zum Hauptinhalt
Viele Reinigungskräfte beziehen vergleichsweise niedrige Löhne - auch wenn sie für den Staat arbeiten.
© Kumm/dpa

Streit um Mindestlohn in Berlin: Arbeitsverwaltung will 12,63 Euro pro Stunde

In der Berliner Koalition droht Streit um den Mindestlohn für vom Senat beauftragte Firmen. Staatssekretär Alexander Fischer (Linke) fordert 12,63 Euro statt wie bislang neun Euro pro Stunde.

Im Berliner Senat gibt es widersprüchliche Vorstellungen über einen angemessenen Mindestlohn – und zwar für diejenigen Beschäftigten, die im Auftrag des Landes reinigen, bewachen, gärtnern. Kürzlich kündigte Wirtschaftssenatorin Ramona Pop (Grüne) an, ab Herbst sollten statt der bislang geltenden neun Euro brutto je Stunde mindestens 10,20 Euro gezahlt werden müssen. Das ist der niedrigste Tariflohn des öffentlichen Dienstes und wäre dann auch als Untergrenze für Privatfirmen festgeschrieben, wenn sie im Auftrag des Landes oder der Bezirke arbeiten.

Höherer Mindestlohn schon wegen der Rente?

Dem zuständigen Staatssekretär in der Arbeit- und Sozialverwaltung Alexander Fischer (Linke) ist das zu wenig. Nach Tagesspiegel-Informationen bereitet Fischer ein Schreiben an Pops Verwaltung vor, in dem er 12,63 Euro Vergabemindestlohn pro Stunde fordert. Das wären rund 40 Prozent mehr als bislang. „Ein Mindestlohn sollte ausreichen, um die Existenz zu sichern und ausreichend Geld für eine Rente oberhalb der Grundsicherung zurück zu legen“, sagte Fischer auf Nachfrage. Wer weniger Lohn als 12,63 brutto pro Stunde in einem Vollzeitjob beziehe, erhalte im Alter bloß die Grundsicherung.

Das Mindestentgelt aus dem Ausschreibungs- und Vergabegesetz ist erst 2017 von 8,50 auf neun Euro angehoben worden. Firmen, die öffentliche Aufträge des Landes oder der Bezirke ausführen wollen, müssen ihren Mitarbeitern mindestens neun Euro pro Stunde zahlen. Für Verträge zwischen Beschäftigten und Arbeitgebern innerhalb der Privatwirtschaft gilt das nicht; allerdings liegt der bundesweit einheitliche, allgemeine Mindestlohn bei 8,84 Euro pro Stunde. Unklar ist wie viele Menschen vom Vergabelohn genau betroffen sind – denn die meisten Fachkräfte werden von ihren Firmen ohnehin besser bezahlt.

Tausende Arbeitnehmer könnten mehr Geld bekommen

Schätzungen aus den Verwaltungen zufolge dürfte es dennoch 4000 bis 6000 Berliner Arbeitnehmer geben, die derzeit circa neun Euro pro Stunde von Firmen erhalten, die für Landeseinrichtungen tätig sind. Würde der Lohn auf 12,63 Euro erhöht, beträfe er ungleich mehr Beschäftigte – selbst einige fest Angestellte im öffentlichen Dienst beziehen derzeit weniger Lohn. Dazu käme, dass das Land wegen zahlreicher Bau- und Modernisierungsmaßnahmen in Schulen, Ämtern und Kliniken bald mehr externe Firmen wird beauftragen müssen: für das Catering, die Gebäudereinigung, den Wachschutz.

Die Wirtschaftsverwaltung von Senatorin Pop teilte mit, man äußere sich zu den Vorschlägen demnächst. Unklar war am Donnerstag, welche Position die SPD-Senatoren beziehen werden. Sozialstaatssekretär Fischer jedenfalls möchte zudem noch, dass im Ausschreibungs- und Vergabegesetz auch festgehalten wird, tariflose Firmen von Aufträgen auszuschließen. Dann dürfte der Staat nur diejenigen Unternehmen beauftragen, die den in ihrer Branche üblichen Tariflohn zahlen.

Zur Startseite