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Der Cleantech-Pavillon an der Bitterfelder Straße dient der Vermarktung des Business-Parks.
© Wista Management GmbH
Exklusiv

Letzte Chance Wachstum: Berlins größtes Industrieareal legt von 90 auf 300 Hektar zu

Der Cleantech Business Park in Marzahn ist noch immer ziemlich leer. Jetzt beziehen die Vermarkter das Gewerbegebiet nebenan ein – und setzen auf Wissenschaft.

Es ist Berlins größtes Industriegebiet, 90 Hektar groß, mit rund 40 Millionen Euro Förderung erschlossen – und steht doch weitgehend leer. Trotz boomender Wirtschaft und eines zunehmenden Mangels an Flächen in der Hauptstadt ist im Cleantech Business Park in Marzahn bisher nur die Ansiedlung eines Unternehmens gelungen: der Swissbit AG, ein Hersteller von Speichermedien für Industrieanwendungen, darunter auch Windkraftanlagen. Immer wieder war von Gesprächen mit Firmen die Rede, nur Ergebnisse gab es nicht.

Die ersten Träume zerschellten schon, bevor es losgehen konnte: Die Solarindustrie, Boombranche der Nullerjahre, sollte ein Zuhause in Marzahn finden. Doch als der Park 2016 zur Vermarktung bereit stand, war nicht mehr viel von ihr übriggeblieben – die ausländische Konkurrenz, vor allem in China, hatte die Deutschen überholt.

Nachdem der Bezirk Marzahn-Hellersdorf jahrelang selbst versucht hatte, die Grundstücke zu verkaufen, hat er diese Aufgabe zum 1. Oktober 2020 an die Landesfirma Wista abgegeben, die schon den Technologiepark Adlershof zu einer Erfolgsgeschichte gemacht hat.

Wie will sie das auch in Marzahn schaffen? Erst einmal mit einem Kniff: indem das Areal von 90 auf 300 Hektar aufgeblasen wird. Denn wenn von Cleantech die Rede ist, soll es ab sofort nicht mehr nur um den Cleantech Business Park im engeren Sinne gehen. Als Zukunftsort Cleantech Marzahn, eines von elf besonderen wirtschaftlichen Entwicklungsgebieten in Berlin, definieren Wista und bezirkliche Wirtschaftsförderung nun das gesamte Industriegebiet westlich der Märkischen Allee bis hinunter zum Knorr-Bremse-Areal an der Landsberger Allee. Das sei das Ergebnis eines Profilierungsprozesses, heißt es bei der Wista.

Neue Firmen brauchen die, die schon am Standort sind

Auf den ersten Blick sieht das eher nach Verwässerung aus. Schließlich geht es beim Cleantech Business Park um nachhaltige Technologien, während im Gewerbegebiet südlich davon alle möglichen Branchen vertreten sind. Wista-Geschäftsführer Roland Sillmann hält das Erfolgsbeispiel Adlershof dagegen: Dort gebe es nach 30 Jahren etwa 1200 Firmen, von denen aber nur die Hälfte dem Profil des Technologieparks entspreche.

Die anderen seien genauso wichtig. „Die brauchen sich gegenseitig“, sagte Sillmann dem Tagesspiegel. Es gehe um Zuliefer- und Verkehrsstrukturen. „Es wäre dämlich, das nicht zu nutzen, was schon da ist.“ Ohnehin sei Marzahn als Produktionsstandort „sehr, sehr gut“ geeignet. Bevor er zur Wista kam, war Sillmann dort selbst mit seiner Solarfirma Inventux in eine frühere Bombardier-Halle eingezogen. 2014 wurde das Unternehmen abgewickelt.

Ein Transfer-Hub soll Know-how in die Wirtschaft tragen

Um die Attraktivität der beinahe leeren Fläche des Business Parks zu steigern, wollen Wista und bezirkliche Wirtschaftsförderung zunächst die dynamische Entwicklung seines Umfelds verstärken. Mehrere Dutzend Firmen hätten sich in den vergangenen Jahren rund um Bitterfelder und Boxberger Straße angesiedelt, berichtete Wirtschaftsstadträtin Nadja Zivkovic (CDU).

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Sie können ab sofort auf die Dienste einer neuen Einrichtung zugreifen: ein Transfer-Hub, das die Übermittlung des Know-hows von der Wissenschaft in die Wirtschaft beschleunigt. Wista und Bezirk kooperieren dafür mit der Hochschule für Technik und Wirtschaft (HTW). Ein Gebäude gibt es dafür noch nicht, aber einen Mitarbeiter, der Kontakte zwischen Firmen und Forscher:innen vermitteln soll.

Die Senatswirtschaftsverwaltung schiebt das Vorhaben mit knapp 90.000 Euro über 20 Monate an. Es gehe um „niedrigschwellige Angebote“, die Firmen leicht erreichen, sagte Stefanie Molthagen-Schnöring, Vizepräsidentin für Forschung und Transfer bei der HTW, dem Tagesspiegel. „Es müssen nicht immer gleich die großen Projekte sein, für die Unternehmen gar nicht unbedingt die Ressourcen haben.“

Kooperationen mit Studierenden oder Start-ups

Die HTW bereite digitale Workshops vor. Marzahner Firmen könnten im Sommer außerdem an der „Innovationswerkstatt“ der Hochschule teilnehmen: Studierende bearbeiten Aufgaben, die von den Unternehmen kommen. Kooperationen seien viele denkbar: Gemeinsame Projekte zur Verbesserung der Produktionsabläufe, bei denen die HTW ihre Ingenieure, Designer und BWLer ins Boot hole, genauso wie der Kontakt zu Start-ups mit innovativen Produkten, die oft „Pilotkund:innen“ in der Industrie suchten. Und nebenbei könnten Praktika oder Abschlussarbeiten im Betrieb den Firmen auch bei der Personalgewinnung helfen.

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Mit dem Spree-Hub ist bei der HTW seit 2020 schon ein ähnliches Projekt in Schöneweide im Aufbau, einem weiteren Berliner Zukunftsort im Osten. Bezirk und Wista können sich auch vorstellen, Forschungseinrichtungen in Marzahn anzusiedeln. Die HTW hat andere Pläne: Von fünf Standorten sind nur noch zwei übrig – mittelfristig will sie ihre Aktivitäten an einem zentralen Spree-Campus in Oberschöneweide bündeln. Die Auslagerung von Instituten sei nicht geplant.

Bis zu 15 Jahre kann die Cleantech-Vermarktung dauern

Wann also ist mit neuen Firmen für den Cleantech Business Park zu rechnen? Der Wista-Chef bittet um Geduld. Auch Adlershof sei lange Zeit grüne Wiese gewesen, aber habe sich nur so erfolgreich entwickeln können, weil man dem Konzept treu geblieben ist. Dort habe es sogar Anfragen für ein Thermalbad gegeben, die man aber abgelehnt habe.

Wista-Geschäftsführer Roland Sillmann will dem Cleantech Business Park Zeit geben - und das Umfeld befeuern.
Wista-Geschäftsführer Roland Sillmann will dem Cleantech Business Park Zeit geben - und das Umfeld befeuern.
© Wista Management GmbH

Bis zu 15 Jahre kalkuliert die Wista für die Vermarktung des Cleantech Business Parks ein. Es gebe aktuell mit mehreren Firmen Gespräche, sagte Sillmann wie alle Verantwortlichen vor ihm. Das Ziel seien Ansiedlungen noch in diesem Jahr. „Aber wir werden es nicht machen, wenn sie nicht passen.“

Viel Platz für kleine Ansiedlungen – aber gern auch Tesla

Während das Projekt insgesamt wächst, werden auf der großen Brache die Grundstücke kleiner: Die Wista will vermehrt auf Ansiedlungen ab zwei Hektar setzen, so groß ist auch das Swissbit-Grundstück. Ab zehn Hektar müsse das Unternehmen schon „sehr gut“ das Profil der nachhaltigen Technologien erfüllen, sagte Sillmann.

Zum Beispiel Tesla? Firmenchef Elon Musk hat angekündigt, neben der Gigafabrik in Brandenburg wolle er in Berlin ein Design- und Entwicklungszentrum einrichten. Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) wirbt für die „Urban Tech Republic“ am alten Flughafen Tegel. Doch die ist weit weg von Grünheide. Deshalb sind auch Adlershof oder Oberschöneweide im Gespräch. Sillmann sagt: „Marzahn wäre für Tesla in jedem Fall eine realistische Alternative.“

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