehm wie möglich sein. In die gesamte KaDeWe Group, zu der auch das Alsterhaus in Hamburg und das Oberpollinger in München zählen, werden in den kommenden Jahren 400 Millionen Euro investiert.
Hipster, Manga-Mädchen, Shopping-Queens und Nerds
Drei Jahre lang erzählten die Dekorationen in den Schaufenstern die Geschichte der fleißigen Wichtel, die hinter den Kulissen werkeln, angelehnt an die Vorstellung der Heinzelmännchen, die das KaDeWe zu neuem Glanz führen sollen. Urbane Nussknacker sind in diesem Jahr die Trendsetter einer neuen Weihnachtskultur. Mit der rührseligen Gemütlichkeit des 19. Jahrhunderts haben sie so gar nichts mehr zu tun. Stattdessen kümmern sich Hipster, Manga-Mädchen, Shopping-Queens und Nerds darum, dass sich Haselnüsse und Mandelkerne künftig wie von selber öffnen.
Die Zuckerbäckerei Lenotre aus Frankreich ist eine Kultmarke. Mit dem Grand Opening wird sie im neuen Quadranten großzügiger als bisher ausfallen, außerdem gibt es eine neue Schokoladenwelt mit einem Granittresen der vom Anblick eines Nougatstücks inspiriert ist. Damit das Shoppen nicht zu anstrengend wird, sind auch neue Cafés entstanden. Das „Five Elephants“ zählt ebenso dazu wie „Brammibal's Donuts“ und eine „Einstein Lounge“.
Fischkutter geht in Restaurierungspause
Weitere Umzüge stehen bevor. Die Beauty-Abteilung wird vorübergehend in den vierten Stock verlagert, bevor sie nah an den Eingang kommt – getreu der Erkenntnis, dass der Einstieg ins Luxusleben in aller Regel über ein Schönheitsprodukt erfolgt. Geschlossen wird dafür der Bereich, in dem sich die Fischabteilung, die im Laufe der Zeit Kultstatus erreicht hat, befindet: sie wird in der nächsten Umbauphase vorübergehend aufgeteilt.
Auch der Fischkutter geht erst mal in die Restaurierungspause. Hier sammelten sich Liebhaber von Jakobsmuscheln, frischen Krabben und frischen Fischfilets bei Champagner und Wein. Aber auch dieser Abschied wird nur vorübergehend sein. Wer weiß, vielleicht erfolgt die Wiedergeburt nach dem nächsten Transformationsschritt dann als edle Fisch-Yacht?
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