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Die Briefwahl liegt im Trend, auch bei der Europawahl 2019.
© dpa
Update

Briefwahl-Beteiligung nimmt zu: Berliner zeigen großes Interesse an Europawahl

Knapp vier Wochen vor der EU-Wahl zeichnet sich in Berlin eine hohe Beteiligung ab: Deutlich mehr Menschen als zuletzt beantragten Briefwahl.

Bis zum 1. Mai haben schon 177.730 Berliner die Briefwahlunterlagen für die Europawahl angefordert. Seit gut zwei Wochen werden an alle 2,5 Millionen Wahlberechtigten in Berlin die Wahlbenachrichtigungen verschickt. Seitdem kann jeder Wahlberechtigte die Briefwahlunterlagen online, per Post oder persönlich beantragen.

Allerdings wurden Wahlunterlagen doppelt verschickt, wie der Tagesspiegel-Newsletter "Checkpoint" am Donnerstag berichtete. Ein Leser bekam sogar drei Mal Post, wie tags drauf bekannt wurde - und das hatte Folgen. Hier gibt es die Geschichte aus dem "Checkpoint" vom Freitag.

Generell ist die Nachfrage viel höher als bei der EU-Wahl vor fünf Jahren, da hatten im selben Zeitraum vor dem Wahltermin erst 111.052 Bürger die Briefwahl beantragt. Die aktuelle Zahl ist sogar höher als bei der Abgeordnetenhauswahl 2016, als zum selben Zeitpunkt vor der Wahl 163.368 Berliner einen Wahlschein angefordert hatten.

Wenn sich der aktuelle Trend fortsetzt, ist in Berlin mit einer überdurchschnittlich hohen Wahlbeteiligung bei der Europawahl zu rechnen, die in Deutschland am 26. Mai stattfindet. Mehr als 50 Prozent scheinen möglich zu sein. Bei der EU-Wahl 2014, die gleichzeitig mit dem Volksentscheid zur Freihaltung des Flughafengeländes Tempelhof stattfand, lag die Wahlbeteiligung bei 46,7 Prozent.

Das bisherige Rekordergebnis bei einer Europawahl in Berlin wurde 1994 erzielt, mit damals 53,5 Prozent.

Eine Briefwahlquote über 30 Prozent ist möglich

"Ich vermute, dass es ein höheres Interesse an der Europawahl gibt, auch wegen des Brexit, und damit auch eine höhere Wahlbeteiligung", sagt Geert Baasen, Chef der Geschäftsstelle der Landeswahlleiterin. Hinzu komme sicherlich eine weiter steigende Briefwahlquote. Der Anteil der Briefwähler an den gültigen Stimmen könnte also ebenfalls neue Höhen erklimmen. Seit der Abgeordnetenhauswahl 2011 schwankt die Quote in Berlin zwischen 27,6 und 29,2 Prozent.

Die aktuell hohe Nachfrage nach einem Wahlschein deutet daraufhin, dass bei der Europawahl 2019 über 30 Prozent der Berliner Wähler ihren Stimmzettel per Brief abgeben werden. Allerdings nur dann, wenn in den nächsten Wochen das große Interesse an der EU-Wahl in der Hauptstadt anhält.

Ständig steigende Briefwahlquoten sind keine Berliner Spezialität, sondern bundesweit zu beobachten. Das zeigen die Ergebnisse früherer Europa-, Bundestags- und Abgeordnetenhauswahlen in Berlin. Der Anteil der Briefwähler ist in Berlin bei den Anhängern von CDU und FDP in der Regel besonders hoch. Auch die Grünen profitieren geringfügig, während die Briefwahlquoten von SPD und Linken, aber auch der AfD meistens unter dem Durchschnitt liegen.

Panne beim Versenden der Wahlunterlagen in Tempelhof-Schöneberg

In Tempelhof-Schöneberg, so beschwerten sich auch Leser des Tagesspiegel, erhielten Wahlberechtigte ihre Wahlunterlagen doppelt. Davon seien im Bezirk insgesamt 173 Wahlscheine betroffen, bestätigte Geschäftsstellenleiter Baasen. Es habe sich um ein "technisches Problem des Druckers in Kombination mit einer Verkettung unglücklicher Umstände (Papierstau etc.)" gehandelt. Das Bezirkswahlamt habe die betreffenden Wahlscheine annulliert und neue Unterlagen verschickt. Vergleichbare Probleme in anderen bezirklichen Wahlämter seien ihm nicht bekannt.

Wer bis zum Ende dieser Woche keine Wahlbenachrichtigung für die Europawahl erhalten hat, kann ins Wählerverzeichnis Einsicht nehmen, um zu prüfen, ob er dort eingetragen ist. Wenn nicht, kann die Aufnahme ins Verzeichnis spätestens bis zum 10. Mai beantragt werden. Wer eine Wahlbenachrichtigung bekommen hat, sie aber nicht mehr findet, kann trotzdem wählen. Aber nicht vergessen, einen Lichtbildausweis mit ins Wahllokal zu nehmen!

2009 gab es eine Wahlprüfungsbeschwerde gegen die Europawahl

Nicht allen ist die Briefwahl geheuer, allerdings nicht wegen technischer Pannen. Denn niemand weiß, unter welchen Umständen und von wem die Stimmzettel zu Hause auf dem Sofa oder am Küchentisch ausgefüllt werden. Zuletzt hatte sich das Bundesverfassungsgericht im Juli 2013 mit einer Wahlprüfungsbeschwerde gegen die Europawahl 2009 befasst. Eine Klage, die erfolglos blieb.

Damals wies das Gericht „auf die zunehmende Mobilität in der heutigen Gesellschaft und eine verstärkte Hinwendung zu individueller Lebensgestaltung“ hin. Die Zulassung der Briefwahl diene unter diesen Umständen dem Ziel, „eine möglichst umfassende Wahlbeteiligung zu erreichen“. Dass andere Grundsätze (Wahlgeheimnis, Wahlfreiheit und Integrität der Wahl) durch die Briefwahl verletzt würden, sei bislang nicht erkennbar. Damit wurden vorherige Urteile des Bundesverfassungsgerichts bestätigt.

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