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Raffinierter Griff in die Tasche.
© picture alliance / dpa

Taschendiebstahl in der U-Bahn: Berliner Senatssprecher stellt Täter - aber keiner hilft ihm

Senatssprecher Julian Mieth entreißt einem Taschendieb in der U-Bahn die Beute, hält ihn fest und fordert andere Fahrgäste zur Mithilfe auf. Aber keiner springt ihm zur Seite.

Manche guckten verlegen weg, als wäre nichts geschehen. Andere spähten neugierig zu ihm – aber niemand reagierte und sprang ihm zur Seite, als Julian Mieth, Mitglied der Grünen und Vize-Senatssprecher, am Montag gegen 18.30 Uhr in einem Zug der U8 mit lauter Stimme die Fahrgäste drumherum aufforderte, ihn zu unterstützen. Das war dringend nötig. Mieth hatte soeben einen Taschendieb ertappt. Nun hielt er den Mann an seiner Jacke fest – und rief vergeblich um Hilfe. Gut für den Dieb, der konnte an der nächsten Station entkommen. Enttäuscht berichtete Mieth die Begebenheit kurz danach auf Twitter.

Der Dieb rempelte eine Frau an und stahl ihre Geldbörse

Was war genau passiert? Julian Mieth, 34 Jahre, saß auf dem Heimweg zwischen Kottbusser Tor und Schönleinstraße in einem der durchgängigen Gelenkzüge und schaute auf sein Smartphone. Zwischendurch blickte er hoch. Da sah er, „wie ein Mittdreißiger eine Frau plötzlich anrempelte und ihr trickreich ein Portemonnaie aus der Jackentasche zog“.

Beherzt und reaktionsschnell in der U-Bahn: Vize-Senatssprecher Julian Mieth
Beherzt und reaktionsschnell in der U-Bahn: Vize-Senatssprecher Julian Mieth
© picture alliance / Paul Zinken/d

Mieth reagierte sofort. Er schnellte hoch, ergriff die Geldbörse, bevor sie der Dieb einstecken konnte, gab sie der bestohlenen Frau zurück, packte den Mann und wandte sich an die anderen Fahrgäste. Der Zug war voll, der Täter hätte gegen die Übermacht keine Chance gehabt.

Nur der Komplize des Täters reagierte auf den Hilferuf

Julian Mieth hielt sich genau an die Tipps der Polizei für solche Fälle. Er rief unüberhörbar: „Das ist ein Taschendieb. Bitte rufen Sie sofort die Polizei, helfen sie mir, ihn festzuhalten!“ Es reagierte aber nur ein einziger Mann – ein Komplize des Täters. Mieth war fassungslos, als nur dieser auf ihn zukam. Der Komplize versuchte erst mit Worten, alles abzustreiten. Dann schlug er ihm kurz vor der Station Schönleinstraße die Hand weg, sodass der Dieb hinausspringen konnte. Mieth setzte nach, jetzt endlich unterstützt durch einige andere Fahrgäste. Aber deren Einsatz kam zu spät. Das Duo verschwand im dichten Gedränge am Bahnsteig. Die bestohlene Frau bedankte sich bei ihrem couragierten Helfer, sie hatte die ganze Szene verfolgt, war aber viel zu verdutzt, um selbst einzugreifen.

Warum hat ihm keiner geholfen? „Vielleicht hatten die Leute Hemmungen, eine Art Reflexstarre oder Angst“, überlegt Julian Mieth. Entmutigt hat ihn das Erlebnis in der Bahn aber nicht. „Wenn’s noch mal passiert, werde ich mich genauso verhalten.“

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