Schulen in der Hauptstadt: Berliner Schulessen: Preis vor Qualität?
Das Schulessen in Berlin soll bis 2020 den selben Preis wie 2014 behalten - trotz steigender Kosten. Experten fürchten nun um die Qualität.
Alles wird teurer, nur das Schulessen nicht: Trotz gestiegener Mindestlöhne und Lebensmittelkosten will die Senatsverwaltung für Bildung „mindestens bis 2020“ an den Preisen für das Schulessen festhalten, die 2012 als angemessen ermittelt worden waren und in Berlin seit 2014 gelten. Dies teilte jetzt Bildungsstaatssekretär Mark Rackles (SPD) auf parlamentarische Anfrage mit.
„Da es sich um eine Mischkalkulation handelt, konnten Caterer trotz der Weiterentwicklung des Mindestlohnes die Vertragsbedingungen in der Regel einhalten“, schreibt Rackles an die CDU-Abgeordnete Emine Demirbüken-Wegener, die allerdings Zweifel an dieser Darstellung hat: „Unter diesen Voraussetzungen muss man ja zufrieden sein, dass die Situation noch nicht aus dem Ruder gelaufen ist“, sagt die Christdemokratin, die auch dem Schulausschuss des Abgeordnetenhauses vorsitzt.
Allein die Ausgaben für Kartoffeln haben sich verdoppelt
Tatsächlich mehren sich die Zweifel, dass mit einem Preis von 2012 die Qualität zu halten ist. „Die Situation ist vollkommen unbefriedigend“, sagt Sebastian Riesner, Geschäftsführer der Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten (NGG). In den 3,25 Euro sei zwar der Mindestlohn von 2015 mit eingerechnet gewesen – nicht aber alle weiteren Kostenerhöhungen. Dazu gehört etwa die Mindestlohnsteigerung von 2017, als der Stundenlohn von 8,50 auf 8,87 Euro erhöht wurde. Zudem sind die Lebensmittelpreise seit 2012 um etwa 15 bis 20 Prozent gestiegen, berichtet der Sprecher der Berliner Schulcaterer, Rolf Hoppe. Worin die Preisentwicklung infolge der Dürre in 2018 noch nicht enthalten sei: Allein die Ausgaben für Kartoffeln hätten sich verdoppelt. Hoppe rechnet vor, dass der Lebensmitteleinkauf etwa 30 bis 35 Prozent der Ausgaben ausmacht und die Löhne etwa 40 bis 45 Prozent. Daher seien Steigerungen in diesen Segmenten entscheidend für die Schulessenkalkulation.
Den Einwand der gestiegenen Kosten lässt Rackles allerdings nicht gelten. Schließlich müssten die Caterer – bevor sie sich für eine Ausschreibung bewerben – „als Unternehmer überlegen, ob sie zu den in der Ausschreibung verankerten Konditionen die Leistung übernehmen können“, äußert sich Rackles in besagter Anfrage.
Das allerdings ist einfacher gesagt als getan, hält Hoppe entgegen. Schließlich hätten die Caterer ja Maschinen angeschafft und Personal eingestellt, das beschäftigt werden müsse. Mit einer Klage vor der Vergabekammer habe er deshalb 2017 versucht, sich mit Hinweis auf die gestiegenen Kosten gegen die 3,25 Euro zu wehren – erfolglos.
Caterer könnten abspringen
Damit ist die Sache allerdings nicht ausgestanden, denn die Lage dürfte sich noch verschärfen. Das liegt nicht nur an den witterungsbedingten Preissteigerungen, die 2019 weiter durchschlagen dürften, sondern auch an den bereits feststehenden Personalkostensteigerungen: Der neue bundesweite Mindestlohn von 9,19 sei bereits beschlossene Sache, mahnt NGG-Geschäftsführer Riesner. Hinzu komme, dass Berlin sogar auf zwölf Euro erhöhen wolle. Vor diesem Hintergrund hält Riesner es für absehbar, dass ein Schulessen nicht mehr 3,25 Euro sondern um fünf Euro herum kosten müsse. Es sei zu erwarten, dass sich Caterer an künftigen Ausschreibungen nicht mehr beteiligen werden, wenn der Preis sich nicht verändere.
An diesem Punkt war Berlin schon einmal – und zwar 2012. Damals hatte das Bezirksamt Friedrichshain-Kreuzberg das Essen an fünf Schulen ausgeschrieben – und bekam zunächst kein einziges Angebot, weil die damals bezahlten 2,10 bis 2,45 Euro als nicht wirtschaftlich untragbar galten. Damals hatten sich auch die Elternklagen über die mangelnde Qualität gehäuft. Dies war der Auslöser für die damals frisch ins Amt gekommene Bildungssenatorin Sandra Scheeres (SPD) eine Schulessenstudie in Auftrag zu geben – die dann einen Preis von über drei Euro als angemessen ermittelte.
Das Land müsse sich darüber im Klaren sein, dass die Caterer nur zwei Stellschrauben hätten: Löhne und Warenqualität. Bei den Löhnen sei wegen des Mindestlohnes nicht viel zu machen. Bliebe nur die Warenqualität, sagt Riesner.
Die vollständige Studie von 2012 können Sie hier als Pdf-Datei herunterladen
Susanne Vieth-Entus
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