50.000 Unterschriften gegen teure Mieten: Berliner Volksentscheid nimmt erste Hürde
Die Initiatoren des Mietenvolksentscheids in Berlin verzeichnen einen ersten Erfolg: Mit 50.000 Unterschriften reichten sie mehr als doppelt so viele ein wie erforderlich.
Erster Erfolg für die Initiatoren des „Mietenvolksentscheids“ in Berlin: Fast 50.000 Unterschriften haben die Aktivisten am Montag der Berliner Senatsverwaltung für Inneres zur Prüfung vorgelegt. Das sind mehr als doppelt so viele, wie bei der ersten Stufe zur Einleitung des Volksentscheids erforderlich wären, nämlich 20.000. Ziel ist die Durchsetzung eines Gesetzes für eine soziale Wohnungspolitik sowie bezahlbare Mieten.
„Wir haben in den letzten Wochen eine unglaubliche Unterstützung und Zuspruch erlebt“, sagte Stephan Junker vom Mietenvolksentscheid. Es gelte, die „desolate Politik im sozialen Wohnungsbau“ zu stoppen. Außerdem müsse der Senat die landeseigenen Wohnungsunternehmen so umgestalten, dass sich auch wieder Haushalte mit überschaubaren Einkommen Wohnungen in Berlin leisten können.
Der Senat muss nun die Gültigkeit der Unterschriften prüfen und hat vier Wochen Zeit, sich zur Gesetzesinitiative zu verhalten. Bausenator Andreas Geisel (SPD) verweist an die zuständige Innenverwaltung. Sie müsse nun auch prüfen, ob es verfassungsrechtliche Bedenken gebe. Die Initiative „Mehr Demokratie“ nennt dies „politisch motiviert“. Der Verfassungsgerichtshof habe bereits beim Kita-Volksbegehren klargestellt, dass Volksbegehren in Berlin auch dann zulässig seien, wenn sie „finanzwirksam“ seien.
Geisels Verwaltung schätzt die Kosten für die Umsetzung der vom Entscheid geforderten Maßnahmen auf 3,3 Milliarden Euro. Vor allem die erneute Einführung der „Anschlussförderung“ für Sozialbauten, die vor 15 Jahren oder mehr mit staatlichem Geld errichtet wurden, schlagen schwer zu Buche.
Bedenken, „ob die Verheißungen in der Broschüre des Mietenvolksentscheids den Realitäts-Check überstehen“, äußerte auch der stellvertretende Fraktionschef der CDU, Stefan Evers. Dass Handlungsbedarf besteht, habe aber auch die CDU auf ihrer Fraktionsklausur am Wochenende festgestellt. Sie spricht sich dafür aus, die Förderung im Sozialen Wohnungsbau auszuweiten.
In Berlin fehlen laut Experten 100.000 bezahlbare Wohnungen
Vor etwa zwei Jahren leitete der Senat die Wende in der Wohnungsbaupolitik ein. Berlin führte als erstes Bundesland an diesem Montag die Mietpreisbremse ein. Land und Bezirke stellten Bauland bereit, und die landeseigenen Wohnungsunternehmen begannen mit dem Bau tausender Wohnungen. Weil aber Berlin jährlich um 40.000 Menschen wächst, fehlt es trotzdem an Wohnungen, besonders für Haushalte mit geringen Einkünften. Diese Not befeuert den Volksentscheid.
Hinzu kommt, dass in den großen Neubaugebieten des Landes trotz städtebaulicher Verträge mit Bauherren bisher keine Wohnungen entstehen, deren Mieten oder Belegung das Land kontrolliert. Dies gestand die Bauverwaltung auf eine Anfrage der Grünen ein. „Der Senat erklärt den Neubau immer zum Allheilmittel zur Lösung der Wohnungsnot, aber bezahlbarer Wohnraum entsteht so nicht“, sagte die Grünen-Abgeordnete Katrin Schmidberger. Stadtsoziologen zufolge fehlen in der Stadt 100.000 „bezahlbare Wohnungen“.