In Berlin gilt jetzt die Mietpreisbremse: Ein bisschen weniger Spekulation
Lange wurde über ihre Einführung gestritten, nun kommt sie: Ab sofort gilt in Berlin die Mietpreisbremse. Was wird sie bewirken – und kann sie überhaupt erfolgreich sein? Antworten auf die wichtigsten Fragen.
Am heutigen Montag tritt sie in Kraft, die Mietpreisbremse. Lange haben die Koalitionäre SPD und CDU über ihre Ausgestaltung gestritten. Hauseigentümer äußerten Bedenken und Mieterverbände kämpften gegen eine „Verwässerung“ der geplanten Regelungen. Schließlich gab es Korrekturen, aber keine grundlegende Änderungen an dem Gesetz, mit dem die Bundesregierung die rasant steigende Mietpreise in Ballungsgebieten bekämpfen will.
Was ist die Mietpreisbremse, und wie wirkt sie?
Grob gesagt begrenzt das Gesetz den Spielraum für Mieterhöhungen auf maximal zehn Prozent über den sonst am Markt üblichen Mieten. Außerdem müssen Wohnungssuchende künftig nicht mehr für den Makler bezahlen, der die Immobilie vermittelt: Durch Einführung des „Bestellerprinzips“ bezahlt derjenige die Provision, der den Makler beauftragt hat, und das ist meistens der Hauseigentümer.
Gilt die Mietpreisbremse überall?
Nein, nur in Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt, und auch dort nur, wenn die Kommune dies nachweist und eine entsprechende Rechtsverordnung erlässt. Der Bund hat die Kommunen durch das Gesetz nur dazu ermächtigt, die Mietpreisbremse einzuführen. Berlin hat unmittelbar gehandelt, hier tritt die Mietpreisbremse mit der Ermächtigung am 1. Juni in Kraft.
Warum ist die Einführung der Mietpreisbremse in Berlin so wichtig?
Weil in der Hauptstadt der Spielraum für Spekulationen besonders hoch ist. In keiner anderen deutschen Stadt ist der Unterschied so groß zwischen den Mietpreisen in Altverträgen von langjährigen Wohnungsnutzern und den Mieten der frei am Markt angebotenen Immobilien: Im Bestand beträgt die Durchschnittsmiete nach dem neuen Mietspiegel 5,84 Euro je Quadratmeter und Monat, wer dagegen eine freie Wohnung am Markt sucht, zahlt mehr als acht Euro je Quadratmeter und Monat im Durchschnitt. Deshalb ist die Verlockung unter Hauseigentümern groß, die Miete drastisch anzuheben, sobald ein langjähriger Mieter auszieht. Dem soll die Mietpreisbremse einen Riegel vorschieben. Nach deren Einführung dürfte eine durchschnittliche Wohnung auch bei einem Mieterwechsel maximal 6,42 Euro je Quadratmeter und Monat kosten (Mietspiegel 5,84 Euro je Quadratmeter plus zehn Prozent).
Was muss ich tun, wenn ich vermute, dass die Miete der neuen Wohnung zu hoch ist?
Zunächst den neuen Mietspiegel 2015 zurate ziehen. Im Internet auf der Seite der Senatsverwaltung für Stadtentwicklung ist dies beispielsweise möglich. Fordert der Hauseigentümer mehr als die ortsübliche Miete zuzüglich zehn Prozent, sollte der Mieter ihn schriftlich um Auskunft über die Zusammensetzung der Miete bitten. Außerdem muss der Mieter dem Vermieter eine Rüge zustellen mit dem Hinweis darauf, dass die auf Grundlage des Mietspiegels ausgerechnete Kappungsgrenze überschritten wird. Nur wer nachweisen kann, dass der Vermieter die schriftliche Rüge erhalten hat, kann später die zu viel gezahlte Miete vom Zeitpunkt der Zustellung an zurückfordern – falls die Kappungsgrenze tatsächlich überschritten wurde.
Aber was nützt der Mietspiegel, nachdem das Berliner Amtsgericht diesen als Beweismittel abgelehnt hat?
Der Mietspiegel gilt weiterhin, denn nur eine Richterin ist der Bewertung von einem einzigen Mietgutachter gefolgt, dass der Mietspiegel „unwissenschaftlich“ erstellt sei. Deshalb geht jetzt in einem konkreten Fall eine Mieterhöhung über die Grenzen des Mietspiegels in Ordnung. Allerdings ist dieses Urteil noch gar nicht rechtskräftig und das Landgericht könnte bei dessen Überprüfung zu einem anderen Ergebnis kommen. Außerdem hat Justizminister Heiko Maas (SPD) bereits eine Art Mietrechtsreform 2.0 angekündigt, die unter anderem bundesweit einheitliche Regeln für die Erstellung eines Mietspiegels festlegen könnte. Maas hält wie die meisten Experten den Mietspiegel weiterhin für gültig. Richtig ist aber auch, dass Vermieter sich auf das Urteil berufen und versuchen können, auch in anderen Fällen deftige Mieterhöhungen oberhalb der Mietspiegelgrenzen mit Hilfe von Gutachtern durchzusetzen. Dafür spricht, dass gleich zwei einflussreiche Berliner Vermieterverbände (Haus und Grund; Bundesverband freier Wohnungsunternehmen) den neuen Mietspiegel 2015 mit Hinweis auf das Urteil nicht anerkannt haben.
Es gibt auch Fälle, in denen die Mietpreisbremse nicht greifen soll. Welche sind das?
Wenn die Miete vor Einführung der Bremse bereits oberhalb der Kappungsgrenze lag, muss der Hauseigentümer diese auch bei einer Wiedervermietung nicht wieder absenken. Ausgenommen von der Mietpreisbremse sind außerdem Wohnungen, die der Vermieter umfassend saniert hat. „Umfassend“ heißt, dass sich die Kosten der Arbeiten auf ein Drittel der Summe belaufen, die der Vermieter für den Neubau dieser Wohnung hätte aufwenden müssen. Nicht unter das neue Gesetz fallen auch neu gebaute Wohnungen. Diese können wie bisher zu der am Markt erzielbaren Miete vergeben werden. Für weniger als elf Euro je Quadratmeter und Monat ist ein Neubau kaum zu haben, so viel betragen die Baukosten in Berlin laut landeseigenen Wohnungsunternehmen mindestens.
Und dort, wo die Mietpreisbremse greift, steigen die Mieten gar nicht mehr?
Wenn der Vermieter schon die maximale Miete verlangt, kann er erst wieder erhöhen, wenn ein neuer Mietspiegel mit noch höheren Mieten erscheint – oder eben diesen infrage stellen mit Hilfe von Gutachtern. Für alle anderen Verträge gilt: Hier darf der Hauseigentümer die Mieten um 15 Prozent alle drei Jahre anheben, aber insgesamt nicht höher als das Ortsübliche plus zehn Prozent. Nur wenn der Vermieter investiert, ist es anders: Bei einer Verbesserung des Wohnwertes kann der Hauseigentümer elf Prozent der Kosten dieser „Modernisierung“ auf den Mieter umlegen, wenn er einen Balkon anbaut zum Beispiel.
Welche Kritik gibt es an der Mietpreisbremse?
Kritisiert wird, dass die Wohnungsnot nicht durch die Begrenzung von Mieten zu lindern sei, sondern nur durch den Neubau von Wohnungen. Dazu müsse die Bundesregierung mehr Bauland bereitstellen und Regulierungen sowie Vorschriften abschaffen, damit die Kosten von Neubauten sinken. Außerdem gefährde die Mietpreisbremse den „Rechtsfrieden“ zwischen Vermietern und Mietern, erklärt die Bundesarbeitsgemeinschaft Immobilienwirtschaft Deutschland. Deren Chef Jens-Ulrich Kießling zufolge müssen Vermieter künftig eine Million Stunden jährlich eigens dafür aufwenden, um das „zulässige Mietniveau“ zu ermitteln. Der Mietspiegel sei schließlich „statistisch und damit auch rechtlich angreifbar“. Aus den Reihen der Opposition kommt die Kritik, dass die Mietpreisbremse zunächst nur befristet für die Dauer von fünf Jahren gilt – sie hätte sich eine unbegrenzte Laufzeit gewünscht.