Nach Nutzung als Flüchtlingsunterkünfte: Berliner Turnhallen bleiben länger gesperrt als geplant
In vielen Berliner Turnhallen kann wegen der Nutzung als Notunterkünfte erst nächstes Jahr wieder Sport gemacht werden. Ein Überblick nach Bezirken.
Mindestens elf Sporthallen, die als Notunterkünfte für Geflüchtete dienten, stehen erst im nächsten Jahr wieder für den Schul- und Vereinssport in Berlin zur Verfügung. Weitere vier Hallen können sogar erst 2019 wieder in Betrieb genommen werden – und für die Sanierung von vier Sporthallen gibt es bisher keine Termine.
Das bedeutet, dass viele Berliner Sportvereine schon den dritten Winter in Folge nicht ihre angestammten Hallen nutzen können. Betroffen sind Sportstätten in Neukölln, Reinickendorf, Treptow-Köpenick, Mitte und Steglitz-Zehlendorf.
„Das ist eine Belastung, die deutschlandweit ohne Beispiel ist“, sagte der Vize-Präsident des Landessportbundes (LSB), Thomas Härtel, dem Tagesspiegel. Das „lange Hin und Her zwischen Zuständigkeiten und Abstimmungen für die Sanierung“ habe viel Zeit gekostet. Ein vereinfachtes Ausschreibungsverfahren und eine Bündelung der Verfahren wäre hilfreich gewesen.
Zeitpläne für Sanierung inakzeptabel
„Senat und Bezirke tragen gemeinsam die Verantwortung, schnell die Sportfähigkeit aller Hallen zu gewährleisten.“ Die Zeitpläne für die Sanierung der insgesamt 63 Hallen an 52 Standorten sei nicht akzeptabel. Nach Schätzung des LSB sind etwa 200 Berliner Vereine betroffen, so die mitgliederstarken Basketballer, Hockeyspieler oder Volleyballer, die im Winter nicht auf Außensportanlagen ausweichen können.
Ursprünglich sollten die als Notunterkünfte verwendeten Hallen, in denen auf dem Höhepunkt der Flüchtlingskrise etwa 10 400 Menschen untergebracht wurden, schon im vergangenen Sommer wieder zur Verfügung stehen. Aber der Senat konnte die selbst gesetzten Ziele nicht einhalten. Es klappte nicht mit der Abstimmung zwischen den Behörden, die Ausschreibungsverfahren waren kompliziert und teilweise fehlerhaft und es wurde auch immer schwieriger, für die Sanierung noch Handwerker zu bezahlbaren Preisen zu finden.
Sanierungsbedarf unterschiedlich
Der Sanierungsbedarf in den einzelnen Sporthallen sei sehr unterschiedlich, sagte ein Sprecher der Sportverwaltung. Die Kosten der Sanierung werden vom Senat auf knapp 24 Millionen Euro geschätzt. Nur in Tempelhof-Schöneberg wurden keine Sporthallen als Flüchtlingsunterkünfte genutzt, weil dort die Hangars des früheren Tempelhofer Flughafens als Notunterkunft zur Verfügung stand.
Die meisten Sporthallen stellten Steglitz-Zehlendorf, Pankow und Mitte zur Verfügung. 160 Vereinen, die teilweise viele Mitglieder verloren, zahlt der Senat auf Initiative des Abgeordnetenhauses eine pauschale Entschädigung, dafür stehen 950 000 Euro zur Verfügung.
Charlottenburg-Wilmersdorf
In Charlottenburg-Wilmersdorf waren insgesamt drei Hallen mit Geflüchteten belegt, wobei das Horst-Korber-Zentrum unter die Zuständigkeit des Landessportbunds und die Sporthalle der Leopold-Ullstein-Schule in die Zuständigkeit der Senatsverwaltung fallen. Alle drei Hallen wurden im Dezember freigezogen und befinden sich derzeit in der Sanierungsphase.
Diese wird allerdings dadurch verzögert, dass die entsprechenden Fachfirmen sehr gefragt und daher nur begrenzt verfügbar sind. Sportstadträtin Heike Schmitt-Schmelz zu der Belastungsprobe: „Besonders möchte ich den Sportvereinen für ihre Solidarität und Zusammenarbeit danken, die es ermöglicht hat, vielen Menschen in einer Notsituation schnell zu helfen und Ihnen eine Unterkunft zu bieten".
Friedrichshain-Kreuzberg
Zwei der sechs als Notunterkünfte genutzten Hallen sind bereits wieder in Betrieb. Das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg rechnet damit, dass alle Sportstätten vor Ablauf dieses Jahrs wieder in Betrieb genommen werden können. Die Belegung mit Geflüchteten habe zu einer Verdichtung des Sportangebotes geführt, so das Bezirksamt.
Das bedeutet konkret, dass Schulsportstunden durch Vermittlung des Sportkoordinators in freie Hallen umgelegt wurden. Kürzungen im Schul- und Vereinssport mussten Schüler und Vereinssportler aber dennoch hinnehmen.
Lichtenberg
Obwohl in Lichtenberg insgesamt fünf Turnhallen belegt waren, tauchen davon nur drei in der Tabelle des Landessportbunds auf: Die Sportstätte Alt-Friedrichsfelde 60 wurde nicht mehr als Turnhalle genutzt, die beiden Hallen an der Klützer Straße werden vom Bezirk verwaltet, die drei anderen Hallen unterliegen dem Land Berlin.
Der Betrieb in der Klützer Straße ist längst wieder angelaufen, nachdem die Hallenböden für 35 000 Euro renoviert wurde. Davon wurde allerdings nur ein geringer Anteil von der landeseigenen Immobiliengesellschaft BIM, die auch die Schätzungen der entstandenen Schäden vornimmt, erstattet.
Marzahn-Hellersdorf
In Marzahn-Hellersdorf wurden die vier belegten Hallen bereits im laufe vergangenen Jahres freigezogen und werden derzeit renoviert. In den drei bezirklichen Turnhallen an der Rudolf-Leonhardt-Straß, an der Carola-Neher-Straße und am Baltenring sollen aber spätestens ab Mitte September wieder Schulen und Vereine trainieren. "Ganz prinzipiell hat die Bereitstellung der Mittel durch den Senat gut und unkompliziert geklappt und wir sind froh, alle Hallen ab September wieder vollkommen für den Vereinssport nutzen zu können.
Und ebenso, dass die Geflüchteten inzwischen in menschenwürdigere Unterbringungen umziehen konnten", sagt Bezirksstadtrat Gordon Lemm. In der Rudolf-Leonhardt-Straße werden die Sportler auf neuem Boden trainieren können - 220 000 Euro zusätzlich bekam der Bezirk über ein Dachsanierungsprogramm bewilligt und baut dafür einen neuen Sportboden ein. Bei allen bezirklichen Hallen liegen die renovierungskosten bei knapp unter 200 000 Euro.
Mitte
Seit Anfang Februar sind die drei in Mitte mit Flüchtlingen belegten Hallen an der Turmstraße, der Wiesenstraße und der Siemensstraße wieder frei. Derzeit befinden sich alle drei im Sanierungsprozess. An der Siemensstraße werden die Arbeiten voraussichtlich in der zweiten Oktoberwoche abgeschlossen sein, an der Wiesenstraße Mitte November und an der Turmstraße, wo umfangreiche Renovierungsarbeiten nötig sind, erst Anfang Dezember. Bis dahin werden die Hallen für Schul- und Vereinssport geschlossen bleiben.
Neukölln
In Neukölln macht man aus der Not eine Tugend und renoviert die beiden baufälligen Doppelstockturnhallen am Buckower Damm und am Efeuweg umfassend. Drei Millionen Euro kostet das Vorhaben, 1,81 Millionen bekommt der Bezirk vom Senat erstattet, die Differenz stockt der Bezirk auf. „Alles Andere wäre Stückwerk gewesen“, sagt Schul- und Sport-Bezirksstadtrat Jan-Christoph Rämer. Schulsport musste in den vergangenen zwei Jahren kaum ausfallen, dafür handelte der Bezirk Kürzungen der Trainingszeiten mit den Vereinen aus.
Pankow
In Pankow sind vier von sechs bezirklichen Sporthallen -die beiden anderen Sporthallensind in Landesbesitz- schon seit Mai wieder in Betrieb, die Halle an der Wichertstraße soll im August wieder bereit für den Trainingsbetrieb sein. Nur die Sporthalle an der Fritz-Reuter-Straße wird bis Oktober geschlossen bleiben.
Erschwert werden die Sanierungsarbeiten durch die gute Auftragslage bei den Elektro- und Sanitärbetrieben. Dennoch hofft man auf schnelle Handwerker: "Auch wenn wir in Pankow für den Zeitraum der Nichtnutzung der Hallen andere Lösungen in Zusammenarbeit mit den Schulen und Vereinen gefunden haben, bedeutete die Situation eine Einschränkung für die betroffenen Schulen und Vereine", kommentiert der zuständige Bezirksstadtrat Torsten Kühne.
Reinickendorf
Fünf Sporthallen waren in Reinickendorf mit Geflüchteten belegt, davon sind drei bezirklich verwaltet, da Turnhallen der Oberstufenzentren in die Verantwortung der Senatsverwaltung fallen. Die drei Hallen des Bezirks sind entweder bereits wieder in Betrieb genommen oder werden zum Ausgang der Sommerferien voraussichtlich ausreichend saniert sein. Allerdings gibt es in allen drei Hallen Einschränkungen bei den Sanitäranlagen, sodass Schüler und Schülerinnen auf Duschen und Toiletten von benachbarten Hallen oder der Schulen ausweichen müssen.
Spandau
Spandau beherbergte mit der Sporthalle der OSZ Bautechnik und der Bundeswehr-Sporthalle in der General-Steinhoff-Kaserne nur zwei Notunterkünfte in Sporthallen, wobei Letztere unter die Zuständigkeit der Bundeswehr fällt. Die Sporthalle der OSZ Bautechnik, in der zeitweise bis zu 250 Geflüchtete untergebracht waren, wurde bereits im Juli 2016 freigezogen und ist seit Juni wieder im Betrieb.
Steglitz-Zehlendorf
Im Bezirk Steglitz-Zehlendorf waren acht Turnhallen an sechs Standorten betroffen. Die Onkel-Tom-Sporthalle war bereits im Juni 2016 wieder frei, alle anderen Hallen wurden im Februar dieses Jahres freigezogen. In diesen Hallen laufen zurzeit Sanierungsarbeiten, parallel dazu kann der Sportbetrieb aber weiterlaufen, nachdem man die Gebäude grundgereinigt und die Schäden erfasst hatte.
Nur die Sochos-Halle und die neue Halle der Schweizerhof-Schule stehen dem Schul- und Vereinssport nicht zur Verfügung. Die Renovierungsarbeiten werden sich bei allen Hallen über den Schuljahresbeginn hinaus hinziehen.
Treptow-Köpenick
Von den fünf in Treptow-Köpenick mit Geflüchteten belegten Turnhallen fällt die FEZ-Turnhalle unter die Verantwortlichkeit des Senats, während die Halle in der Rudower Straße der Humboldt-Universität gehört. Die FEZ-Halle ist bereits seit April 2016 wieder frei, die anderen Sportstätten wurden zwischen Mitte August 2016 und Februar 2017 freigezogen. Währen die Sporthalle an der Peter-Hille-Straße bereits wieder in Nutzung ist und die Halle an der Merlitzstraße ab September wieder bespielt werden soll, wird an der Glienicker Straße vor Februar 2018 kein Training stattfinden.