Immer weniger Ausbildungsplätze: Berlins Grüne fordern vom Senat "Unterstützungsoffensive" für Jugendliche
Im März gab es 11,4 Prozent weniger Ausbildungsplätze als im Vorjahr. Die Grünen fordern vom rot-rot-grünen Senat nun mehr Anstrengungen, um die Schieflage am Ausbildungsmarkt zu beheben.
Im vergangenen Jahr war die Zahl der geschlossenen Ausbildungsverträge in Berlin um 12,3 Prozent zum Vorjahr gefallen. Nur in Hamburg und im Saarland ist die Lage noch dramatischer. Für das laufende Jahr sieht nicht besser aus: Die Zahl der angebotenen Plätze für einen Ausbildungslehrgang, der meist zum September beginnt, lag Ende März um 11,4 Prozent unter der von 2020.
Das entspricht etwa 1000 Lehrstellen. Zugleich geht auch die Zahl der Bewerberinnen und Bewerber zurück – wenn auch „nur“ um 6,4 Prozent „Uns drohen an der Schwelle zwischen Schule und Arbeitswelt viele junge Menschen unwiederbringlich verloren zu gehen, wenn wir nicht sofort handeln“, sagt die Grünen-Abgeordnete Bettina Jarasch, die für ihre Partei als Regierende Bürgermeisterin in Rote Rathaus einziehen will.
Gerade Jugendliche mit Unterstützungsbedarf würden es derzeit pandemiebedingt nicht schaffen, von sich aus aktiv zu werden, meint Jarasch. „Junge Menschen haben in der Pandemie große gesellschaftliche Solidarität bewiesen, wir dürfen sie gerade jetzt nicht mit den drohenden Folgen alleine lassen.“
Jarasch fordert eine „Unterstützungsoffensive für Jugendliche an der Schwelle des Berufslebens.“ Außerdem erwarte sie, „dass der Senat sich kurzfristig mit den Wirtschaftsverbänden zusammensetzt um konkret zu vereinbaren, wie Berlins Betriebe verbindlich mehr Ausbildungsplätze zur Verfügung stellen können. Alles andere wäre für den Neustart der Wirtschaft nach der Krise fatal.“
Die Initiative zu diesem Vorstoß ging aus von Stefanie Remlinger, Sprecherin für berufliche Bildung und Bildungsfinanzierung ihrer Grünen-Fraktion. „Individuelle Begleitung und Beratung ist das A und O. Deshalb fordern wir den Senat auf, umgehend ein Patenschaftsprogramm aufzulegen mit dem Ziel, allen Jugendlichen, die das wollen beziehungsweise benötigen, eine Patin oder einen Paten zu vermitteln“.
Dies können Freiwillige aus allen Bereichen der Gesellschaft, vor allem aber auch der unterbeschäftigten Berufsgruppen sowie Studierende sein. Das Programm müsse zudem professionell koordiniert werden und die Patinnen und Paten sollten „zumindest eine gute Aufwandsentschädigung erhalten“, schlägt die Expertin vor, die zugleich haushaltspolitische Sprecherin ihrer Fraktion ist. Die Finanzierung könne „über die Corona-Rücklagen“ bezahlt werden, da es sich zweifellos um coronabedingte Mehrausgaben handele.
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Die Aufforderung zu mehr Engagement auf diesem Feld richtet sich vornehmlich an die Verwaltungen von Parteifreundin und Wirtschaftssenatorin Ramona Pop und Arbeitssenatorin Elke Bereitenbach (Linke). Ein Sprecher der Wirtschaftsverwaltung sagte, es müsse Sorge getragen werden, dass weiterhin Ausbildungsplätze in ausreichender Anzahl bereitstehen.
„Deshalb hat der Senat gemeinsam mit den Verbänden in der ’Sonderkommission Ausbildungsplatzsituation’ umfangreiche Maßnahmen beschlossen, wie zum Beispiel die Förderung von bis zu 1000 außerbetrieblichen Ausbildungsplätzen und einem Angebot von weiteren 1000 vollschulischen Ausbildungsplätzen an den Oberstufenzentren.“
Die Linke Breitenbach ließ ausrichten: „Wir haben individuelle Beratungs- und Betreuungsangebote längst geschaffen. Es tut mir Leid, dass Frau Jarasch und Frau Remlinger diese Programme nicht kennen.“ Die Politikerinnen sollten aber auch wissen, dass diese Angebote für Jugendliche gut seien und sie stärken würden, „sie schaffen nur keinen einzigen neuen Ausbildungsplatz! Jedes Unternehmen entscheidet selbst, wie viele Azubis es aufnimmt“, sagt Breitenbach. Worüber man sich jetzt verständigen sollte, sei die Notwendigkeit einer Ausbildungsumlage für Betriebe".