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Wende zum gemeinnützigen Wohnungsbau? Es rumpelt noch bei der Politik in Berlin.
© dpa/Bernd von Jutrczenka

Wohnungspolitik unter Rot-Rot-Grün: Berlins linke Mietenpolitik startet krampfig

Mehr als Symbolpolitik ist nicht drin: Der Anstalt öffentlichen Rechts zur Kontrolle der Berliner Wohnungsunternehmen fehlen Mittel und Personal.

Sie rumpelt und kommt bloß stotternd voran: die Wende zur gemeinnützigen Wohnungspolitik in Berlin unter der neuen Bausenatorin Katrin Lompscher von der Linken. Nach dem Abgang ihres Kurzzeit-Staatssekretärs Andrej Holm stellt die an die Macht zurückgekehrte Senatorin an diesem Donnerstag ihre Pläne für den Aufbau der Anstalt öffentlichen Rechts (AöR) vor. Die Einrichtung soll die landeseigenen Wohnungsunternehmen auf Sozialkurs trimmen. Doch die ersten Weichenstellungen lassen Insider befürchten, dass die Anstalt allenfalls Symbolcharakter haben wird.

Es fehlt an Geld, Personal und Kompetenz

Kein eigenes Personal, zu wenig Geld, keine rechtlich verankerten Befugnisse und im Vorstand eine Pattstellung zur Entschärfung des in der Wohnungswirtschaft fast schon als Anarchist gehandelten Unternehmers und Mietrechtsaktivisten Jan Kuhnert – so sind nach Auffassung von Experten die vollmundigen Versprechungen aus dem Koalitionsvertrag nicht zu erfüllen. Denn die AöR, die der Senat nur unter dem Druck von Berlins erfolgreichem Mieten-Volksentscheid gründete, müsste tief in die Bücher der landeseigenen Firmen blicken und Kostenrechnungen einzelner Sanierungsvorhaben sowie Vermietungen überprüfen, damit sie ihre Aufgaben erfüllen kann. Doch dafür fehlen ihr bisher Mittel und Befugnisse. Die Geschäftsstelle in Gründung sollen externe Dienstleister betreiben, immerhin dafür läuft eine Ausschreibung.

„Um das wohnungswirtschaftliche Fachcontrolling zu übernehmen und die Konzepte für behutsame Modernisierungen zu entwickeln, braucht es ausreichend finanzielle Mittel, die auch im Nachtragshaushalt abgebildet werden müssen“, sagt Katrin Schmidberger. Die mietenpolitische Sprecherin der Grünen fordert zudem, dass „Aufgaben und Kompetenzen der Anstalt öffentlichen Rechts noch in diesem Jahr gesetzlich neu geregelt werden“. Kurzum, entsprechende Änderungen müssten im Wohnraumversorgungsgesetz verankert werden.

Stoische Verwaltung

Dass die mächtige Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ein Eigenleben hat und deren Fachleute ihre politische Leitung schon mal stoisch ins Leere laufen lassen, egal wer das Amt „unter“ ihnen gerade ausübt, ist ein Gerücht, das sich über das Haus seit Jahren hartnäckig hält. Eine Dekade in der Verwaltung beschäftigt ist Philipp Mühlberg, der neben Kuhnert in den Vorstand der Anstalt berufen wurde. Weil das Gremium Beschlüsse nur einstimmig fassen darf, könnte Mühlberg den Bedenkenträger und Blockierer geben – jedenfalls wenn sein Ko-Vorstand Kuhnert den landeseigenen Firmen weitreichende Reformen verordnen will.

Jan Kuhnert.
Jan Kuhnert.
© promo

Aus den Firmen und in der Branche will sich niemand offen zu diesem Thema äußern, zumal sich die Anstalt mit einer besseren Ausstattung doch noch zu einem mächtigen Aufsichtsgremium entwickeln könnte. Wenig amüsant findet man es aber, dass die landeseigenen Unternehmen nun die Wende von der Wende vollziehen müssen: die politische Lenkung durch entsprechende Besetzungen von Chefposten in den 2000er Jahren war ja gerade erst abgeschafft. Zuletzt galten kaufmännischen Kriterien, die Firmen wurden auf Effizienz und Gewinn getrimmt, der Schuldenabbau kam voran. Dass nun wieder auf Subventionen von Mieten und Neubauten umgestellt wird, sorgt für Nervosität. Von illoyalem Verhalten den politischen Vorgaben gegenüber will man trotzdem nichts wissen und verweist auf Klimaschutzabkommen und Mietenbündnis, deren Umsetzung in Berichten für das Abgeordnetenhaus unter Beweis gestellt worden seien.

Wer entscheidet was?

Dass Unsicherheit herrsche, liege auch an der politischen Gemengelage: Zuständig für die landeseigenen Firmen ist ein Finanzsenator der SPD, die Bausenatorin ist eine Linke und der Reformer in der AöR ein Grüner. Dessen Ko-Vorstand Mühlberg wiederum, einst Mitarbeiter von SPD-Bausenator Peter Strieder, wird politische Nähe zur SPD nachgesagt. In Aktivistenkreisen steht die SPD für die Leugnung der Wohnungsnot und nachfolgenden Bauprogrammen, von denen Geringverdiener aber nicht profitierten.

Bei der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung und der AöR will sich offiziell niemand äußern vor dem großen Auftritt der neuen Senatorin zu dem Thema.

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