Zweckentfremdungsverbot: Berliner Senat verschärft Kampf gegen Ferienwohnungen
Wer seine Wohnung an Touristen vermieten will, muss sich registrieren lassen. Dann sind 60 Tage erlaubt. Bei Leerstand droht zeitweilig "Enteignung".
Der Senat hat die Verschärfung des Gesetzes über das Zweckentfremdungsverbot beschlossen - Anfang Mai soll es in Kraft treten. Die gute Nachricht: Berliner, die ihre Wohnung während des eigenen Urlaubs vermieten wollen, dürfen dies 60 Tage im Jahr tun. Dafür müssen sie sich beim Bezirksamt registrieren lassen, bekommen eine Nummer, die sie dann auch bei der Vermietung auf einschlägigen Portalen wie wimdu oder Airbnb angeben müssen. Bis Ende März des Folgejahres müssen die "Home-Sharer" dann angeben, wann und wie lange sie ihre Wohnung vermietet haben. Wer das nicht tut, gerät ins Visier der Ämter oder muss jedenfalls damit rechnen.
Auf diese Weise begegnet der Senat den Tricks der Vermietungsportale, die ihrer Auskunftspflicht nicht nachkommen und ihre Server nach Irland, Panama oder anderswo außerhalb der Reichweite nationalen Rechts verlegen.
"Die Genehmigung von Home-Sharing ist sinnvoll, weil sich die Lebensgewohnheiten verändert haben", sagt Stadtentwicklungssenatorin Katrin Lompscher (Linke). Das grundsätzliche Verbot zeitweiliger Vermietung von Wohnungen stand stark in der Kritik, jedenfalls wenn diese sonst von einem Berliner genutzt wurde und dieser nur während der eigenen Abwesenheit die Vermietung betrieb.
Auch die Gerichte, zuletzt das Verwaltungsgericht, hatten diese Praxis auch bei Zweitwohnungen gebilligt mit der Begründung: Die Wohnung stünde sonst leer, werde dadurch also auch nicht dem Markt entzogen. Hintergrund ist, dass das Zweckentfremdungsverbot damit begründet wird, dass Wohnungsnot in der Stadt herrscht und Leerstand sowie anderweitige Nutzungen von Wohnungen diese Notlage verschärfen.
Bezirke können "Treuhänder" einsetzen
Die Gesetzesnovelle erweitert außerdem den Spielraum der Ämter im Kampf gegen Leerstand: Bereits wenn eine Wohnung mehr als drei Monate leer steht, können die Bezirke künftig mit der Einsetzung eines Treuhänders drohen. Bisher galt: Mehr als sechs Monate darf keine Wohnung leer stehen, durchgreifen konnten die Behörden aber auch bei Verstößen nicht.
Das ändert sich mit dem Treuhänder. Dieser übernimmt dann die Bewirtschaftung des Hauses für den Eigentümer, kann in die Bausubstanz investieren, um sie wieder bewohnbar zu machen. Abgerechnet wird, wenn das Objekt wieder vermietet ist. Kann der Eigentümer nicht bezahlen, werden die Kosten der amtlichen "Verwaltertätigkeit" im Grundbuch gesichert und mittelfristig wieder hereingeholt. Ist das nicht eine Enteignung? Lompscher geht nicht davon aus, die Treuhänder-Einsetzung "gibt es auch in anderen Kontexten". Zudem übernehme der Treuhänder nur so lange das Objekt, bis dieses wieder am Wohnungsmarkt nutzbar sei.
"Genehmigungsfiktion" entfällt
Wer eine Ferienwohnung oder eine andere zweckfremde Nutzung von Wohnraum anmeldet, kann dies künftig nicht mehr drei Monate nach Antragstellung als genehmigt betrachten. Auch das ändert sich mit der Nachschärfung des Gesetzes: Die bisher geltende "Genehmigungsfiktion" entfällt. Das soll den Handlungsdruck von den Bezirken nehmen, so Lompscher. Fälle, in denen Wohnungseigentümer von solchen stillschweigenden Genehmigungen aufgrund zu langer Bearbeitungszeiten profitiert hatten, seien allerdings nicht bekannt.
Mieterverein lobt Gesetzesentwurf
"Mit dem Treuhänder wird auch eine Eingriffsmöglichkeit gegen besonders renitente Gebäudeeigentümer geschaffen", sagte Reiner Wild, Chef des Berliner Mietervereins zum verschärften Zweckentfremdungsverbot. Der Mieterverein hatte wiederholt auf leer stehende Häuser hingewiesen, die viele Monate später abgerissen wurde. Vermutet wird auch, dass der Leerstand der Spekulation dient: Besonders hohe Preise erzielen nicht vermietete Immobilien, weil für diese die besonders hohen Neuvermietungsmieten verlangt werden können. Auch die Erlaubnis von "gelegentlicher privater Weitervermietung der ansonsten selbst bewohnten Wohnung" hält Wild für richtig.
Vermittler von Ferienwohnungen reagieren verhalten
Als "Schritt in die richtige Richtung" bezeichnete der Online-Vermittler für Ferienwohnungen Airbnb die 60-Tage-Regelung im Gesetzesentwurf. Aus Sicht der Vermittler mit Sitz in Irland dürften Kurzzeitvermieter von Wohnungen (Home-Sharer) nicht unter die Zweckentfremdung fallen.
Die Vermittler verweisen auf ein Urteil vom Verwaltungsgericht aus dem Jahr 2016, wonach eine Genehmigung zur Vermietung an 182 Tagen im Jahr möglich sei. Voraussetzung sei, dass das Objekt als Haupt- oder Zweitwohnung genutzt werde (Aktenzeichen 6 K 153.16). Zudem habe das Verwaltungsgericht in diesem Jahr darauf hingewirkt, dass ein Wohnungsnutzer in Pankow seine Wohnung an 182 Tagen im Jahr vermieten kann. Zu einem Urteil kam es in diesem Fall nicht, weil der Bezirk dies gestattete.
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