Händler kritisieren „panikgetriebene Politik“: Berliner Weihnachtsmärkte stehen vor neuen Problemen
Einige Weihnachtsmärkte in Berlin haben aufgrund des Teil-Lockdowns für diesen Winter bereits abgesagt. Andere Betreiber hoffen noch – auch für ihre Händler.
Der Teil-Lockdown stellt die Berliner Weihnachtsmarktbetreiber vor neue Schwierigkeiten. Nach der Veranstaltung auf dem Gendarmenmarkt in Mitte wurde nun auch der Weihnachtsmarkt vor dem Schloss Charlottenburg abgesagt. Veranstalter Tommy Erbe begründete dies am Dienstag damit, dass er und die Händler auch für den Dezember mit zu starken Einschränkungen in der Coronakrise rechneten. Er beklagt ein „großes Versäumnis der Politik“ und findet, es sei „Vertrauen verlorengegangen“. Spätestens im Sommer hätte es eine „klare Handlungsmaxime“ geben müssen.
Aus Erbes Sicht wäre die Ansteckungsgefahr im Freien gering gewesen, zumal sein „umfangreiches Hygienekonzept“ von den Ämtern als sehr gut bewertet worden sei. Händler hätten die neuesten Vorschriften ihm gegenüber „unlogisch“ genannt und die „panikgetriebene Politik“ kritisiert. Die Verkäufer und Gastronomen hätten „ihre letzten Einnahmen vor einem Jahr bei uns gemacht“ und kaum finanzielle Reserven.
Andere Veranstalter wollen noch abwarten, wie sich die Lage entwickelt. Der Weihnachtsmarkt an der Gedächtniskirche auf dem Charlottenburger Breitscheidplatz soll nach Auskunft des Berliner Schaustellerverbands am 2. Dezember beginnen. „Für die Schausteller ist es eine der letzten Chancen, die Verluste, die sie in diesem Jahr gemacht haben, wieder abzufangen“, heißt es.
Einzelheiten zum Hygienekonzept würden spätestens am Mittwoch bekanntgegeben. Die Schausteller veranstalten den Markt gemeinsam mit dem Unternehmerverein AG City. Das Bezirksamt Charlottenburg-Wilmersdorf will die nördliche Fahrbahn der Tauentzienstraße bis zur Ecke Nürnberger Straße sperren, um mehr Abstand zwischen den Ständen zu schaffen.
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Auch der Weihnachtsmarkt „Lucia“ in der Kulturbrauerei soll am 1. Dezember öffnen. „Wir sind gerade über die Wirtschaftsförderung mit dem Krisenstab in Pankow in Gespräch“, sagte der Betreiber Michael Wiegner. Er hoffe auf eine baldige erste Entscheidung. Würde sich der Beginn auf die zweite Dezemberwoche verschieben, lohne sich der Aufwand nicht mehr, „zumal diesmal auch nicht mit Touristen zu rechnen ist“. Trotzdem trage er für die etwa 70 angemeldeten Händler Verantwortung. „Deshalb kämpfen wir noch darum“, sagt Wiegner, „aber die Hoffnung wird von Tag zu Tag kleiner“.
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Ursprünglich hätte der Weihnachtsmarkt am 23. November öffnen sollen. Nun müssten die Verträge geändert, alle Werbungen neu geschrieben und der Weihnachtsbaum eine Woche später als geplant gefällt werden. Nach den neuesten Corona-Auflagen dürften sich nur noch höchstens 1000 Gäste gleichzeitig in der Kulturbrauerei aufhalten. „Das ist die Untergrenze, bei der sich der Weihnachtsmarkt für die Händler gerade noch so lohnt.“
Auch die Betreiber der Weihnachtsmärkte vor dem Roten Rathaus und am Alexanderplatz, sowie der „Winterwelt“ am Potsdamer Platz hoffen darauf, am 1. Dezember eröffnen zu können. Die „Winterwelt“ hat nach drei Tagen wieder geschlossen. „Aber wir haben alles stehen lassen“, sagt der Betreiber, Arnold Bergmann. Rund 150 Kleinbetriebe hingen finanziell von dem Weihnachtsmarkt ab, der Veranstalter hofft auf Unterstützung von staatlicher Seite. Auch er will abwarten, was der Senat Mitte November verlauten lasse. „Die Hoffnung stirbt zuletzt.“